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Steuerbefreiung wegen Grundstückserwerbs auf abgekürztem Übertragungsweg

FG Düsseldorf 1.7.2015, 7 K 1256/14 GE

Aus der Zu­sam­men­schau zweier Be­frei­ungs­vor­schrif­ten kann sich eine Steu­er­be­frei­ung er­ge­ben, die im Wort­laut der Ein­zel­vor­schrif­ten je für sich al­lein be­trach­tet nicht zum Aus­druck kommt. Auf­grund in­ter­po­lie­ren­der Be­trach­tung kommt  ins­be­son­dere dann eine Steu­er­be­frei­ung in Be­tracht, wenn sich der tatsäch­lich ver­wirk­lichte Grundstück­ser­werb als ab­gekürz­ter Weg dar­stellt und die un­ter­blie­be­nen Zwi­schen­er­werbe, wären sie durch­geführt wor­den, eben­falls steu­er­frei wären.

Der Sach­ver­halt:
Die C. ist Ei­gentüme­rin ei­nes Grundstücks (E) und Mut­ter der D. so­wie des Klägers. Die D. und der Kläger wa­ren zu je ½ Ei­gentümer ei­nes an­de­ren Grundstücks (F), das sie am Ende 2002 von C. er­wor­ben hat­ten. Zu Guns­ten der Veräußerin war ein Nießbrauchs­recht ein­ge­tra­gen. Durch den Ver­trag aus Au­gust 2010 über­trug C. den Grund­be­sitz E auf D. un­ter Vor­be­halt des le­bensläng­li­chen un­ent­gelt­li­chen Nießbrauchs. Die Veräußerin ord­nete als Auf­lage für D. an, dass diese ver­pflich­tet sein sollte, ih­ren hälf­ti­gen An­teil an dem Grund­be­sitz F auf den Kläger un­ent­gelt­lich un­ter Über­nahme der ein­ge­tra­ge­nen Be­las­tun­gen zu über­tra­gen. Zur Erfüllung der Auf­lage über­trug D. dem Kläger ih­ren hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil an dem Grund­be­sitz F; die ein­ge­tra­ge­nen Be­las­tun­gen (Nießbrauch, Rück­auf­las­sungs­vor­mer­kung) wur­den vom Kläger über­nom­men. Der Jah­res­wert des Nießbrauchs wurde im Ver­trag mit 15.000 € be­zif­fert, der Ver­kehrs­wert des hälf­ti­gen Grund­be­sit­zes F mit 144.000 €.

Das Fi­nanz­amt setzte Grund­er­werb­steuer i.H.v. 5.040 € nach ei­ner Be­mes­sungs­grund­lage von 144.000 € fest. Hier­ge­gen wandte sich der Kläger. Er war der An­sicht, er habe den hälf­ti­gen An­teil un­ent­gelt­lich er­wor­ben. Es liege schließlich eine Schen­kung der Mut­ter C. an die Toch­ter D. vor mit der Auf­lage an die Toch­ter, den Grund­be­sitz F un­ent­gelt­lich auf den Kläger zu über­tra­gen. Da­mit handle es sich um einen Vor­gang nach § 7 Abs. 1 Nr. 2  ErbStG und nicht nach dem GrEStG. Auf­la­gen­be­las­tet sei die Schwes­ter, begüns­tigt der Kläger. Bei dem Zwei­ter­werb durch den Kläger handle es sich um eine frei­ge­bige Zu­wen­dung des ur­sprüng­li­chen Schen­kers an den Auf­la­gen­begüns­tig­ten.

Dar­auf­hin setzte das Fi­nanz­amt die Grund­er­werb­steuer auf 2.665 € herab. Er führte aus, es handle sich um eine Schen­kung un­ter Auf­lage. Eine Nut­zungs- oder Dul­dungs­auf­lage min­dere bei der Schen­kung­steuer die Be­rei­che­rung i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Dies habe gem. § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG zur Folge, dass der Grundstück­ser­werb mit dem Wert der Auf­lage der Grund­er­werb­steuer un­ter­liege. Der Wert der Auf­lage ent­spre­che dem des Nießbrauchs­rechts. Von des­sen Jah­res­wert von 15.000 € ent­falle die Hälfte auf den Kläger, so dass die Be­mes­sungs­grund­lage 76.162 € be­trage.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Er­werb des hälf­ti­gen An­teils an dem Grundstück F von der Schwes­ter des Klägers war von der Grund­er­werb­steuer be­freit. Dies er­gab sich aus ei­ner in­ter­po­lie­ren­den Be­trach­tungs­weise der Be­frei­ungs­vor­schrif­ten des § 3 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 6 GrEStG.

