Für das Top-Management ist es heutzutage eine große Herausforderung, den Einsatz von Informationstechnologien (IT) nach sinnvollen betriebswirtschaftlichen Aspekten zu steuern. Die Beurteilung der IT-Kosten und deren Verrechnung bzw. Verteilung innerhalb des Unternehmens sind ohne ein sinnvolles Controlling kaum möglich. Ein IT-Controlling kann hier Abhilfe schaffen. Damit sich der Einsatz von IT betriebswirtschaftlich rechnet, werden für den Bereich des IT-Controllings auch Ansätze des allgemeinen Controllings genutzt. Den Unter-nehmensverantwortlichen bietet das Controlling eine „Navigationshilfe" für die Steuerung des Unternehmens.
In der heutigen Zeit müssen Unternehmen aufgrund gesetzlicher Auflagen und betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten von hohen Investitionen und permanenten Folgekosten im Bereich der IT-Infrastruktur und der IT-Sicherheit investieren. Je nach Detailgrad und Modellierungsmöglichkeit des IT-Controllings lassen sich so auch alternative Szenarien für Investitionsentscheidungen rechnen. Dies gilt für alle Branchen und damit auch für den Gesundheitsbereich. In den letzten Jahren zeigt sich auch im Gesundheitswesen die Wesentlichkeit der IT, so dass in dem Zusammenhang bspw. auch separate IT-Strategien zur Unterstützung der übergeordneten Unternehmensstrategie erstellt werden.
(IT-)Controlling - operativ oder strategisch?
In der heutigen Zeit müssen Zahlen, Daten und Fakten dem Management „live" zur Verfügung stehen, um schnell auf ihr internes und externes Umfeld reagieren und operative wie strategische Entscheidungen zeitnah treffen zu können. Dementsprechend unterscheidet das Controlling zwischen operativem und strategischem Controlling.
Merkmale des operativen Controllings sind u. a. ein kurzfristiger Zeitbezug (Blick auf die Gegenwart und die abgeschlossenen Perioden), der spezifische Detailgrad, die quantitativen Ziele, die Binnenorientierung, die Nutzung von Potenzialen und die reaktive Verhaltensweise.
Merkmale des strategischen Controllings sind u. a. der langfristige Zeitbezug (Blick auf die Zukunft in fünf bis sieben Jahren), der globale Detailgrad, die quantitativen und qualitativen Ziele, die Außenorientierung, die Entwicklung von Potenzialen und die antizipative Verhaltensweise.
Die Aufgaben des strategischen Controllings werden meist vom Management wahrgenommen. Das Controlling kann in der Organisationseinheit als Stabstelle des Managements, in der Linienorganisation, zentral oder dezentral organisiert sein. Die Ansätze des allgemeinen Controllings können nahtlos auf das IT-Controlling übertragen werden.
Um das IT-Controlling auf-zubauen und zu strukturieren, muss ein IT-Controlling-Konzept entwickelt werden. Das IT-Controlling beschäftigt sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle der Informationstechnologie und ist deshalb eine wichtige Funktion für das Management der IT. Die Aufgaben des IT-Controllings sind die Ermittlung des IT-Budgets, die Planung und Prognosen der IT-Kosten, die nutzungsgerechte Verrechnung der anfallenden Kosten und die Kontrolle der Projektplanung und Projektumsetzung. Das IT-Controlling ermöglicht eine vollständig transparente und verursachungsgerechte Aufteilung der IT-Kosten bis hin zu Infrastrukturkomponenten und Speichernutzung. Die Ermittlung von Kennzahlen reicht oft nicht aus. Somit muss auf andere betriebswirtschaftliche Instrumente, z. B. die SWOT-Analyse, Benchmarking, Total Cost of Ownership (TCO) oder Balanced Scorecard (BSC), zugegriffen werden.
Die Erkenntnis, dass die IT einen wertvollen Beitrag zum Gesamtunternehmen liefert, setzt sich glücklicherweise immer mehr durch. Das IT-Controlling unterstützt das Management bei seinen operativen und strategischen Aufgaben sowie bei seinen Entscheidungen. Weiterhin liefert es eine effektive („Das Richtige tun") und effiziente („Das Richtige richtig tun") Steuerung der Informationstechnologie.
Ein guter Steuerungsrahmen (IT-Governance) ist ebenfalls notwendig, denn die Visionen und die Strategien sollen bzw. müssen verwirklicht werden, um sich ständig auf dem wandelnden Markt behaupten zu können.
Dabei spielt die Balanced Scorecard (BSC) als Werkzeug eine besondere Rolle, denn die BSC ist ein Instrument, um die Strategie und Vision, bezogen auf die IT, im Unternehmen mit eigens dafür entwickelten Kennzahlen zu überprüfen und ggf. infrage zu stellen.
