deen

Unternehmen

Tax Compliance Management nach der Apfelkuchen-Methode

Im Rah­men ei­nes um­satz­steu­er­li­chen Tax Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems spielt Zuhören große Rolle. Wie es zu der le­gendären sog. Ap­fel­ku­chen-Me­thode kam, wie da­durch die fachüberg­rei­fende Kom­mu­ni­ka­tion gefördert und Tax Com­pli­ance im Un­ter­neh­men um­ge­setzt wird, darüber spre­chen wir mit Herrn Knut Chris­ti­ans, Lei­ter der Steu­er­ab­tei­lung der Wie­land-Werke AG, Prof. Dr. Tho­mas Zinser, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz in München, so­wie Ro­bert Ba­ckes, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz in Köln.

Die Wie­land-Gruppe ist der glo­bal führende Spe­zia­list für Kup­fer und Kup­fer­le­gie­run­gen. Für die ge­genwärti­gen glo­ba­len Her­aus­for­de­run­gen wie Kli­ma­wan­del, Di­gi­ta­li­sie­rung und Res­sour­cen­scho­nung, ge­stal­tet die Un­ter­neh­mens­gruppe mit ih­ren Pro­duk­ten, Dienst­leis­tun­gen und Tech­no­lo­gien nach­hal­tige und in­no­va­tive Lösun­gen - und ist welt­weit ver­netzt. Das Ge­schäfts­ge­heim­nis: Zuhören - um den Ge­schäfts­part­nern ge­nau das zu bie­ten, was ih­ren An­for­de­run­gen ent­spricht. Ge­mein­sam mit ih­nen ent­wi­ckeln sie für Zu­kunfts­fel­der wie E-Mo­bi­lität, En­er­gie- und Da­tenüber­tra­gung so­wie Kälte- und Kli­ma­tech­nik die rich­ti­gen Kom­po­nen­ten für de­ren Bedürf­nisse. Zu­gehört wird aber nicht nur den Ge­schäfts­part­nern. Auch im Rah­men des um­satz­steu­er­li­chen Tax Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems (Tax CMS) spielt das eine große Rolle. Wie es zu der le­gendären sog. Ap­fel­ku­chen-Me­thode kam, wie da­durch die fachüberg­rei­fende Kom­mu­ni­ka­tion gefördert und Tax Com­pli­ance im Un­ter­neh­men um­ge­setzt wird, darüber spre­chen wir mit Herrn Knut Chris­ti­ans, Lei­ter der Steu­er­ab­tei­lung der Wie­land-Werke AG, Prof. Dr. Tho­mas Zinser, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz in München, so­wie Ro­bert Ba­ckes, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz in Köln.

© Knut Christians, Wieland-Werke AG

Es führt kein Weg daran vorbei: im Rahmen eines funktionierenden innerbetrieblichen Kontrollsystems sind Tax Compliance Management Systeme unerlässlich. Dennoch schrecken viele Unternehmen davor zurück, weil sie den großen Aufwand fürchten. Wie haben Sie sich dieser Thematik genähert, Herr Christians?

Knut Chris­ti­ans: Die Wie­land-Werke AG hat 2017 eine In­house-Steu­er­ab­tei­lung auf­ge­baut. Wir als Steu­er­ab­tei­lung ha­ben uns dann un­mit­tel­bar, nach­dem die Kern­mann­schaft stand, mit der grundsätz­li­chen Aus­rich­tung und dem Thema Tax Com­pli­ance als primärem Ziel be­schäftigt. Um ne­ben dem Ta­ges­ge­schäft dem Thema Com­pli­ance die an­ge­mes­sene Prio­rität zu­kom­men zu las­sen, ha­ben wir Mei­len­steine de­fi­niert und dem Top-Ma­nage­ment einen Fahr­plan präsen­tiert. Die of­fene Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tur und eine ziel­ge­rich­tete Ar­beits­weise, bei der alle be­ste­hen­den und nicht be­ste­hen­den Pro­zesse er­fasst und do­ku­men­tiert wur­den, ha­ben uns ver­ge­genwärtigt, wo wir an­set­zen müssen. Der Schwer­punkt lag insb. auf dem Er­fas­sen der un­ter­neh­mens- und bran­chen­ty­pi­schen Ri­si­ken. Das Kern­team für die Vor­be­rei­tung im Be­reich Um­satz­steuer be­stand aus drei Mit­ar­bei­tern, in­klu­sive mei­ner Per­son. Zunächst wurde in­tern dis­ku­tiert, wie die bestmögli­che Lösung aus­sieht, die Rei­bungs­ver­luste oder Schnitt­stel­len-The­men gar nicht erst auf­kom­men lässt. So sind wir mit ei­ner schlagkräfti­gen Ein­heit ge­star­tet. Die Un­terstützung des Ma­nage­ments ist her­vor­zu­he­ben. Un­ser An­satz hat Com­pli­ance nie in Wi­der­spruch zu Ef­fi­zi­enz und Ef­fek­ti­vität ge­stellt, im Ge­gen­teil. Den Hype um Big Data Ana­ly­sis und die Tat­sa­che, dass die Mit­ar­bei­ter in der steu­er­li­chen Be­ra­tung IT-Spe­zi­al­kennt­nisse be­sit­zen oder sich er­ar­bei­ten soll­ten, ha­ben wir als Be­schleu­ni­ger ge­nutzt. Der Auf­wand war de­fi­ni­tiv groß, aber der dar­aus re­sul­tie­rende Nut­zen ist enorm.

