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Steuerberatung

Stehenlassen einer Gesellschafterforderung mit Darlehensgewährung vergleichbar

BFH 15.5.2018, I B 114/17

Das Un­ter­las­sen der Gel­tend­ma­chung ("Ste­hen­las­sen") ei­ner fälli­gen Ge­sell­schaf­ter­for­de­rung aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen kann i.S.d. § 8b Abs. 3 S. 7 KStG i.d.F. des JStG 2008 mit einem Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen wirt­schaft­lich ver­gleich­bar sein. Ab wel­chem Zeit­punkt eine Ver­gleich­bar­keit des "Ste­hen­las­sens" mit der Dar­le­hens­gewährung ge­ge­ben ist, hängt von den kon­kre­ten Umständen des Ein­zel­falls ab. Wenn die Ge­sell­schaf­ter­for­de­rung bis zu ih­rer zi­vil­recht­li­chen Verjährung nicht ein­ge­zo­gen wor­den ist, ist die Ver­gleich­bar­keit je­den­falls zu be­ja­hen.

Der Sach­ver­halt:

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Be­rech­ti­gung und die Ge­winn­wirk­sam­keit von Teil­wert­ab­schrei­bun­gen auf Ge­sell­schaf­ter­for­de­run­gen. Streit­jahre sind 2007 und 2008. Die kla­gende GmbH war al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin ei­ner pol­ni­schen Ge­sell­schaft und be­lie­ferte diese in den Jah­ren 2003 bis 2005 mit ih­ren Pro­duk­ten. Die Toch­ter­ge­sell­schaft ar­bei­tete mit Ver­lus­ten und be­glich die aus den Lie­fe­run­gen re­sul­tie­ren­den Ent­gelt­for­de­run­gen der Kläge­rin nur zu einem Teil. Ver­blie­bene Zah­lungs­for­de­run­gen der Kläge­rin von ins­ge­samt rd. 220.000 €, die aus den Lie­fe­run­gen der Jahre 2003 und 2004 re­sul­tier­ten, bündel­ten die Kläge­rin und die Toch­ter­ge­sell­schaft im Jahr 2005 in einem schrift­li­chen "Dar­le­hens­ver­trag". Die Kläge­rin schrieb den da­nach als Dar­le­hens­for­de­rung er­fass­ten Be­trag von rd. 220.000 € in ih­rer Bi­lanz zum 31.12.2008 ge­winn­min­dernd ab.

Das Fi­nanz­amt er­kannte die Teil­wert­ab­schrei­bung u.a. un­ter Be­ru­fung auf § 8b Abs. 3 S. 4 KStG i.d.F. des JStG 2008 (KStG) nicht an und änderte dem­ent­spre­chend die das Streit­jahr 2008 be­tref­fen­den Be­scheide über die Fest­set­zung der Körper­schaft­steuer und des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags. Die Kläge­rin machte in den Rechts­be­helfs­ver­fah­ren ge­gen den Körper­schaft­steuer- und den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheid für das Streit­jahr 2007 gel­tend, die For­de­rung von rd. 220.000 € habe we­gen Verjährung be­reits zum 31.12.2007 aus­ge­bucht wer­den müssen, wes­halb die Bi­lanz ent­spre­chend zu be­rich­ti­gen sei. Auf­grund of­fe­nen Dis­sen­ses über we­sent­li­che Ver­trags­be­stand­teile sei kein wirk­sa­mer Dar­le­hens­ver­trag zu­stande ge­kom­men; die so­mit wei­ter­hin als For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen zu be­han­deln­den Ein­zel­for­de­run­gen seien in­des zum 31.12.2007 verjährt.

Im Hin­blick auf die Be­scheide über die Fest­set­zung der Körper­schaft­steuer und des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags für das Streit­jahr 2008 machte die Kläge­rin nun­mehr eine Teil­wert­ab­schrei­bung auf For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen des Jah­res 2005 an die Toch­ter­ge­sell­schaft im Be­trag von ins­ge­samt rd. 184.000 € gel­tend; diese seien zum 31.12.2008 verjährt und da­mit wert­los ge­wor­den. Außer­dem seien die For­de­run­gen auf­grund der schlech­ten wirt­schaft­li­chen Si­tua­tion der Kläge­rin be­reits zum 31.12.2007 im Wert ge­min­dert ge­we­sen und hätten des­halb be­reits zu die­sem Zeit­punkt zu min­des­tens 50 % ab­ge­schrie­ben wer­den müssen.