Der Aussagegehalt von Bilanzen und Gewinn- und Verlust-Rechnungen (GuV) beschränkt sich in erster Linie auf die Darstellung der Zahlen, da nicht das Unternehmen in einem Gesamtzusammenhang betrachtet wird. Es ist jedoch wichtig, das gesamte Unternehmen im Blick zu haben.
Mithilfe der Balanced Scorecard werden die Planungen und Strategien der einzelnen Organisationseinheiten mit der Gesamtstrategie des Unternehmens verknüpft. Das Instrument BSC umfasst nach Kaplan/ Norton vier Perspektiven (finanzielle Perspektiven, Kunden und Markt, Lernen und Entwicklung, Interne Geschäftsprozesse), die jeweils mehrere Strategien enthalten können, die auch wiederum jeweils Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen enthalten.
Balanced Scorecard als Werkzeug
Angelehnt an den Anforderungen, Kennzahlen, Vorgaben, Zielen und Maßnahmen ist zu überlegen, inwieweit die BSC als Werkzeug für die IT-Steuerung taugt bzw. welche Beurteilungskriterien man aus den Punkten ableiten kann. Hierzu soll die BSC erstens fähig sein, die Unternehmensaufgaben abbilden zu können, d. h. die Projekte und die ganz normalen Alltagsgeschäfte müssen dargestellt werden (multidimensional). Zweitens soll die BSC dem Unter-nehmen ermöglichen, Kennzahlen für die verschiedensten Dimensionen entwickeln zu können (Kennzahlen). Damit die BSC leicht verständlich ist, soll sie anschaulich und prägnant die Strategien und Visionen darstellen können (verständlich). Da jedes Unternehmen seine Eigenheiten und unterschiedlichen Aufgaben zu bewältigen hat, muss die BSC darauf eingehen können (erweiterbar). Die BSC zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Belange der IT im Gesamtzusammenhang sieht und sich nicht nur auf einen Punkt, wie zum Beispiel die Finanzkennzahl oder die Prozesskosten, versteift. Um die BSC mit Leben zu füllen, muss, ausgehend von der Standard-BSC (Finanzen, Kunden, Prozess und Entwicklung), ein eigenes Konzept erarbeitet werden. Hierbei sind die verschiedensten Oberpunkte zu entwickeln. Zu jedem Oberpunkt werden strategische Ziele, Erfolgsfaktoren, Kennzahlen, die Zielvorgaben und die Maßnahmen entwickelt.
Als Perspektiven werden hier beispielhaft der Unternehmenswertbeitrag, die IT-Leistungs-erstellung, der IT-Einsatz, die Innovations- und Zukunftsperspektive und zu guter Letzt die Kunden genannt.
Unternehmenswertbeitrag
Bei dem Unternehmenswertbeitrag geht es darum, darzustellen, welchen Mehrwert die IT für das Unternehmen leistet. Hierbei müssen zwei strategische Themenfelder für den Vergleich gefunden werden. Zum Beispiel eine Gegenüberstellung der IT-Kosten zu dem IT-Nutzen. Nur wenn die Kosten zu dem jeweiligen Nutzen ins Verhältnis gesetzt werden, ergibt sich ein logisches Bild. Bei der BSC ist es möglich, auch beliebige andere sinnvolle Punkte zu entwickeln.
Beispiele für den Unternehmenswertbeitrag sind:
- das Ziel „Senkung der IT-Kosten",
- der Erfolgsfaktor „Mengenrabatte durch Standardlieferanten",
- die Kennzahl „Wirtschaftlichkeit",
- die Zielvorgabe „IT-Kosten um 12 % senken",
- die Maßnahme „Einführung von Standardlieferanten".
IT-Leistungserstellung
Bei der IT-Leistungserstellung wird genau analysiert, welche Aufgaben eine IT-Abteilung übernehmen muss. Eine IT-Abteilung muss besonderen Wert auf die Betreuung der Anwender, auf den Betrieb der technischen und softwaretechnischen Anlagen sowie die Projekte legen. Diese nachvollziehbaren Punkte werden auch mit in die Betrachtung einbezogen. Wo Leistungen erbracht werden, müssen diese auch genutzt werden.
Hier ist die Perspektive „Kunden" wichtig. Je nach Aufbau der IT-Abteilung (Cost-Center oder Profit-Center) wird hier nach internen und externen Kunden unterschieden. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, IT-Leistungen nach außen hin zu verkaufen (z. B. Servereinrichtung für Steuerberater/Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwälte) und somit durch externe Kunden zusätzliche Umsätze zu generieren, was letztendlich den Einsatz der IT im eigenen Unternehmen aufgrund zusätzlicher Gewinne und möglicher Kostenersparnisse durch den nunmehr möglichen Mengenrabatt beim Einkauf kostengünstiger gestaltet. Hieraus kristallisieren sich die Punkte „interner" und „externer" Kunde, die es im Blick zu behalten gilt.