Zwar griff hier die Be­frei­ungs­vor­schrift des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG nicht ein. Schließlich be­ruhte der Er­werb durch den Kläger nicht auf ei­ner frei­ge­bi­gen Zu­wen­dung i.S.v. § 7 ErbStG, da die Schwes­ter des Klägers den hälf­ti­gen An­teil an dem Ob­jekt F nicht frei­ge­big, son­dern in Erfüllung ei­ner Auf­lage über­tra­gen hatte. Auch § 3 Nr. 6 GrEStG griff nicht ein, da der Kläger und seine Schwes­ter nicht in ge­ra­der Li­nie ver­wandt sind, son­dern in Sei­ten­li­nie. Aus der Zu­sam­men­schau zweier Be­frei­ungs­vor­schrif­ten kann sich je­doch eine Steu­er­be­frei­ung er­ge­ben, die im Wort­laut der Ein­zel­vor­schrif­ten je für sich al­lein be­trach­tet nicht zum Aus­druck kommt.

Auf­grund in­ter­po­lie­ren­der Be­trach­tung kommt  ins­be­son­dere dann eine Steu­er­be­frei­ung in Be­tracht, wenn sich der tatsäch­lich ver­wirk­lichte Grundstück­ser­werb als ab­gekürz­ter Weg dar­stellt und die un­ter­blie­be­nen Zwi­schen­er­werbe, wären sie durch­geführt wor­den, eben­falls steu­er­frei wären (BFH-Be­schl. v. 11.8.2014, Az.: II B 131/13). Die Über­tra­gung des hälf­ti­gen Grundstücks­an­teils un­ter Über­nahme des Nießbrauchs­vor­be­halt von der Schwes­ter auf den Kläger stellte sich hier als ab­gekürz­ter Weg ei­ner frei­ge­bi­gen Zu­wen­dung der Mut­ter an den Kläger dar, die, wäre sie von der Schwes­ter des Klägers an die Mut­ter er­folgt, nach § 3 Nr. 6 GrEStG steu­er­frei ge­we­sen wäre; für die sich dann an­schließende Über­tra­gung durch die Mut­ter auf den Kläger wäre eben­falls Steu­er­frei­heit nach § 3 Nr. 6 GrEStG zu be­ja­hen.

So­weit nach Auf­fas­sung des BFH (s.o.) das über­nom­mene Nießbrauchs­recht der Be­mes­sung der Steuer zu­grunde zu le­gen sei, ver­mochte der Se­nat die­ser in einem le­dig­lich sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren ver­tre­te­nen An­sicht  nicht zu fol­gen. Der in­ter­po­lie­ren­den Be­trach­tung stand letzt­lich auch nicht § 42 AO ent­ge­gen. Es liegt ein be­acht­li­cher, außer­halb der Steu­er­er­spar­nis lie­gen­der Grund für einen Um­weg der Über­tra­gung statt zwi­schen Ge­schwis­tern über die El­tern vor, wenn es sich bei der gewähl­ten Ge­stal­tung um eine Neu­ge­stal­tung der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­folge han­delt, der das In­ter­esse ei­nes El­tern­teils zu­grunde liegt, ge­genüber einem begüns­tig­ten Kind selbst als Schen­ker auf­zu­tre­ten. Im vor­lie­gen­den Fall er­gab sich die­ses In­ter­esse zum einen dar­aus, dass die Schwes­ter ih­ren hälf­ti­gen An­teil an dem - be­reits 2002 von der Mut­ter er­wor­be­nen - Grundstück F auf Ver­an­las­sung der Mut­ter auf den Kläger über­tra­gen sollte und zum an­de­ren aus dem Um­stand, dass die über­tra­ge­nen Werte auf den Pflicht­teil An­rech­nung fin­den soll­ten.

Link­hin­weis:

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