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Steuerfreiheit von Stipendien nach § 3 Nr. 44 EStG 2009

BFH 24.2.2015, VIII R 43/12

Sti­pen­dien für an ei­ner Hoch­schule be­schäftigte Wis­sen­schaft­ler zur Erfüllung ei­ner For­schungs­auf­gabe oder zur Be­strei­tung des Le­bens­un­ter­halts sind nach § 3 Nr. 44 S. 3 Buchst. a EStG 2009 grundsätz­lich steu­er­frei, wenn sie die zu­vor aus einem Be­schäfti­gungs­verhält­nis be­zo­ge­nen Ein­nah­men nicht über­stei­gen, nach den von dem Ge­ber er­las­se­nen Richt­li­nien ver­ge­ben wer­den und der Empfänger im Zu­sam­men­hang mit dem Sti­pen­dium nicht zu ei­ner be­stimm­ten wis­sen­schaft­li­chen oder künst­le­ri­schen Ge­gen­leis­tung oder zu ei­ner be­stimm­ten Ar­beit­neh­mertätig­keit ver­pflich­tet ist.

Der Sach­ver­halt:
Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist strei­tig, ob die Ein­nah­men der Kläge­rin aus einem For­schungs­sti­pen­dium ei­nes Kol­legs steu­er­frei sind. Das Kol­leg wird von ei­ner ge­meinnützi­gen Stif­tung des bürger­li­chen Rechts ge­tra­gen. Die Kläge­rin war als wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin an der Ju­ris­ti­schen Fa­kultät ei­ner Uni­ver­sität tätig und ha­bi­li­tierte sich dort. Auf ihre Be­wer­bung gewährte ihr die Stif­tung ein For­schungs­sti­pen­dium des Kol­legs im Rah­men ei­nes be­stimm­ten Pro­jekts in den Jah­ren 2009 und 2010.

Die auf der Grund­lage die­ses Sti­pen­di­ums ge­leis­te­ten Zah­lun­gen be­lie­fen sich auf 2.700 € pro Mo­nat, im Streit­jahr 2009 mit­hin auf ins­ge­samt 8.100 €. Zusätz­lich er­hielt die Kläge­rin in 2009 eine Pau­schale für Dienst­rei­sen i.H.v. 400 €. Das Kol­leg stellte der Kläge­rin 2010 für das Streit­jahr 2009 eine Be­schei­ni­gung über den Er­halt die­ser Leis­tun­gen so­wie des Sach­be­zugs durch die kos­ten­lose Un­ter­brin­gung i.H.v. rd. 660 € aus. Die Kläge­rin er­hielt von der Uni­ver­sität für die Dauer des Sti­pen­di­ums Son­der­ur­laub ohne Fort­zah­lung der Bezüge.

Das Fi­nanz­amt er­fasste die Ein­nah­men der Kläge­rin aus dem Sti­pen­dium mit Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2009 vom 27.12.2010 als steu­er­pflich­tige sons­tige Einkünfte - nach Ab­zug un­strei­ti­ger Wer­bungs­kos­ten von rd. 2.000 € - i.H.v. rd. 7.000 € und setzte die Ein­kom­men­steuer auf rd. 6.000 € fest.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat der Re­ge­lung in § 3 Nr. 44 S. 3 Buchst. a EStG zu Un­recht ent­nom­men, dass ein steu­er­be­frei­tes Sti­pen­dium im Sinne der Vor­schrift schon dann nicht mehr ge­ge­ben ist, wenn es na­hezu der Höhe der vor Auf­nahme der geförder­ten Tätig­keit be­zo­ge­nen Ein­nah­men aus wis­sen­schaft­li­cher Tätig­keit ent­spricht.

Nach § 3 Nr. 44 EStG sind Sti­pen­dien steu­er­frei, die un­mit­tel­bar aus öff­ent­li­chen Mit­teln oder von zwi­schen­staat­li­chen oder über­staat­li­chen Ein­rich­tun­gen, de­nen Deutsch­land als Mit­glied an­gehört, zur Förde­rung der For­schung oder zur Förde­rung der wis­sen­schaft­li­chen oder künst­le­ri­schen Aus­bil­dung oder Fort­bil­dung gewährt wer­den. Das Glei­che gilt für Sti­pen­dien, die zu den in Satz 1 be­zeich­ne­ten Zwecken von ei­ner Ein­rich­tung, die von ei­ner Körper­schaft des öff­ent­li­chen Rechts er­rich­tet ist oder ver­wal­tet wird, oder von ei­ner Körper­schaft, Per­so­nen­ver­ei­ni­gung oder Vermögens­masse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ge­ge­ben wer­den.

