Dazu hat das Bundesministerium der Finanzen am 23.10.2018 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften veröffentlicht.
Das auf der Basis der sog. Energiesteuerrichtlinie EU-weit harmonisierte Stromsteuerrecht bietet unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer vollständigen Befreiung von der Stromsteuer, wobei ökologisch und wirtschaftlich vor allem die Steuerbefreiungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Stromsteuergesetz (StromStG) für Strom aus erneuerbaren Energien und des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG für in sog. Kleinanlagen (elektrische Nennleistung bis zu 2 MW) erzeugten Strom bedeutsam sind.
Diese Begünstigungen sind zugleich staatliche Beihilfen i.S. des Art. 107 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die EU-Vorgaben in diesem Bereich haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Auch waren diese Steuerbefreiungen zuletzt im Jahr 2000 Gegenstand der beihilferechtlichen Überprüfung. Laut der Entwurfsbegründung haben die seit Anfang 2017 andauernden Gespräche mit der EU-Kommission ergeben, dass die Anpassung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 sowie Nr. 3 StromStG erforderlich ist, damit die Vorgaben des geltenden EU-Beihilferechts auch weiterhin eingehalten werden können. Zudem hat die EU-Kommission die schnellstmögliche Neugestaltung des § 9 Abs. 1 StromStG verlangt. Auch seien die ursprünglichen Ziele einer Anschubförderung umweltverträglicher Formen der Stromerzeugung längst erreicht worden.
Künftig sollen die Befreiungen des § 9 Abs. 1 StromStG daher eingeschränkt werden und nur noch für Strom gelten, der aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen bzw. mit einer umweltverträglichen Form der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugt wird.
- Die Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG soll sich künftig nur auf Strommengen erstrecken, die in Stromerzeugungsanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 MW aus erneuerbaren Energien erzeugt werden und zum reinen Eigen- bzw. Selbstverbrauch des Betreibers der Stromerzeugungsanlage verwendet werden. Das Erfordernis des Grünstromnetzes entfällt demnach.
Da nur ein „echter Selbstverbrauch“ in den Genuss der Begünstigung fallen soll, ist geplant, dass die Steuerbefreiung entfällt, wenn der Strom in ein Netz für die allgemeine Versorgung mit Strom oder ein geschlossenes Verteilernetz eingespeist wird, einschließlich der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung. Für diese Abgrenzungszwecke werden die Begriffe des Netzes für die allgemeine Versorgung mit Strom sowie des geschlossenen Verteilernetzes stromsteuerrechtlich definiert. Sie sollen sich an der jeweiligen Definition im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) orientieren, ohne jedoch inhaltsgleich zu sein. - Nach dem Entwurf wird sich die Befreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG wie bisher auf sog. kleine Stromerzeugungsanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW erstrecken. Ebenfalls wie bisher muss danach der Strom in räumlichem Zusammenhang zur Anlage entnommen werden, entweder vom Betreiber der Anlage als Eigenerzeuger zum Selbstverbrauch oder wenn der Strom von dem, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird. Befreit sein soll künftig indes nur noch solcher Strom, der aus erneuerbaren Energieträgern oder in sog. hocheffizienten KWK-Anlagen erzeugt wird. Letztere werden als solche ortsfesten Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme verstanden, die die Voraussetzungen nach § 53a Abs. 6 Satz 4 und 5 EnergieStG erfüllen.
Die Einschränkung des § 9 Abs. 1a StromStG-E soll für den „echten Selbstverbrauch“ des in Kleinanlagen erzeugten Stroms (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a StromStG) entsprechend gelten, wenn die Netzdurchleitung des erzeugten Stroms zu den Entnahmestellen des Betreibers der Anlage nicht gestattet ist. Damit der Strom steuerfrei sein kann, müsste daher der für das Versorgungsnetz zuständige Netzbetreiber dem Eigenerzeuger im Netznutzungsvertrag den Transport zur im räumlichen Zusammenhang befindlichen Entnahmestelle gestatten. - Für solche Kleinanlagen, die vom bislang geltenden § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG erfasst sind, die aber nicht unter die der avisierten Neuregelung fallen, weil sie die Beschränkung auf erneuerbare Energieträger bzw. das Hocheffizienzkriterium nicht erfüllen, soll als Auffangtatbestand ein neuer § 9 Abs. 1 Nr. 6 StromStG geschaffen werden. Danach soll Strom (auch weiterhin) steuerfrei sein, sofern es sich um Kleinanlagen handelt und der erzeugte Strom am Ort der Erzeugung verwendet wird. Weiterhin soll hierfür vorausgesetzt sein, dass die Anlage weder mittel- noch unmittelbar an das Netz für die allgemeine Versorgung mit Strom angeschlossen ist, sowie dass für die Stromerzeugung nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse eingesetzt wurden. Unter diese Regelung sollen z.B. tragbare Stromgeneratoren, Notstromaggregate etc. fallen, in denen üblicherweise versteuerte Energieerzeugnisse zur Stromerzeugung eingesetzt werden.
Um die Steuerbefreiungen u.a. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StromStG in Anspruch nehmen zu können, soll künftig eine Erlaubnis erforderlich sein.
Der Entwurf regelt überdies u.a. den Datenaustausch zwischen den Hauptzollämtern und den Akteuren der Energieversorgung. Relevante Erkenntnisse, einschließlich personenbezogener Daten, die in einem Steuerverfahren bekannt geworden sind, sollen von den Hauptzollämtern an die Übertragungsnetzbetreiber, die Bundesnetzagentur und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) weitergegeben werden dürfen, sofern diese Stellen die Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben aus dem EEG oder Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz benötigen. Dies soll z.B. die fehlende Abführung der EEG-Umlage betreffen.
Zudem sind weitere Änderungen des EnergieStG vorgesehen, vor allem eine Anpassung der Nachweisführung für den Versandhandel mit Energieerzeugnissen an europarechtliche Vorgaben (§ 46 Abs. 2 EnergieStG). Auch soll im Falle geringfügiger Verfahrensabweichungen bei der Durchführung von Steueraussetzungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen die Energiesteuer entlastet oder erstattet werden können bzw. von vorneherein nicht entstehen (§ 8 Abs. 7 bzw. § 14 Abs. 2 EnergieStG).
Nicht zuletzt enthält der Entwurf auch Änderungen der Stromsteuer-Durchführungsverordnung, der Energiesteuer-Durchführungsverordnung und der sog. Transparenzverordnung (EnSTransV). U.a. sollen die Anzeige- und Erklärungspflichten nach EnSTransV nur noch bestehen, wenn die betroffene Steuerbegünstigung ein Aufkommen von mindestens EUR 200.000 hat; bislang konnte bei einem Volumen von bis zu EUR 150.000 eine Befreiung von den Pflichten beantragt werden. Auch wird der Grundsatz des elektronischen Verfahrens festgeschrieben.
Hinweis
Die Änderungen des EnergieStG sollen rückwirkend zum 1.4.2011 in Kraft treten, die übrigen Änderungen am ersten Tag des Monats, der auf den Tag folgt, an dem die jeweils erforderlichen beihilferechtlichen Anzeigen bei der EU-Kommission erfolgt sind, frühestens am 1.7.2019.