Im Streitfall ungarisches Recht betreffend gewährte der Arbeitgeber einem Lokführer eine wöchentliche Mindestruhezeit von 42 Stunden. Diese lag deutlich höher als die nach der Arbeitszeitrichtlinie vorgegebenen 24 Stunden. Allerdings gewährte der Arbeitgeber keine tägliche Ruhezeit, wenn er dem Arbeitnehmer die wöchentliche Ruhezeit oder Urlaub gewährte. Damit handelte der Arbeitgeber so, als sei die tägliche Ruhezeit Teil der wöchentlichen Ruhezeit.
Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 02.03.2023 (Rs. C-477/21, NZA 2023, S. 349) klar, dass die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist, sondern zu dieser hinzukommt, auch wenn sie dieser unmittelbar vorausgeht. Er begründet dies damit, dass mit beiden Ruhezeiten unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Über die tägliche Ruhezeit könne sich der Arbeitnehmer nach einer Arbeitsperiode aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen. Über die wöchentliche Ruhezeit könne er sich ausruhen.
Hinweis: Laut EuGH würde der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit ausgehöhlt, wenn sie bei der Inanspruchnahme der wöchentlichen Arbeitszeit wegfällt. Dies ergebe sich aus der Art. 5 der Arbeitszeitrichtlinie, wonach jedem Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Art. 3 der Richtlinie zu gewähren ist. Hieran ändere sich dadurch nichts, dass der Lokführer von seinem Arbeitgeber sogar eine längere Ruhezeit bekommt als nach der Richtlinie vorgegeben. Denn eine günstigere Regelung könne dem Arbeitnehmer nicht andere Rechte nehmen, insbesondere nicht das Recht auf tägliche Ruhezeit. Daher müsse die tägliche Ruhezeit unabhängig von der Dauer der in der anwendbaren nationalen Regelung vorgesehenen wöchentlichen Ruhezeit gewährt werden.