Warum sollte man sich ausgerechnet in der Umsatzsteuer mit Tax Compliance beschäftigen, Herr Prof. Zinser?

Prof. Dr. Tho­mas Zinser: Die Um­satz­steuer ist für ein Tax Com­pli­ance Sys­tem ge­ra­dezu präde­sti­niert. Das um­satz­steu­er­li­che „Mas­sen­ver­fah­ren“ - also ty­pi­scher­weise hohe Trans­ak­ti­ons­vo­lu­mina - führt dazu, dass z. B. un­zu­tref­fend be­ur­teilte und erklärte Umsätze sehr schnell einen er­heb­li­chen Be­rich­ti­gungs­be­darf her­vor­ru­fen. Da­mit ein­her ge­hen hohe Ri­si­ken für das Un­ter­neh­men durch steu­er­li­che Mehr­be­las­tun­gen, wie Steu­er­nach­zah­lun­gen, die nach wie vor 6 % p. a. be­tra­gen­den Nach­zah­lungs­zin­sen oder Säum­nis- und Verspätungs­zu­schläge. Zu­dem ist die Um­satz­steuer mitt­ler­weile eine enorm kom­plexe und feh­ler­anfällige Ma­te­rie ge­wor­den, so dass diese re­gelmäßig das größte Steu­er­ri­siko für Un­ter­neh­men dar­stellt. Ri­si­ko­stei­gernd kommt hinzu, dass auch häufig steu­er­re­le­vante Ent­schei­dun­gen von einem eher fach­frem­den Per­so­nen­kreis (etwa aus dem Ein­kauf oder dem Ver­trieb) ge­trof­fen wer­den.

Mit einem an­ge­mes­sen aus­ge­stal­te­ten und auch tatsäch­lich ge­leb­ten Tax Com­pli­ance Sys­tem wer­den nun Struk­tu­ren ge­schaf­fen, die dazu bei­tra­gen, die Erfüllung der steu­er­recht­li­chen Pflich­ten si­cher­zu­stel­len - und auch dem straf­recht­li­chen Da­mo­kles­schwert vor­beu­gen. Ober­ste Prio­rität ha­ben da­bei vor al­lem die Iden­ti­fi­ka­tion steu­er­li­cher Ri­si­ken und der da­mit kor­re­spon­die­rende Aus­schluss von Feh­ler­quel­len, wie etwa der feh­len­den Wei­ter­gabe steu­er­lich re­le­van­ter In­for­ma­tio­nen. Insb. im Be­reich der Um­satz­steuer bie­tet ein der­ar­ti­ges Sys­tem aber noch viel mehr: Durch die Überprüfung der Abläufe in der Steu­er­ab­tei­lung und in je­nen Fach­be­rei­chen, die (steu­er­li­che) Da­ten auf­be­rei­ten, las­sen sich Op­ti­mie­rungs­po­ten­ziale er­ken­nen und die Ef­fi­zi­enz ver­bes­sern.

Bei einem Tax CMS geht es in erster Linie darum, Prozesse im Unternehmen zu implementieren, um Fehler von Anfang an zu vermeiden. Wie geht man hier idealerweise vor, Herr Backes?

