So sehen sowohl das Umwandlungssteuergesetz als auch das Einkommensteuergesetz Möglichkeiten vor, Umstrukturierungen in Unternehmensgruppen ohne Aufdeckung der stillen Reserven und damit ohne Auslösen einer zusätzlichen Steuerbelastung umzusetzen.
Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel
Nach den Vorgaben des Umwandlungsrechts kann eine Körperschaft auf eine andere Körperschaft oder eine Personengesellschaft verschmolzen werden oder deren Vermögen im Wege der Auf- oder Abspaltung auf eine andere Körperschaft oder eine Personengesellschaft übergehen. Zudem kommt ein Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft oder umgekehrt in Betracht. Das Umwandlungssteuerrecht sieht hierzu vor, unter welchen Voraussetzungen eine solche Umstrukturierung steuerneutral erfolgen kann.
Steuerneutralität kann dann erreicht werden, wenn die übergehenden Wirtschaftsgüter weiterhin beim übertragenden und übernehmenden Rechtsträger zum Buchwert zu erfassen sind und somit die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden. Maßgeblich ist hierfür, dass diese weiterhin steuerlich verstrickt bleiben und der Besteuerungszugriff Deutschlands nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Darüber hinaus darf im Rahmen der Umstrukturierung keine Gegenleistung gewährt bzw. diese nur in Gesellschaftsrechten bestehen.
Einbringung von (Teil-) Betrieben
Neben den Umstrukturierungen nach den Vorgaben des Umwandlungsrechts ist zudem die Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft oder in eine Personengesellschaft nach den Vorgaben des Umwandlungssteuerrechts ohne Aufdeckung der stillen Reserven und damit steuerneutral möglich. Einbringungen sind aber nur dann zum Buchwert möglich, wenn ein ganzer Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil eingebracht wird.
Dabei kann es sich im Einzelfall insb. als schwierig darstellen, abzugrenzen, in welchen Konstellationen ein Teilbetrieb besteht und was als wesentliche Betriebsgrundlagen mit eingebracht werden muss. Entscheidend ist hierbei die Übertragung aller funktional wesentlicher Wirtschaftsgüter. Regelmäßig gehören dazu z. B. betrieblich genutzte Grundstücke oder Grundstücksteile sowie Mitunternehmeranteile. Wird der Betrieb oder ein Teilbetrieb einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, birgt in der Praxis insb. die Prüfung erhebliche Probleme, ob sich im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter wesentliche Betriebsgrundlagen befinden. Denn diese müssen miteingebracht werden, um die Steuerneutralität sicherzustellen.
Zu beachten ist auch, dass ein Buchwertansatz u. a. dann ausscheidet, wenn der Wert sonstiger Gegenleistungen, die neben neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden, 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder 500.000 Euro (höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens) übersteigt.
Unentgeltliche Übertragung eines (Teil-)Betriebs
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf einen anderen Rechtsträger übertragen, ist auch hier eine steuerneutrale Gestaltung des Vorgangs möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Auch hier ist für die Steuerneutralität entscheidend, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen mit übertragen werden.
Von Bedeutung ist dies u. a. bei der unentgeltlichen Aufnahme eines Gesellschafters in ein bestehendes Einzelunternehmen oder bei der unentgeltlichen Aufnahme eines weiteren Gesellschaftes in eine bestehende Personengesellschaft.
Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen
Werden Einzelwirtschaftsgüter zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt, werden die stillen Reserven prinzipiell nicht aufgedeckt. Vielmehr ist der Buchwert im anderen Betriebsvermögen fortzuführen. Eine Überführung von einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen löst damit keine Einkommensteuer aus. Grundsätzlich kommt es dabei immer darauf an, dass das übertragene Wirtschaftsgut auch nach der Übertragung in Deutschland steuerverhaftet bleibt.
Werden Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in sein Sonderbetriebsvermögen bei einer Personengesellschaft (oder zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen bei verschiedenen Personengesellschaften) übertragen, ist dieser Vorgang unter der vorgenannten Voraussetzung ebenfalls steuerneutral.
In vergleichbarer Weise kann auch die Umstrukturierung von Personengesellschaften außerhalb des Umwandlungsteuerrechts durch Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen einem Gesellschafter und einer Personengesellschaft zum Buchwert und damit steuerneutral erfolgen. Dabei ist nur dann eine Buchwertfortführung möglich, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Unter dieser Voraussetzung kann ein Wirtschaftsgut aus einem Betrieb des Steuerpflichtigen in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft transferiert werden, ohne dass dies steuerliche Konsequenzen für den abgebenden Betrieb hat. Auch eine Überführung aus einem Sonderbetriebsvermögen bei einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen dieser oder einer anderen Personengesellschaft ist steuerneutral möglich. Allerdings ist in diesen Fällen der Teilwert anzusetzen (und somit die stillen Reserven zu versteuern), wenn sich durch die Übertragung der Anteil einer Kapitalgesellschaft am Wirtschaftsgut erhöht, z. B. weil an der Ziel-Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Zu beachten sind zudem Nachbehaltefristen: Das übertragene Wirtschaftsgut darf drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung für den Übertragungszeitraum nicht verkauft oder entnommen werden. Beteiligt sich innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung eine Kapitalgesellschaft als Investor an der Personengesellschaft (oder erhöht seinen Anteil), löst auch dies rückwirkend eine Besteuerung der stillen Reserven aus.
Grundsätzlich nicht steuerneutral mögliche Übertragungen
Nicht steuerneutral möglich und daher problematisch ist hingegen die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften. Eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft ist auch dann nicht zum Buchwert möglich, wenn an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter in identischem Umfang beteiligt sind. In diesem Fall sind die stillen Reserven im überführten Wirtschaftsgut vollständig zu versteuern.
Zu einer Aufdeckung der stillen Reserven kommt es auch bei der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers auf eine Kapitalgesellschaft. Diese führt regelmäßig zu einer verdeckten Einlage unter Aufdeckung der stillen Reserven. Auch die unentgeltliche Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft ist nicht steuerneutral möglich, auch wenn an beiden Gesellschaften dieselben Anteilseigner in identischem Umfang beteiligt sein sollten.
Hinweis: Es bestehen somit zwar zahlreiche Möglichkeiten Einzelwirtschaftsgüter und Betriebsteile steuerneutral in ein anderes Betriebsvermögen zu transferieren. Dabei sind aber stets die umfangreichen steuerrechtlichen Vorgaben zu beachten, die in zahlreichen Fällen schon zu Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung geführt haben. Vor einer Übertragung sollten stets die steuerlichen Vorgaben umfassend geprüft werden, um nicht etwa im Rahmen einer Jahre später angesetzten Betriebsprüfung mit Steuernachzahlungen zuzüglich Nachzahlungszinsen konfrontiert zu werden.