Vor­aus­set­zung für die Steu­er­frei­heit ist, dass die Sti­pen­dien einen für die Erfüllung der For­schungs­auf­gabe oder für die Be­strei­tung des Le­bens­un­ter­halts und die De­ckung des Aus­bil­dungs­be­darfs er­for­der­li­chen Be­trag nicht über­stei­gen, nach den von dem Ge­ber er­las­se­nen Richt­li­nien ver­ge­ben wer­den und der Empfänger im Zu­sam­men­hang mit dem Sti­pen­dium nicht zu ei­ner be­stimm­ten wis­sen­schaft­li­chen oder künst­le­ri­schen Ge­gen­leis­tung oder zu ei­ner be­stimm­ten Ar­beit­neh­mertätig­keit ver­pflich­tet ist. Vor­lie­gend ist le­dig­lich strei­tig, ob das Sti­pen­dium nicht nach Maßgabe der Re­ge­lung in § 2 Nr. 44 S. 3 Buchst. a EStG den "für die Be­strei­tung des Le­bens­un­ter­halts er­for­der­li­chen Be­trag über­steigt".

Dem Ge­setz selbst sind wei­tere Merk­male für eine Be­gren­zung die­ses Be­tra­ges nicht zu ent­neh­men. § 3 Nr. 44 S. 3 Buchst. a EStG soll le­dig­lich si­cher­stel­len, dass "Sti­pen­dien nur in der Höhe steu­er­frei blei­ben, die zur Er­rei­chung des mit dem Sti­pen­dium ver­folg­ten Zwecks er­for­der­lich ist". Diese Er­for­der­lich­keit "zur Er­rei­chung des mit dem Sti­pen­dium ver­folg­ten Zwecks" ist nach dem BFH-Ur­teil vom 15.9.2010 (X R 33/08) schon dann zu be­ja­hen, wenn die Ver­gabe des Sti­pen­di­ums nach den Richt­li­nien für die Ver­gabe der Sti­pen­dien i.S. des § 3 Nr. 44 S. 1 und 2 EStG er­folgt, die Höhe des Sti­pen­di­ums nicht den für die Erfüllung der For­schungs­auf­gabe so­wie für die Be­strei­tung des Le­bens­un­ter­halts der Kläge­rin er­for­der­li­chen Be­trag über­schrei­tet und die Kläge­rin sich nicht zu ei­ner be­stimm­ten Ge­gen­leis­tung ver­pflich­tet.

Nach die­sen Grundsätzen tra­gen die tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG nicht seine Auf­fas­sung, im Streit­fall über­schreite das Sti­pen­dium den Rah­men der er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen für den Le­bens­un­ter­halt der Kläge­rin. Aus­zu­ge­hen ist von der Not­wen­dig­keit, bei der Be­stim­mung des "er­for­der­li­chen Le­bens­un­ter­halts" das Al­ter der Sti­pen­dia­ten, ihre aka­de­mi­sche Vor­bil­dung so­wie de­ren nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung er­for­der­li­che ty­pi­sche Le­bens­hal­tungs­kos­ten in ih­rer kon­kre­ten so­zia­len Si­tua­tion zu berück­sich­ti­gen. Da­mit steht fest, dass das von der Kläge­rin im Streit­jahr 2009 be­zo­gene Sti­pen­dium als Bei­trag für die an­ge­mes­sene Le­bensführung zur Förde­rung der For­schung durch eine ge­meinnützige Stif­tung be­wil­ligt wurde und der Höhe nach le­dig­lich den Aus­fall ih­rer früheren Ge­halts­zah­lun­gen im Be­wil­li­gungs­zeit­raum des Sti­pen­di­ums aus­glei­chen sollte.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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