Die Verschärfungen gelten ohne Übergangsfrist ab 1.1.2020. Bei Verstößen drohen weitreichende Sanktionen.
Wer ist betroffen und welche Ziele werden verfolgt?
Mit dem ARUG II wird die Zweite Aktionärsrechte-Richtlinie (EU-Richtlinie 2017 / 828) in nationales Recht umgesetzt. Von den Regelungen sind ausschließlich börsennotierte Aktiengesellschaften betroffen. Das Gesetz soll die Mitwirkung von Aktionären stärken und für mehr Transparenz zwischen Gesellschaften und Anlegern sorgen. Die strengeren Vorgaben für Related Party Transactions zielen neben der Vermeidung von Interessenkonflikten darauf ab, Minderheitsaktionäre vor Vermögensabflüssen zu schützen. Um Transaktionen mit unangemessenen Bedingungen zum Nachteil von Aktionären zu unterbinden, ordnet das ARUG II bei Überschreiten eines monetären Schwellenwerts einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats zum Abschluss sowie eine Pflicht zur Veröffentlichung der Related Party Transactions an.
Was wird geregelt?
Transaktionen sind gemäß § 111a Abs. 1 AktG Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen, durch die ein Gegenstand oder Vermögenswert entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder zur Nutzung überlassen wird. Dazu zählen z. B.:
- Erbringung von Dienstleistungen
- Käufe und Verkäufe von Grundstücken, fertigen und unfertigen Erzeugnissen und Waren
- Produktionsverlagerungen/ -änderungen
- Finanzierungen
- Nutzung von Vermögensgegenständen
- Investitionen
Betroffen sind wesentliche Related Party Transactions, deren wirtschaftlicher Wert 1,5 Prozent der Summe aus Anlagevermögen und Umlaufvermögen überschreitet. Diese Grenze bezieht sich nicht nur auf das Anlage- und Umlaufvermögen des Unternehmens, sondern auf die Konzernbilanz. Dabei ist es unerheblich, ob die Transaktion für sich allein den Schwellenwert überschreitet oder alle Transaktionen mit derselben Person oder demselben Unternehmen kumuliert über das laufende Geschäftsjahr hinweg.
Maßgeblich für die Bestimmung der Wesentlichkeit ist der letzte festgestellte Jahresabschluss bzw. der letzte gebilligte Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 111b AktG).
Wer gilt als nahestehend?
Die Einordnung als nahestehende Unternehmen und Personen richtet sich nach den internationalen Standards für die Rechnungslegung (IAS 24). Der Kreis ist sehr weit gefasst: Bei Unternehmen sind dies beispielsweise Mutter-, Tochter- oder Schwestergesellschaften bzw. Beteiligte an einem Gemeinschaftsunternehmen. Natürliche Personen gelten als nahestehend, wenn sie im Management des berichtenden Unternehmens oder eines Mutterunternehmens des berichtenden Unternehmens eine Schlüsselposition bekleiden, beispielsweise als Vorstände oder Aufsichtsräte. Auch nahe Familienangehörige dieser Personen werden erfasst, etwa Kinder, Ehegatten, Lebenspartner oder Kinder des Ehegatten oder Lebenspartners.
Gibt es Ausnahmen?
Ausgenommen von der Neuregelung sind Geschäfte, die im ordentlichen Geschäftsgang und zu marktüblichen Konditionen zustande gekommen sind, wie Cash-Pooling-Transaktionen, Geschäfte mit 100 %-igen Tochterunternehmen sowie Geschäfte mit Tochtergesellschaften, an denen keine anderen Personen beteiligt sind, die der Gesellschaft nahestehen. Wichtig für die Praxis ist vor allem: Geschäfte, die der Zustimmung oder Ermächtigung der Hauptversammlung bedürfen, sind nicht als Related Parties Transactions einzustufen. Dazu zählen beispielsweise Geschäfte im Vertragskonzern, wie Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge.
Um zu bewerten, ob die Voraussetzungen des ordentlichen Geschäftsgangs und der marktüblichen Bedingungen im Sinne des § 111a Abs. 2 AktG bei einer Transaktion vorliegen, schreibt der Gesetzgeber vor, dass börsennotierte Unternehmen ein internes Bewertungsverfahren einrichten. Sofern die Gesellschaft im Rahmen des Bewertungsverfahrens zu dem Ergebnis gelangt, dass die betreffende Transaktion im ordentlichen Geschäftsgang und zu marktüblichen Bedingungen getätigt wird, gilt dieses Geschäft nicht als Transaktion mit nahestehenden Personen oder Unternehmen im Sinne der Neuregelung.
Was ist zu tun?
Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats
Bei Related Parties Transactions muss der Aufsichtsrat dem Geschäft zustimmen (§ 111b AktG). Dieser kann zur Beschlussfassung einen Ausschuss bestellen. Die Mitglieder des Ausschusses dürfen nicht selbst an dem Geschäft beteiligt sein und der Ausschuss muss mehrheitlich aus Mitgliedern bestehen, bei denen nicht die Besorgnis eines Interessenkonflikts besteht.
Verweigert der Aufsichtsrat die Zustimmung, kann der Vorstand einen Hauptversammlungsbeschluss herbeiführen, um die Genehmigung durch den Aufsichtsrat zu ersetzen.
Veröffentlichungspflicht
Related Party Transactions sind spätestens zum Zeitpunkt ihres Abschlusses unverzüglich zu veröffentlichen. (§ 111c AktG). Wird die 1,5 Prozent-Schwelle erst nach Zusammenrechnen der Geschäfte überschritten, reicht eine Veröffentlichung innerhalb von vier Handelstagen aus. Im Fall einer Aggregation müssen auch solche Geschäfte veröffentlich werden, die für die Aggregation zwar aufgenommen wurden, jedoch den Schwellenwert und somit eine Zustimmungspflicht nicht erreicht haben.
Es müssen alle Informationen enthalten sein, um zu bewerten, ob das Geschäft angemessen ist. Maßgeblich ist die Sicht der Gesellschaft und der Aktionäre, die nicht zu den nahestehenden Personen zählen. Notwendig sind Angaben zur Art des Verhältnisses zu der nahestehenden Person oder dem nahestehenden Unternehmen, deren Namen sowie Datum des Transaktionsabschlusses und Wert der Transaktion. Diese Informationen müssen fünf Jahre auf der Internetseite der Gesellschaft einsehbar sein. Eine passive Anzeige auf der Website reicht allein nicht aus. Empfehlenswert ist beispielsweise die Veröffentlichung durch sogenannte Ad-hoc-Dienstleister.
Was passiert bei Verstößen?
Wird eine Related Party Transaction vorsätzlich nicht oder nur unvollständig bekannt gemacht, drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro. Zwar ist eine Transaktion rechtswirksam, wenn sie ohne Zustimmung des Aufsichtsrats abgeschlossen wird. Doch Vorstände und Aufsichtsräte haften unter Umständen persönlich auf Schadensersatz.