- Kreditfinanzierung erfolgt trotz niedriger Zinsen häufig nur kurzfristig
- Vorbehalte bestehen gegenüber Private Equity
- Neue Studie Finanzierung im Mittelstand von Ebner Stolz und whf AG
Zinsgeschenk wird nur teilweise genutzt
Kapital erhält der Mittelstand derzeit ohne Schwierigkeiten. 68 Prozent der Befragten geben an, dass sich die Finanzierungskonditionen für sie in den vergangenen zwei Jahren verbessert haben. Für die Zukunft geht rund die Hälfte der Befragten davon aus, dass die Zinsen weiterhin niedrig bleiben. 17 Prozent meinten sogar, dass die Zinsen noch weiter sinken könnten. „Aus Sicht der Unternehmer besteht wenig Handlungsdruck“, räumt Prof. Dr. Hendrik Wolff, Vorstand bei whf, ein: „Das Zinsgeschenk der EZB wird vom Mittelstand in Deutschland nur teilweise genutzt. Das überrascht, da sich die Rentabilität von Investitionen deutlich verbessert.“
Dabei hat der Mittelstand durchaus Sorgen. 87 Prozent der Befragten sehen in der Wettbewerbssituation ein starkes Hindernis für weiteres Wachstum, gefolgt von einem Mangel an qualifiziertem Personal (71 Prozent) und stagnierenden Märkten (67 Prozent). Die Unternehmen könnten die komfortable Finanzierungssituation nutzen, um diese Hindernisse zu überwinden - etwa durch gezielte Akquisitionen oder forciertes organisches Wachstum.
Kurzfristige Kredite von der Hausbank
Das scheint die Unternehmen derzeit jedoch nicht zu locken. Nur 41 Prozent der Unternehmer geben einen erhöhten Kapitalbedarf an. Gewinne bleiben im Unternehmen und werden thesauriert. Auf diese Weise und mit Hilfe von Gesellschafter-Einlagen konnte der Mittelstand in den vergangenen zwei Jahren seine Eigenkapitalposition weiter ausbauen. Finanziert wird überwiegend kurzfristig mit Laufzeiten von unter fünf Jahren.
Erhebliche Vorbehalte gegen Private Equity
Langfristige Investitionen aufgrund unternehmerisch grundlegender Entscheidungen wie etwa Akquisitionen oder auch eine Regelung der Unternehmer-Nachfolge erfordern andere Finanzierungsmethoden. Hier bieten sich Eigenkapital-Investoren an. Private Equity ist im Mittelstand aber nicht gerne gesehen, so die Studie. Nur 16 Prozent der Befragten schätzen solche Investoren positiv ein, 32 Prozent dagegen gaben negative Bewertungen ab. So werden insbesondere Renditedruck (77 Prozent der Befragten), kurzfristige Ergebnisoptimierung (68 Prozent) und die Gefahr einer Zerschlagung des Unternehmens (53 Prozent) befürchtet. Die Studie zeigt aber auch, dass es sich hier oft um Vorurteile handelt. „Es ist spannend, dass eine überwiegende Mehrheit das Thema Private Equity ablehnt, während diejenigen Unternehmen, die bereits Erfahrung damit gesammelt haben, eine positivere Bilanz ziehen“, sagt Michael Euchner, Partner der Ebner Stolz Management Consultants.
Banken vor Investoren
Der Mittelstand hat weiterhin ein hohes Vertrauen in die Hausbanken: Klassische Bank- und Förderdarlehen stellen mit 76 Prozent immer noch den hauptsächlichen Finanzierungskanal der Befragten dar. Andere Finanzierungsformen – wie Anleihen (4 Prozent) sowie Genussrechte oder stille Beteiligungen (11 Prozent) – spielen derzeit keine wesentliche Rolle bei der Mittelstandsfinanzierung.
Wenig Wissen über Finanzierungsalternativen
Generell bleibt der Informationsstand der Geschäftsführer über andere Finanzierungsformen niedrig. Wichtige Kriterien für den Mittelstand bei der Wahl der Finanzierung sind Verlässlichkeit (sehr wichtig: 65 Prozent), Unabhängigkeit von Kapitalgebern (45 Prozent) und die Kapitalkosten (37 Prozent). Die hohe Gewichtung dieser Kriterien geht im Mittelstand einher mit einer überwiegend skeptischen Einschätzung des Kapitalmarkts als Finanzierungsquelle, zeigt die Studie.