Das FG wies die Klage ab. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:

U.a. macht die Kläge­rin im Hin­blick auf die For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen aus dem Jahr 2005 i.H.v. ins­ge­samt rd. 184.000 €, hin­sicht­lich de­rer das FG die Klage be­tref­fend das Streit­jahr 2008 un­ter Be­ru­fung auf die Be­stim­mung des § 8b Abs. 3 S. 4 i.V.m. S. 7 KStG ab­ge­wie­sen hat, den Zu­las­sungs­grund der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der Rechts­sa­che gel­tend. Sie hält es für klärungs­bedürf­tig, ob "eine For­de­rung ei­ner GmbH aus Lie­fe­rung und Leis­tung ge­gen ihre 100-pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft gem. § 8b Abs. 3 S. 7 KStG be­reits dann mit ei­ner Dar­le­hens­gewährung wirt­schaft­lich ver­gleich­bar (ist), wenn sie über einen länge­ren Zeit­raum ste­hen ge­las­sen wird, ohne sie gel­tend zu ma­chen oder Si­cher­heit zu ver­lan­gen". Die Frage ist in­des für den Streit­fall nicht klärungs­bedürf­tig.

An der Klärungs­bedürf­tig­keit fehlt es u.a., wenn sich die Ant­wort auf die strei­tige Rechts­frage ohne wei­te­res aus dem Ge­setz er­gibt oder die Rechts­frage of­fen­sicht­lich so zu be­ant­wor­ten ist, wie es das FG ge­tan hat, die Rechts­lage also ein­deu­tig ist. Letz­te­res ist hier der Fall. Nach der Begründung des Re­gie­rungs­ent­wurfs ei­nes JStG 2008 sollte mit der Einfügung des § 8b Abs. 3 S. 4 bis 7 KStG er­reicht wer­den, dass die Ge­sell­schaf­ter­fi­nan­zie­rung durch Ei­gen­ka­pi­tal oder durch nicht fremdübli­che Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen hin­sicht­lich even­tu­el­ler Ge­winn­min­de­run­gen gleich­be­han­delt wird. An die­ser Ziel­set­zung hat sich da­her auch die Aus­le­gung des Be­griffs der wirt­schaft­li­chen Ver­gleich­bar­keit mit ei­ner Dar­le­hens­gewährung in § 8b Abs. 3 S. 7 KStG zu ori­en­tie­ren. Es kann in­des­sen un­ter dem As­pekt ei­ner Gleich­be­hand­lung mit Ei­gen­ka­pi­tal kein vernünf­ti­ger Zwei­fel daran be­ste­hen, dass die Über­las­sung von Li­qui­dität durch das Un­ter­las­sen der Gel­tend­ma­chung ("Ste­hen­las­sen") ei­ner fälli­gen For­de­rung des Ge­sell­schaf­ters aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen mit der Über­las­sung von Li­qui­dität in Form ei­nes Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hens wirt­schaft­lich ver­gleich­bar sein kann.

Zu­dem kann für die Er­fas­sung des "Ste­hen­las­sens" durch § 8b Abs. 3 S. 7 KStG eine Par­al­lele zum früheren ge­sell­schafts­recht­li­chen Ei­gen­ka­pi­ta­ler­satz­recht ge­zo­gen wer­den. Auch dort war an­er­kannt, dass vom Ge­sell­schaf­ter in der Krise der Ge­sell­schaft nicht ein­ge­zo­gene For­de­run­gen aus Lie­fe­rungs- und Leis­tungs­verträgen bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tungs­weise den ste­hen­ge­las­se­nen Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen gleich­zu­stel­len sind. Ab wel­chem Zeit­punkt das "Ste­hen­las­sen" ei­ner For­de­rung aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen durch den Ge­sell­schaf­ter mit ei­ner Dar­le­hens­gewährung ver­gleich­bar wird, lässt sich nicht all­ge­meingültig be­ant­wor­ten, son­dern hängt von den Umständen des je­wei­li­gen Ein­zel­falls ab. Es kann je­doch kein Zwei­fel daran be­ste­hen, dass die Ver­gleich­bar­keit je­den­falls dann ge­ge­ben ist, wenn - wie hier - die For­de­run­gen bis zu ih­rer zi­vil­recht­li­chen Verjährung nicht ein­ge­zo­gen wor­den sind.

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