Ro­bert Ba­ckes: Die wich­tigste Grund­re­gel ist, den Um­fang der Im­ple­men­tie­rung be­herrsch­bar zu hal­ten. Im­mer­hin geht es darum, sämt­li­che steu­er­li­chen Pro­zesse im Un­ter­neh­men auf­zu­neh­men, auf den Prüfstand zu stel­len, Ri­si­ken zu er­ken­nen und die Pro­zesse oft­mals durch Stan­dar­di­sie­rung oder Au­to­ma­ti­sie­rung zu ver­bes­sern. Die Pro­zesse so­wie die da­zu­gehöri­gen Maßnah­men und Kon­trol­len sind zu do­ku­men­tie­ren und re­gelmäßig zu über­wa­chen. Außer­dem müssen die be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter mit­ge­nom­men und auf neuen Pro­zes­sen ge­schult wer­den. Dies al­les kommt Un­ter­neh­men häufig als unüber­wind­bare Hürde vor, und zwar insb. des­halb, weil die Im­ple­men­tie­rung des Tax CMS meist ne­ben dem Ta­ges­ge­schäft er­fol­gen soll. Da­her kommt der rich­ti­gen Pla­nung bei der Im­ple­men­tie­rung ent­schei­dende Be­deu­tung zu. Insb., so­fern kein ex­ter­ner Be­ra­ter mit der Im­ple­men­tie­rung be­auf­tragt ist, sollte im­mer ein steu­er­li­cher Pro­zess nach dem an­de­ren an­ge­gan­gen wer­den. Star­tet man mit einem über­schau­ba­ren Pro­zess, wie z. B. der oft schon stan­dar­di­sier­ten Ein­gangs­rech­nungs­be­ar­bei­tung, kann man schnelle Er­folge ver­bu­chen. Das wirkt mo­ti­vie­rend. Die Be­ar­bei­tung des nächs­ten Pro­zes­ses fällt so­fort viel leich­ter und das Tax CMS nimmt schnell Ge­stalt an. Um dies zu un­terstützen, ent­wi­ckeln wir Tools und Ar­beits­hil­fen, ar­bei­ten mit Soft­ware­an­bie­tern zu­sam­men und bie­ten Work­shops an, um den Um­gang da­mit zu ler­nen. Zusätz­lich ist eine zen­trale Pro­jekt­ko­or­di­na­tion er­for­der­lich, um den Über­blick zu be­hal­ten und si­cher­zu­stel­len, dass ge­setzte Fris­ten ein­ge­hal­ten wer­den.

Und wie setzt man so ein Tax CMS dann operativ im Unternehmen am besten um, Herr Christians?

Knut Chris­ti­ans: Wir wur­den bei der Um­set­zung von drei Zie­len ge­lei­tet: wir brau­chen den vollständi­gen Über­blick über alle Pro­zesse und müssen da­bei ver­ste­hen, was au­to­ma­ti­siert abläuft und was noch ma­nu­ell ein­fließt. Da­ne­ben woll­ten wir in kürzes­ter Zeit eine Grup­pie­rung al­ler exis­tie­ren­den Fall­ty­pen ha­ben, um aus ei­ner Er­war­tungs­hal­tung of­fen­sicht­li­che Un­ge­reimt­hei­ten so­fort er­ken­nen zu können. Da­bei woll­ten wir alle we­sent­li­chen und un­we­sent­li­chen Be­einträch­ti­gun­gen mit einem Blick er­fas­sen. Die Ideen des IDW PS980 und IDW PH 1/2016 ha­ben wir in ver­dau­li­che Stück­chen zer­legt und das Verständ­nis sol­cher The­men trai­niert. Uns war schnell klar, dass wir eine ge­eig­nete Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie brau­chen, da­mit das Thema an At­trak­ti­vität ge­winnt. Klare per­so­na­li­sierte Hand­lungs­an­wei­sun­gen sind der Schlüssel. Nicht je­der Mit­ar­bei­ter möchte den ge­sam­ten UStAE le­sen. Es gibt so viele Stich­worte im Er­lass, die ver­deut­li­chen, was man al­les re­geln kann. In un­se­ren selbst ge­hal­te­nen Um­satz­steu­er­schu­lun­gen dürfen die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen je­weils ein Wort sa­gen, dass ih­nen ein­fach so in den Sinn kommt – wir konn­ten uns si­cher sein, dass das Stich­wort in den 758 Sei­ten (Stand 2020) ir­gendwo ent­hal­ten ist.

Herr Christians, das bei Wieland implementierte Tax CMS für die Umsatzsteuer setzt sehr stark auf Digitalisierung und Automatisierung. Wie funktioniert dieses Tax CMS und was waren die Herausforderungen bei der Einführung?

