deen

Steuerberatung

Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte

BFH 20.3.2017, X R 62/14

Die Be­gren­zung des Steu­er­ermäßigungs­be­trags nach § 35 Abs. 1 S. 5 EStG ist be­triebs­be­zo­gen zu er­mit­teln. Dies folgt aus ei­ner Zu­sam­men­schau der Ge­set­zes­fas­sung, der Ge­setz­ge­bungs­ge­schichte und des er­kenn­ba­ren Norm­wecks.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin er­zielte im Streit­jahr 2008 u.a. ge­werb­li­che Einkünfte aus Be­tei­li­gun­gen. Dazu gehörten acht ge­wer­be­steu­er­pflich­tige Kom­man­dit­ge­sell­schaf­ten. Nach § 35 Abs. 2 EStG wur­den die An­teile der Steu­er­pflich­ti­gen an den Ge­wer­be­steu­er­mess­beträgen so­wie den tatsäch­lich zu zah­len­den Ge­wer­be­steu­ern ge­son­dert und ein­heit­lich fest­ge­stellt.

Das Fi­nanz­amt be­rech­nete im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung 2008 die Steu­er­ermäßigung nach § 35 EStG in der Weise, dass es die Be­gren­zung nach § 35 Abs. 1 S. 5 EStG für jede Be­tei­li­gung ge­son­dert vor­nahm. Da­ge­gen machte die Kläge­rin gel­tend, die Be­gren­zung nach § 35 Abs. 1 S. 5 EStG sei nicht ge­trennt für jede Be­tei­li­gung, son­dern auf Ebene des Mit­un­ter­neh­mers zu be­rech­nen.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
§ 35 Abs. 1 S. 5 EStG ist nicht un­ter­neh­mer­be­zo­gen, son­dern be­triebs­be­zo­gen aus­zu­le­gen. Dies folgt aus ei­ner Zu­sam­men­schau der Ge­set­zes­fas­sung, der Ge­setz­ge­bungs­ge­schichte und des er­kenn­ba­ren Norm­wecks.

Durch die Be­schränkung auf das 3,8-fa­che des maßge­ben­den Ge­wer­be­steuer-Mess­be­trags kommt es bei Steu­er­pflich­ti­gen mit Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb un­ter Ein­be­zie­hung des So­li­da­ritätszu­schla­ges dann und nur dann zu ei­ner vollständi­gen Ent­las­tung von der Ge­wer­be­steuer, wenn der maßge­bende Ge­wer­be­steuer-He­be­satz nicht höher als 400 % ist. In­folge der zusätz­li­chen Be­gren­zung auf die tatsäch­lich zu zah­lende Ge­wer­be­steuer in § 35 Abs. 1 S. 5 EStG kann um­ge­kehrt die Min­de­rung der Ein­kom­men­steuer nicht höher sein als die tatsäch­li­che Ge­wer­be­steu­er­be­las­tung. Nied­ri­gere He­besätze wer­den so nie­mals über­kom­pen­siert, während die Kom­pen­sa­tion höherer He­besätze ge­de­ckelt ist.

Be­sitzt der Steu­er­pflich­tige meh­rere ge­werb­li­che Un­ter­neh­men oder ge­werb­li­che mit­un­ter­neh­me­ri­sche Be­tei­li­gun­gen in un­ter­schied­li­chen Ge­mein­den mit He­besätzen, die teil­weise über, teil­weise un­ter dem Schwel­len­wert von 400 % lie­gen, hängt der Ent­las­tungs­um­fang von dem Verständ­nis des § 35 Abs. 1 S. 5 EStG ab. Wird die "tatsäch­lich zu zah­lende Ge­wer­be­steuer" auf den ein­zel­nen Be­trieb be­zo­gen (be­triebs­be­zo­gene Aus­le­gung), ist der Steu­er­ermäßigungs­be­trag für je­den Be­trieb ge­trennt zu er­mit­teln und ent­we­der durch das 3,8-fa­che des je­wei­li­gen Ge­wer­be­steuer-Mess­be­trags oder bei nied­ri­ge­ren He­besätzen durch die tatsäch­lich zu zah­lende Ge­wer­be­steuer be­grenzt. Tref­fen in der Hand ei­nes Steu­er­pflich­ti­gen Be­triebe bzw. Be­tei­li­gun­gen mit Sitz in Nied­rig­he­be­satz- und Hoch­he­be­satz­ge­mein­den zu­sam­men, bleibt es für Nied­rig­he­be­satz­ge­mein­den bei der Ab­zieh­bar­keit der tatsäch­lich zu zah­len­den Ge­wer­be­steuer. Für Hoch­he­be­satz­ge­mein­den ist die Dif­fe­renz zwi­schen dem 3,8-fa­chen des Ge­wer­be­steuer-Mess­be­trags und der tatsäch­lich zu zah­len­den Ge­wer­be­steuer für die Steu­er­ermäßigung nach § 35 EStG ver­lo­ren.

Wird die "tatsäch­lich zu zah­lende Ge­wer­be­steuer" hin­ge­gen auf den Steu­er­pflich­ti­gen be­zo­gen (un­ter­neh­mer­be­zo­gene Aus­le­gung), so ist der Höchst­be­trag für alle Be­triebe oder Mit­un­ter­neh­me­ran­teile des Steu­er­pflich­ti­gen ge­mein­sam zu er­mit­teln. Die Ad­di­tion der tatsäch­lich zu zah­len­den Ge­wer­be­steuer in Nied­rig­he­be­satz- und Hoch­he­be­satz­ge­mein­den kann Ver­rech­nungs­vo­lu­men schaf­fen, das ggf. eine Ent­las­tung bis hin zum 3,8 -fa­chen al­ler Ge­wer­be­steuer-Mess­beträge er­laubt. Be­reits die Fas­sung des Ge­set­zes spricht für ein be­triebs­be­zo­ge­nes Verständ­nis. Und auch die ge­setz­li­che Sys­te­ma­tik, in die § 35 Abs. 1 S. 5 EStG ein­ge­bet­tet ist, for­dert eine be­triebs­be­zo­gene Be­trach­tung. Wenn auch in § 35 EStG be­triebs­be­zo­gene und per­so­nen­be­zo­gene Ele­mente zu­sam­men­tref­fen, so prägen doch die be­triebs­be­zo­ge­nen Ele­mente den Cha­rak­ter der Vor­schrift.

Wenn auch ein­deu­tige Aus­sa­gen des his­to­ri­schen Ge­setz­ge­bers zu dem Verständ­nis des § 35 Abs. 1 S. 5 EStG feh­len, so bestätigt die Ge­setz­ge­bungs­ge­schichte doch die be­triebs­be­zo­gene Grund­struk­tur der Vor­schrift, auf­grund de­rer ein­zelne Ele­mente der Norm im Zwei­fel be­triebs­be­zo­gen zu ver­ste­hen sind. Schließlich gewähr­leis­tet nur eine be­triebs­be­zo­gene Aus­le­gung das ge­setz­ge­be­ri­sche Ziel des § 35 EStG, eine Ent­las­tung der ge­werb­li­chen Einkünfte in den dort de­fi­nier­ten Gren­zen zu be­wir­ken. Denn sie ver­mei­det ein­kom­men­steu­er­li­che Be­las­tungs­dif­fe­ren­zen, die auf Umständen al­lein in der Per­son des Steu­er­pflich­ti­gen be­ru­hen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben