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Steuerberatung

Strengere Vorgaben für grenzüberschreitende Finanzierungen innerhalb von Unternehmensgruppen

Grenzüber­schrei­tende Fi­nan­zie­rungs­be­zie­hun­gen in­ner­halb ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe müssen gemäß der mit Wir­kung für den Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2024 ein­geführ­ten Re­ge­lun­gen in § 1 Abs. 3d und Abs. 3e AStG deut­lich mehr Vor­aus­set­zun­gen erfüllen, um steu­er­lich dem Grunde und der Höhe nach an­er­kannt zu wer­den. Das BMF rea­gierte auf die Viel­zahl von Fra­gen aus der Pra­xis mit einem An­wen­dungs­schrei­ben, das seit 14.08.2024 als Ent­wurf vor­liegt und zu dem zwi­schen­zeit­lich zahl­rei­che In­ter­es­sen­verbände Stel­lung ge­nom­men ha­ben. An ei­ner die­ser Stel­lung­nah­men hat Dr. Se­bas­tian Hölscher, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei RSM Eb­ner Stolz in Köln, maßgeb­lich als Mit­glied des Ar­beits­krei­ses Außen­steu­er­recht des IDW mit­ge­wirkt. Auf 14 Sei­ten begrüßt der IDW in vie­len Tei­len den In­halt des Ent­wurfs, for­dert aber zahl­rei­che wei­tere Ände­run­gen, um die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben für die Pra­xis hand­hab­bar zu ma­chen. Was die Knack­punkte da­bei sind, darüber spre­chen wir mit Dr. Se­bas­tian Hölscher.

Um welche zusätzlichen Vorgaben bei grenzüberschreitenden Finanzierungen in der Unternehmensgruppe geht es denn konkret in den Regelungen des § 1 Abs. 3d und 3e AStG?

Be­reits bis­lang ist Vor­aus­set­zung für die steu­er­li­che An­er­ken­nung der Ab­zugsfähig­keit von Zin­sen aus grenzüber­schrei­ten­den Fi­nan­zie­rungs­be­zie­hun­gen in­ner­halb ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe, dass diese fremdüblich ver­ein­bart wer­den. Nun wur­den hierzu im Al­lein­gang des deut­schen Ge­setz­ge­bers zusätz­li­che Re­ge­lun­gen ge­schaf­fen, die zu­min­dest bei In­bound-Fi­nan­zie­run­gen zu berück­sich­ti­gen sind, um dar­aus re­sul­tie­rende Auf­wen­dun­gen auch tatsäch­lich als Be­triebs­aus­ga­ben steu­er­lich gel­tend ma­chen zu können.

Es muss nun glaub­haft ge­macht wer­den, dass

  • der Ka­pi­tal­dienst zum Zeit­punkt der Ver­ein­ba­rung der Fi­nan­zie­rung für de­ren ge­samte Lauf­zeit er­bracht wer­den kann,
  • die Fi­nan­zie­rung wirt­schaft­lich benötigt und
  • für den Un­ter­neh­mens­zweck ver­wen­det wird.

Zu­dem soll das Grup­pen­ra­ting und nicht das auf das ein­zelne Un­ter­neh­men be­zo­gene Ra­ting grundsätz­lich als Ba­sis für die Er­mitt­lung ei­nes an­ge­mes­se­nen Zins­sat­zes her­an­zu­zie­hen sein. Wei­tere Vor­ga­ben be­tref­fen insb. Cash­poo­ling-Struk­tu­ren, de­ren Dienst­leis­tun­gen ggf. als funk­ti­ons- und ri­si­ko­arm ein­zu­stu­fen sein sol­len, was re­gelmäßig mit einem ge­rin­ge­ren steu­er­lich an­zu­er­ken­nen­den Fremd­ver­gleich­spreis ein­her­geht.

Die Regelungen gelten seit 2024. Was ist aber z. B. mit Darlehen innerhalb der Unternehmensgruppe, die vor dem 01.01.2024 vereinbart wurden? Muss hier nun dokumentiert werden, dass zu Zeiten des Vertragsabschlusses die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt wurden?

Hier po­si­tio­niert sich das BMF recht deut­lich. So sol­len Fi­nan­zie­rungs­be­zie­hun­gen nicht er­fasst wer­den, die vor dem 01.01.2024 zi­vil­recht­lich ver­ein­bart und mit de­ren Durchführung auch be­reits vor 2024 be­gon­nen wurde. Bei Dau­er­schuld­verhält­nis­sen, und das hätten wir ja bei einem Dar­le­hen, sol­len die Re­ge­lun­gen al­ler­dings zu be­ach­ten sein, wenn diese nach dem 31.12.2023 we­sent­lich geändert oder über den 31.12.2024 fort­geführt wer­den.

So­mit ist auch bei Alt­dar­le­hen, die über den Jah­res­wech­sel hin­weg un­verändert fort­lau­fen, eine Prüfung der Vor­aus­set­zun­gen vor­zu­neh­men. Liegt der Ver­trags­ab­schluss aber viele Jahre zurück, dürfte das kaum möglich sein. Auch der Fi­nanz­mit­tel­be­darf und die Fi­nanz­mit­tel­ver­wen­dung sind be­reits re­gelmäßig durch das kon­krete Tun in der Ver­gan­gen­heit längst be­legt. Pra­xis­ge­recht wäre da­mit, Alt­dar­le­hen, de­ren Kon­di­tio­nen nicht we­sent­lich verändert wer­den, kom­plett aus dem zeit­li­chen An­wen­dungs­be­reich zu neh­men.

