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Steuerfreie Leistungen eines Erziehungsbeistands

BFH 22.6.2016, V R 46/15

Steu­er­frei­heit der von ihm er­brach­ten Be­treu­ungs­leis­tun­gen auf Art. 135 Abs. 1h MwSt­Sys­tRL auch dann be­ru­fen, wenn die Kos­ten für diese Leis­tun­gen über eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ab­ge­rech­net und da­mit (nur) mit­tel­bar von einem öff­ent­li­chen Träger der Kin­der- und Ju­gend­hilfe ge­tra­gen wer­den. Seit dem 1.1.2008 sind die Leis­tun­gen ei­nes selbständi­gen Er­zie­hungs­bei­stands nach § 4 Nr. 25b, bb UStG steu­er­frei, wenn sie im vor­an­ge­gan­ge­nen Ka­len­der­jahr ganz oder zum über­wie­gen­den Teil un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar durch Träger der öff­ent­li­chen Ju­gend­hilfe vergütet wur­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist als Er­zie­hungs­bei­stand für die X-GbR tätig. In der - zu ei­ner Vor­be­halts­fest­set­zung führen­den - Um­satz­steu­er­erklärung 2006 hatte er steu­er­pflich­tige Umsätze zu 16 % i.H.v. 17.586 € an­ge­ge­ben. Im Ok­to­ber 2010 teilte er dem Fi­nanz­amt mit, dass er zwar aus­schließlich steu­er­freie Leis­tun­gen nach § 4 Nr. 25 UStG er­bracht, dafür je­doch in 2006 Rech­nun­gen mit of­fe­nem Um­satz­steu­er­aus­weis er­stellt habe. Seit 2007 er­stelle er Rech­nun­gen ohne Aus­weis der Um­satz­steuer. In den Um­satz­steu­er­erklärun­gen der Streit­jahre gab der Kläger da­her in der An­lage "UR" steu­er­freie Umsätze ohne Vor­steu­er­ab­zug an.

Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, dass die Leis­tun­gen des Klägers nicht un­ter die Steu­er­be­frei­ung des § 4 Nr. 25 UStG fal­len und er­ließ Um­satz­steu­er­be­scheide für die Streit­jahre 2007 und 2008 so­wie einen Um­satz­steu­er­be­scheid für 2009. Im Rah­men des Ein­spruchs­ver­fah­rens legte der Kläger für das Streit­jahr 2009 teil­weise Rech­nun­gen vor, aus de­nen sich er­gibt, dass er seine Leis­tun­gen di­rekt mit dem Stadt­ju­gend­amt ab­ge­rech­net hatte. Die Steu­er­behörde wies den Ein­spruch für die Streit­jahre 2007 und 2008 als un­begründet zurück; für das Jahr 2009 war der Ein­spruch nur in­so­weit er­folg­reich, als der Kläger seine Leis­tun­gen di­rekt mit dem Stadt­ju­gend­amt ab­ge­rech­net hatte.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Die tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG tru­gen zwar nicht seine An­nahme, dass der Kläger mit der Durchführung von Er­zie­hungs­leis­tun­gen für die GbR selbständig und da­mit un­ter­neh­me­ri­sch tätig ge­wor­den war. Ei­ner Auf­he­bung und Zurück­ver­wei­sung an das FG zur Nach­ho­lung der feh­len­den Fest­stel­lun­gen stand aber ent­ge­gen, dass sich die Ent­schei­dung des FG im Er­geb­nis als zu­tref­fend er­wies.

Für den Fall ei­ner un­ter­neh­me­ri­schen Tätig­keit des Klägers hatte das FG zu Recht die Steu­er­frei­heit sei­ner Leis­tun­gen als Er­zie­hungs­bei­stand für das Streit­jahr 2007 be­jaht. Die Leis­tun­gen des Klägers wa­ren nicht nach § 4 Nr. 25 UStG in sei­ner im Streit­jahr 2007 gel­ten­den Fas­sung steu­er­frei, da der Kläger keine der in die­ser Vor­schrift un­ter a bis c be­zeich­ne­ten Tätig­kei­ten aus­geführt hatte. Für eine Steu­er­frei­heit sei­ner Leis­tun­gen konnte sich der Kläger aber auf das Uni­ons­recht (Art. 132 Abs. 1h MwSt­Sys­tRL) be­ru­fen.

Ein selbständi­ger Er­zie­hungs­bei­stand kann sich für die Steu­er­frei­heit der von ihm er­brach­ten Be­treu­ungs­leis­tun­gen auf Art. 135 Abs. 1h MwSt­Sys­tRL auch dann be­ru­fen, wenn die Kos­ten für diese Leis­tun­gen über eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ab­ge­rech­net und da­mit (nur) mit­tel­bar von einem öff­ent­li­chen Träger der Kin­der- und Ju­gend­hilfe ge­tra­gen wer­den. Seit dem 1.1.2008 sind die Leis­tun­gen ei­nes selbständi­gen Er­zie­hungs­bei­stands nach § 4 Nr. 25b, bb UStG steu­er­frei, wenn sie im vor­an­ge­gan­ge­nen Ka­len­der­jahr ganz oder zum über­wie­gen­den Teil un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar durch Träger der öff­ent­li­chen Ju­gend­hilfe vergütet wur­den. In­so­fern wa­ren die Leis­tun­gen des Klägers, wie das FG zu Recht ent­schie­den hatte, auch in den Streit­jah­ren 2008 und (teil­weise) 2009 steu­er­frei. Der Se­nat legt die Vor­schrift uni­ons­rechts­kon­form da­hin­ge­hend aus, dass eine Vergütung durch Träger der öff­ent­li­chen Ju­gend­hilfe nicht nur im Falle ei­ner un­mit­tel­ba­ren, son­dern auch bei ei­ner nur mit­tel­ba­ren (durch­ge­lei­te­ten) Kos­ten­tra­gung vor­liegt.

Der Kläger erfüllte zwar für das Streit­jahr 2009 die Vor­aus­set­zun­gen der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung des § 19 Abs. 1 UStG, da er im Vor­jahr die Um­satz­grenze von 17.500 € und in 2009 die Grenze von 50.000 € nicht über­schrit­ten hatte. Mit der Ab­gabe der Um­satz­steu­er­erklärung 2006, in der er die Steuer nach den all­ge­mei­nen Grundsätzen be­rech­net hatte, hat der Kläger je­doch kon­klu­dent auf die Nicht­er­he­bung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG ver­zich­tet. Dar­aus folgte nach Un­an­fecht­bar­keit der Steu­er­fest­set­zung 2006 zum 31.12.2013, dass der Un­ter­neh­mer min­des­tens fünf Ka­len­der­jahre an die Re­gel­be­steue­rung ge­bun­den ist (§ 19 Abs. 2 Satz 2 UStG).

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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