Der Sachverhalt:
Die C. ist Eigentümerin eines Grundstücks (E) und Mutter der D. sowie des Klägers. Die D. und der Kläger waren zu je ½ Eigentümer eines anderen Grundstücks (F), das sie am Ende 2002 von C. erworben hatten. Zu Gunsten der Veräußerin war ein Nießbrauchsrecht eingetragen. Durch den Vertrag aus August 2010 übertrug C. den Grundbesitz E auf D. unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs. Die Veräußerin ordnete als Auflage für D. an, dass diese verpflichtet sein sollte, ihren hälftigen Anteil an dem Grundbesitz F auf den Kläger unentgeltlich unter Übernahme der eingetragenen Belastungen zu übertragen. Zur Erfüllung der Auflage übertrug D. dem Kläger ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz F; die eingetragenen Belastungen (Nießbrauch, Rückauflassungsvormerkung) wurden vom Kläger übernommen. Der Jahreswert des Nießbrauchs wurde im Vertrag mit 15.000 € beziffert, der Verkehrswert des hälftigen Grundbesitzes F mit 144.000 €.
Daraufhin setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer auf 2.665 € herab. Er führte aus, es handle sich um eine Schenkung unter Auflage. Eine Nutzungs- oder Duldungsauflage mindere bei der Schenkungsteuer die Bereicherung i.S.v. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Dies habe gem. § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG zur Folge, dass der Grundstückserwerb mit dem Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer unterliege. Der Wert der Auflage entspreche dem des Nießbrauchsrechts. Von dessen Jahreswert von 15.000 € entfalle die Hälfte auf den Kläger, so dass die Bemessungsgrundlage 76.162 € betrage.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Erwerb des hälftigen Anteils an dem Grundstück F von der Schwester des Klägers war von der Grunderwerbsteuer befreit. Dies ergab sich aus einer interpolierenden Betrachtungsweise der Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 6 GrEStG.
Zwar griff hier die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG nicht ein. Schließlich beruhte der Erwerb durch den Kläger nicht auf einer freigebigen Zuwendung i.S.v. § 7 ErbStG, da die Schwester des Klägers den hälftigen Anteil an dem Objekt F nicht freigebig, sondern in Erfüllung einer Auflage übertragen hatte. Auch § 3 Nr. 6 GrEStG griff nicht ein, da der Kläger und seine Schwester nicht in gerader Linie verwandt sind, sondern in Seitenlinie. Aus der Zusammenschau zweier Befreiungsvorschriften kann sich jedoch eine Steuerbefreiung ergeben, die im Wortlaut der Einzelvorschriften je für sich allein betrachtet nicht zum Ausdruck kommt.
Aufgrund interpolierender Betrachtung kommt insbesondere dann eine Steuerbefreiung in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Weg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wären sie durchgeführt worden, ebenfalls steuerfrei wären (BFH-Beschl. v. 11.8.2014, Az.: II B 131/13). Die Übertragung des hälftigen Grundstücksanteils unter Übernahme des Nießbrauchsvorbehalt von der Schwester auf den Kläger stellte sich hier als abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung der Mutter an den Kläger dar, die, wäre sie von der Schwester des Klägers an die Mutter erfolgt, nach § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei gewesen wäre; für die sich dann anschließende Übertragung durch die Mutter auf den Kläger wäre ebenfalls Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 6 GrEStG zu bejahen.
Soweit nach Auffassung des BFH (s.o.) das übernommene Nießbrauchsrecht der Bemessung der Steuer zugrunde zu legen sei, vermochte der Senat dieser in einem lediglich summarischen Verfahren vertretenen Ansicht nicht zu folgen. Der interpolierenden Betrachtung stand letztlich auch nicht § 42 AO entgegen. Es liegt ein beachtlicher, außerhalb der Steuerersparnis liegender Grund für einen Umweg der Übertragung statt zwischen Geschwistern über die Eltern vor, wenn es sich bei der gewählten Gestaltung um eine Neugestaltung der vorweggenommenen Erbfolge handelt, der das Interesse eines Elternteils zugrunde liegt, gegenüber einem begünstigten Kind selbst als Schenker aufzutreten. Im vorliegenden Fall ergab sich dieses Interesse zum einen daraus, dass die Schwester ihren hälftigen Anteil an dem - bereits 2002 von der Mutter erworbenen - Grundstück F auf Veranlassung der Mutter auf den Kläger übertragen sollte und zum anderen aus dem Umstand, dass die übertragenen Werte auf den Pflichtteil Anrechnung finden sollten.
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