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Steuererstattung nach Insolvenzeröffnung: Befreiende Wirkung trotz Zahlung an Schuldner

BFH 18.8.2015, VII R 24/13

Die Ver­let­zung der steu­er­li­chen Mit­wir­kungs­pflich­ten durch den In­sol­venz­ver­wal­ter kann dazu führen, dass ihm im Rah­men des § 82 InsO eine Be­ru­fung auf die Zu­rech­nung des Wis­sens des ehe­mals ört­lich zuständi­gen Fi­nanz­amts von der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ver­wehrt ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Ehe­leute X wur­den bis ein­schließlich 2002 vom Fi­nanz­amt Y ver­an­lagt. Im Ja­nuar 2003 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Frau X eröff­net und der Kläger zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Nach einem Wohn­sitz­wech­sel reich­ten die Ehe­leute ihre Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen für die Jahre 2003 bis 2006 beim be­klag­ten Fi­nanz­amt ein. Sie erklärten aus­schließlich Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit. Das Fi­nanz­amt adres­sierte die hier­auf er­las­se­nen Steu­er­be­scheide, die zu Ein­kom­men­steu­er­er­stat­tun­gen führ­ten, an die Ehe­leute. Das Fi­nanz­amt zahlte die ent­spre­chen­den Beträge an die Ehe­leute.

Im Juni 2008 ver­langte der Kläger vom Fi­nanz­amt, die auf die In­sol­venz­schuld­ne­rin ent­fal­le­nen Er­stat­tungs­beträge (noch­mals) ihm zu zah­len. Auf­grund der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens habe das Fi­nanz­amt nicht mit be­frei­en­der Wir­kung an die In­sol­venz­schuld­ne­rin leis­ten können. Das Fi­nanz­amt ver­trat dem­ge­genüber die An­sicht, dass die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Er­stat­tungs­an­sprüche durch Zah­lung an die Ehe­leute er­lo­schen seien. Das Fi­nanz­amt habe we­der selbst Kennt­nis von der In­sol­ven­zeröff­nung ge­habt noch müsse es sich die Kennt­nis des Fi­nanz­amts Y zu­rech­nen las­sen.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der Kläger hat kei­nen An­spruch auf er­neute Zah­lung der auf die In­sol­venz­schuld­ne­rin ent­fal­le­nen Er­stat­tungs­beträge an ihn.

Nach § 80 Abs. 1 InsO geht die Emp­fangs­zuständig­keit für alle Leis­tun­gen, die auf die zur In­sol­venz­masse gehören­den For­de­run­gen er­bracht wer­den, mit der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens auf den In­sol­venz­ver­wal­ter über. Eine Leis­tung an den In­sol­venz­schuld­ner hat al­ler­dings gem. § 82 InsO wei­ter­hin be­frei­ende Wir­kung, wenn der Leis­tende zur Zeit der Leis­tung keine Kennt­nis von der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens hatte. Die be­frei­ende Wir­kung der Zah­lung tritt zwar gem. § 82 InsO nur dann ein, wenn der Leis­tende keine po­si­tive Kennt­nis von der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens hatte. Ob bzw. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen die po­si­tive Kennt­nis des ehe­mals ört­lich zuständi­gen Fi­nanz­amts von der In­sol­ven­zeröff­nung dem ak­tu­ell zuständi­gen Fi­nanz­amt zu­ge­rech­net wer­den kann, konnte vor­lie­gend je­doch of­fen blei­ben.

Denn der In­sol­venz­ver­wal­ter kann sich je­den­falls dann nicht auf eine Zu­rech­nung der Kennt­nis des ehe­mals ört­lich zuständi­gen Fi­nanz­amts be­ru­fen, wenn er selbst seine steu­er­li­chen Mit­wir­kungs­pflich­ten ver­letzt hat. Dies ist vor­lie­gend der Fall. Ent­we­der wusste der In­sol­venz­ver­wal­ter von dem Wohn­sitz­wech­sel des In­sol­venz­schuld­ners, ohne das Fi­nanz­amt über die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens zu in­for­mie­ren, oder er hat keine aus­rei­chen­den Vor­keh­run­gen ge­trof­fen, um den Wohn­sitz des In­sol­venz­schuld­ners nach­zu­ver­fol­gen. Im Übri­gen war zu berück­sich­ti­gen, dass der In­sol­venz­ver­wal­ter über meh­rere Jahre we­der die er­for­der­li­chen Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen ab­ge­ge­ben noch den Fi­nanz­behörden die Be­steue­rungs­grund­la­gen mit­ge­teilt hat.

Link­hin­weis:

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