Der Sachverhalt:
Die Klägerin befasst sich mit der überörtlichen Wassergewinnung, der Wasserbeschaffung, dem Transport von Wasser und der Wasseraufbereitung. Sie hatte 2003 mit der Rechtsvorgängerin (GmbH) einen Betriebsführungsvertrag abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 1 des Vertrags hatte die Klägerin der GmbH die verantwortliche kaufmännische Betriebsführung im Namen und für Rechnung der Klägerin übertragen. Diese musste infolgedessen die vorgegebene Wasserbereitstellung sicherstellen. Sie sollte zudem gegenüber der Klägerin, ihren Bediensteten oder Beauftragten für Schäden aus der Betriebsführung haften.
Nach § 6 des Vertrags konnte die Klägerin über alle im Rahmen des Betriebsführungsvertrags liegenden Angelegenheiten, die nicht durch gesetzliche oder behördliche Vorschriften oder anderweitige Vertragsbestimmungen geregelt waren, allein entscheiden. Darüber hinaus bedurften nach § 7 des Vertrags außergewöhnliche Geschäfte und Maßnahmen zur Durchführung des Vertrags der Zustimmung der Klägerin.
Die Klägerin beantragte im Februar 2017 beim beklagten Hauptzollamt für das Kalenderjahr 2016 eine Steuerentlastung (Stromsteuer) nach § 9b StromStG für die Verwendung von Strom. Das Hauptzollamt lehnte dies ab, weil die Entnahme des Stroms nach dem mit der GmbH abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag dieser zuzurechnen sei. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Hauptzollamt hat es zu Recht abgelehnt, eine Steuerentlastung gem. § 9b Abs. 1 Satz 1 StromStG festzusetzen.
Nach § 9b Abs. 1 Satz 1 StromStG in der Fassung des Art. 8 Nr. 2 des Gesetzes vom 9.12.2010 wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom gewährt, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen hat und der nicht nach § 9 Abs. 1 StromStG von der Steuer befreit ist. Entlastungsberechtigt in derjenige, der den Strom entnommen hat (§ 9b Abs. 3 StromStG). Erforderlich für eine Entlastungsberechtigung nach § 9b Abs. 3 StromStG ist, dass der verwendete Strom von dem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das den Antrag gestellt hat, selbst zu eigenbetrieblichen Zwecken entnommen wird (BFH-Beschl. v. 21.8.2014, VII R 11/13).
Entscheidend für die stromsteuerrechtliche Einstufung einer Betriebseinrichtung als begünstigtes Unternehmen ist eine rechtlich selbständige Wahrnehmung von Aufgaben, die mit der betriebsbedingten Verwendung von Strom einhergeht (BFH-Urt. v. 26.6.2017, VII R 27/16). Daher scheidet eine Steuerentlastung in den Fällen aus, in denen ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes auf dem eigenen Betriebsgelände einem anderen Unternehmen Strom zur Verfügung stellt, damit Mitarbeiter dieses Unternehmens etwa im Rahmen eines Werkvertrags einen Teil der Produktion übernehmen (BFH-Urt. v. 18.3.2014, VII R 12/13).
Betreibt und unterhält ein anderes Unternehmen als dasjenige, das den Antrag gestellt hat, nach den vertraglichen Absprachen Versorgungsanlagen, hat dieses andere Unternehmen auch den zum Betrieb der Anlagen erforderlichen Strom entnommen und die zum Betrieb der Anlagen erforderlichen Energieerzeugnisse verwendet. Dann ist es nicht denkbar, die Stromentnahme einer anderen Person als dem eigentlichen Anlagenbetreiber zuzurechnen (BFH-Beschl. v. 2.9.2015, VII B 18/15). In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, wie die vertraglichen Beziehungen zwischen dem eigentlichen Betreiber der Anlagen und dem Unternehmen im Einzelnen gestaltet sind, das die Anlagen vereinbarungsgemäß zur Verfügung gestellt hat.
Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht nach § 9b Abs. 3 StromStG entlastungsberechtigt. Denn bei ihr und der GmbH handelte es sich im fraglichen Kalenderjahr 2016 jeweils um kleinste rechtlich selbständige Einheiten i.S.d. § 2 Nr. 4 StromStG. Die GmbH hatte von der Klägerin die technische Betriebsführung übernommen und zum Betrieb der hierfür erforderlichen Anlagen den Strom selbst durch ihre Arbeitnehmer entnommen. Die GmbH hat die Aufgaben rechtlich selbständig wahrgenommen. Sie war als rechtlich selbständiges Unternehmen (§ 13 Abs. 1 GmbhG) nicht in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert. Daran änderte auch das der Klägerin nach § 6 des Betriebsführungsvertrags zustehende Entscheidungsrecht und die sich daraus für sie ergebende Weisungsbefugnis hinsichtlich der Inbetriebnahme des Pumpwerks nichts.
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