Wenn nun eine Finanzierung von den neuen Regelungen erfasst wird, wie sind dann die vorgenannten Voraussetzungen glaubhaft zu machen? Reicht da eine kurze Einschätzung, ein Aktenvermerk oder sollten Unternehmen mehr vorhalten?

Aus den Ausführun­gen des BMF lässt sich schluss­fol­gern, dass das BMF hier doch eher von Auf­zeich­nungs­pflich­ten als nur von einem kurzen in­ter­nen Ver­merk aus­geht. Es sollte des­halb schon do­ku­men­tiert wer­den, dass die Fi­nan­zie­rung er­for­der­lich ist und für das Un­ter­neh­men ver­wen­det wird. Auch die Ka­pi­tal­dienstfähig­keit sollte do­ku­men­tiert wer­den, wo­bei sich hier das BMF re­la­tiv of­fen zeigt. So soll die Ka­pi­tal­dienstfähig­keit z. B. auch vor­lie­gen, wenn die Rück­zah­lung nur bei Veräußerung des durch die Fi­nan­zie­rung er­wor­be­nen Wirt­schafts­guts möglich ist. Auch eine An­schluss­fi­nan­zie­rung ist nicht aus­ge­schlos­sen.

Aber auch hier be­steht noch Klärungs­be­darf, denn bis­lang äußert sich das BMF nicht dazu, auf wel­chen Zeit­punkt die Kri­te­rien zu prüfen sind. Mein Pe­ti­tum: Die Glaub­haft­ma­chung darf sich nur auf den Zeit­punkt der Begründung der Fi­nan­zie­rung be­zie­hen. Wird die Fi­nan­zie­rung z. B. zu glei­chen Kon­di­tio­nen verlängert, darf nicht noch­mals die­ser Do­ku­men­ta­ti­ons­be­darf ent­ste­hen.

Meist ist ja bei Finanzierungen der vereinbarte Zinssatz Anlass für Diskussionen zwischen Unternehmen und der Finanzverwaltung, etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung. Wird hier nun mit dem Abstellen auf das Gruppenrating ein Umdenken bei der Ermittlung eines steuerlich anzuerkennenden Zinssatzes erforderlich?

Bis­lang war in der Tat ba­sie­rend auf der BFH-Recht­spre­chung in der Re­gel ein sog. Stand-Alone-Ra­ting vor­zu­neh­men. Nun sieht die ge­setz­li­che Re­ge­lung den Vor­rang des Grup­pen­ra­tings vor, das nur im Falle des Nach­wei­ses, dass ein aus dem Grup­pen­ra­ting ab­ge­lei­te­tes Ra­ting dem Fremd­ver­gleichs­grund­satz ent­spricht, ab­gelöst wird.

Hier ist eine Pas­sage des Ent­wurfs aus dem BMF ir­ri­tie­rend. Statt dem Grup­pen­ra­ting soll da­nach das Stand-Alone-Ra­ting her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn die Bo­nität des Dar­le­hens­neh­mers bes­ser ist als die der Gruppe - also ein kla­rer Wi­der­spruch zum Ge­set­zes­wort­laut. Zwar wird das in der Pra­xis eher von ge­rin­ger Re­le­vanz sein, da kein Un­ter­neh­men be­le­gen wird, eine bes­sere Bo­nität zu ha­ben als die Gruppe, so dass ein ent­spre­chend ge­rin­ge­rer Zins­satz fremdüblich wäre. Es zeigt aber, dass die Ausführun­gen des BMF noch­mals über­dacht wer­den und möglichst ver­ein­fa­chend wir­ken soll­ten.

Lässt sich damit zusammenfassend sagen, das BMF hat schon an einigen Punkten eine Klärung herbeigeführt, sollte aber noch an weiteren Stellen nachbessern?

Der Fra­gen­ka­ta­log, der sich nach dem ge­setz­ge­be­ri­schen Be­schluss, die Re­ge­lun­gen in § 1 Abs. 3d und 3e AStG ein­zuführen, er­ge­ben hat, wur­den zum Teil durch das BMF be­reits geklärt - das ist die er­freu­li­che Seite. Es bleibt aber zu hof­fen, dass das BMF auf die um­fang­rei­chen Ein­ga­ben, u. a. auch des Ar­beits­krei­ses Außen­steu­er­recht des IDW, ein­geht und noch wei­ter nach­schärft. An­dern­falls wird Deutsch­land als Wirt­schafts­stand­ort für grenzüber­schrei­tende Un­ter­neh­mens­grup­pen aber­mals an At­trak­ti­vität ver­lie­ren. Denn letzt­lich muss man fest­stel­len, dass wir uns hier in einem durch die OECD-Vor­ga­ben in­ter­na­tio­nal re­la­tiv ab­ge­stimm­ten Re­ge­lungs­be­reich be­we­gen - und das zu Recht. Fremd­ver­gleichs­re­ge­lun­gen uni­la­te­ral zu ver­schärfen, geht re­gelmäßig zu Las­ten der Un­ter­neh­men. Denn Kor­rek­tu­ren in Deutsch­land führen nicht ohne wei­te­res zu ge­genläufi­gen Kor­rek­tu­ren in den an­de­ren in­vol­vier­ten Staa­ten, so dass im Er­geb­nis eine Dop­pel­be­steue­rung droht. Da­ne­ben stel­len sich zahl­rei­che Son­der­fra­gen, etwa ob eine Ge­winn­kor­rek­tur auf­grund der An­wen­dung des § 1 Abs. 3d AStG ab­kom­mens­recht­lich und eu­ro­pa­recht­lich halt­bar ist. Ich habe dies­bezüglich er­heb­li­che Be­den­ken.

Sebastian, vielen Dank für diese Einblicke und Erläuterungen!

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