IT-Einsatz
Als vorletzter Punkt muss betrachtet werden, wo IT eingesetzt werden soll. Ein Rechenzentrum braucht eine teilweise andere IT-Ausstattung, Planung und Anschlussmöglichkeit, als ein normaler Arbeitsplatz für einen beliebigen Sachbearbeiter (Hardware- und Netzwerkarchitektur). Zum Einsatz gehört allerdings auch zu ermitteln, welche IT-Komponenten jeder Art für einen erfolgreichen Abschluss eines Projekts von Bedeutung sind. Das Projekt braucht von Anfang bis zum Ende eine gute und solide Betreuung der IT mit all seinen Facetten. Bei dieser Perspektive ist zu betrachten, welche Systeme in einem Unternehmen eingesetzt werden (Zutritts-kontrollsysteme, Zeiterfassungssysteme etc.). Diese sind entsprechend den oben genannten Punkten zu bewerten.
Innovations- und Zukunftsperspektive
Zu guter Letzt gibt es noch die große Unbekannte: Die Zukunft und deren Innovationspotential. Obwohl diese in vielen Teilen ungewiss ist, kann man dennoch bestimmte zukünftige Tendenzen erkennen. Neue Technologien kommen nicht von heute auf morgen auf den Markt, sondern werden über Jahre hinweg entwickelt, bis diese Marktreife erlangen. Deshalb wird der Punkt Technologiemanagement wichtig. Hierbei wird u. a. die zukünftige Entwicklung von IT-Produkten betrachtet und gemanagt. Der Unterpunkt Risikomanagement definiert strategische Ziele, mit denen zukünftige Risiken im IT-Sektor geschätzt werden können. Unterstützt wird der Bereich mit dem Punkt Skillmanagement. Hier werden Ziele abgeleitet, um die Mitarbeiterkompetenzen fassen zu können.
Balanced Scorecard als Möglichkeit
Die BSC hebt sich vom Aufbau und Umfang deutlich von anderen Kennzahlensystemen ab. Um die BSC erstellen zu können, müssen Unternehmensverantwortliche hinter der Einführung stehen und sich selbst kritisch hinterfragen, ob sie eine derartige Offenheit wollen. Hinzu kommt, dass die BSC alles Vorhandene erst einmal infrage stellt, so auch, inwieweit die momentane Richtung bzw. Strategie und Vision des Unternehmens die Richtige ist. Darüber hinaus ermöglicht die BSC durch eine einfache und klare Darstellung der einzelnen Perspektiven eine gute Vermittlung der IT-Strategien für alle Unternehmensbeteiligten. Fragen bezüglich der wirtschaftlichen Zusammenhänge, die vor allem hinsichtlich der IT-Abteilung auftauchen, können beantwortet werden. Hier steht als Kernfrage immer im Raum „Was bringt die IT-Abteilung dem Unternehmen tatsächlich?"
Die BSC ist jedoch nie fertig; ständig sind kontinuierliche Anpassungen vorzunehmen und die vorhandenen Perspektiven zu erweitern. Auch müssen die Kennzahlen immer an die neuesten Fragestellungen angeglichen werden. Dafür ist die Bereitschaft der gesamten Organisationseinheit, von der Geschäftsführung bis zum Sachbearbeiter nötig, um dafür zu sorgen, dass die BSC auch ständig aussagefähig und „lebendig" wird und bleibt.
Es ergeben sich folgende Vorteile nach Einführung einer BSC:
- Funktion als Kommunikationsmittel im Unternehmen,
- Einbeziehung von unterschiedlichen Sichten (u. a. auch „soft facts"),
- Steuerung des Unternehmens durch Frühindikatoren,
- Darstellung von einheitlichen Strategien,
- Verknüpfung von mehreren Controlling-Instrumenten,
- gezielte Ausrichtung der Ressourcen auf die strategischen Ziele.
Hinweis
Außer der BSC gibt es weitere betriebswirtschaftliche Instrumente (z. B. Zielgruppenanalyse, Scoring-Modelle, Zufriedenheitsanalyse etc.), die als Alternative bzw. als Ergänzung zur BSC in Betracht kommen können. Als Beispiel sei hier das DuPont-Kennzahlensystem genannt. Dieses System ist wohl das bekannteste betriebswirtschaftliche Kennzahlensystem. Ursprünglich entwickelt wurde das System, damit Interessengruppen (Shareholder und Stakeholder) Unternehmen anhand ihrer Rentabilitätsgröße beurteilen können. Vorteil dieses Managementsystems ist es, dass es schlicht und übersichtlich aufgebaut ist. Der Nachteil ist, dass dieses System ausschließlich monetäre Größen berücksichtigt. Es kann jedoch mit anderen Managementsystemen verknüpft werden. Letztlich helfen Managementinstrumente, das Unternehmen effektiv und effizient zu steuern, Risiken im Vorfeld zu minimieren und das Unternehmen weiterhin wettbewerbsfähig zu erhalten. Insofern muss sich das Top-Management am Anfang die Frage stellen: Welches Managementinstrument passt zum Unternehmen, zur Kultur und findet dementsprechend Akzeptanz?