Knut Chris­ti­ans: Wir ha­ben nach ei­ner 360° Ri­si­ko­in­ven­tur sys­te­ma­ti­sch alle Da­ten aus un­se­rem ERP Sys­tem aus­ge­le­sen und aus­ge­wer­tet. Der IT-af­fine Mit­ar­bei­ter aus der Steu­er­ab­tei­lung ist quasi der neue Mus­te­rath­let. Mit der Macht über die Da­ten kann man dann ein Com­pli­ance Sys­tem aus­rol­len. Die au­to­ma­ti­sierte Steu­er­fin­dung in SAP ist das Herzstück un­se­res Sys­tems, da ein­fa­che, klar nach­voll­zieh­bare Al­go­rith­men nie­der­ge­legt und ver­stan­den wer­den müssen. Dank ex­zel­len­ter Ver­net­zung mit der IT-Ab­tei­lung hat­ten wir hier schnell den er­for­der­li­chen Über­blick. Al­les was di­gi­ta­li­siert wer­den kann, wurde gleich um­ge­setzt oder so­fort auf die War­te­liste ge­nom­men. Der Rest ging frei nach dem Motto: just do it oder „Schaffa isch a Gschäft“, wie man im Schwa­ben­land sagt. Zur nach­weis­ba­ren Überprüfung ha­ben wir dann mit­hilfe sta­tis­ti­scher Me­tho­den – in An­leh­nung an das MUS (mo­ne­tary unit sam­pling) Ver­fah­ren – un­ser Kon­troll­sys­tem ein­ge­rich­tet. 

Nun müssen Sie uns aber schon noch berichten, was sich hinter der Apfelkuchen-Methode verbirgt.

Knut Chris­ti­ans: Der Be­reich Um­satz­steuer er­streckt sich über un­glaub­lich viele Stel­len im Un­ter­neh­men, von de­nen die Mit­ar­bei­ter den Be­zug zur Steuer teil­weise noch nicht wahr­neh­men. Da­her ist ein Ice­brea­ker und we­sent­li­cher Bau­stein un­se­rer Stra­te­gie die Ap­fel­ku­chen-Me­thode: Bei schwie­ri­gen oder über­bor­den­den The­men schafft ein selbst­ge­ba­cke­ner Ap­fel­ku­chen so gut wie im­mer die rich­tige Ge­sprächs­at­mo­sphäre. Ei­gens dafür fri­sch ge­schla­gene Sahne un­ter­streicht das ge­mein­same Ziel und macht die Um­satz­steuer ku­li­na­ri­sch er­leb­bar. Kurz: man kon­zen­triert sich auf den Ge­nuss und kann beiläufig ge­wich­tige The­men lösen. Bei gu­ter Vor­ar­beit backt die Steu­er­ab­tei­lung, und wenn ein Aus­kunfts­su­chen­der vor­ran­gige Be­ar­bei­tung ha­ben will, geht das auch nur ge­gen harte Währung: Ap­fel­ku­chen. Ei­nige Kol­le­gen ken­nen die Vor­lie­ben der Steu­er­ab­tei­lung be­reits so gut und top­pen das Gebäck mit geröste­ten Man­deln und Mar­zi­pan-Be­lag …naja, was soll ich sa­gen: da ist schnelle Be­ar­bei­tung ga­ran­tiert. Das Kaf­feekränz­chen versüßt den All­tag und ver­bin­det Schwie­ri­ges mit An­ge­neh­men.

Es dürfte doch schwierig sein, im Elfenbeinturm der Steuerabteilung die Arbeitsweisen in den operativen Abteilungen, etwa im Einkauf oder im Vertrieb, zu verstehen. Umgekehrt ist es für diese Abteilungen schwierig, mit der Schnelllebigkeit des Steuerrechts Schritt zu halten. Gibt es hierfür ein Patentrezept, Herr Christians?

Knut Chris­ti­ans: Ich denke, das Pa­tent­re­zept ist wie bei ei­ner gu­ten Speise. Man muss schon beim An­schauen Ap­pe­tit be­kom­men und da­bei wer­den ver­schie­dene Sinne an­ge­spro­chen. Bei uns ist es nicht an­ders wie in an­de­ren Häusern: Wenn ein Mit­ar­bei­ter der Steu­er­ab­tei­lung einen Mit­ar­bei­ter aus dem Ein­kauf oder Ver­trieb an­spricht, schwingt beim Empfänger erst­mal grundsätz­lich Un­be­ha­gen mit, weil er ja gar nicht weiß, was ihn er­war­tet. Dem sind wir zu­vor­ge­kom­men, in­dem meine Mit­ar­bei­ter sich un­ge­zwun­gen zum nor­ma­len Aus­tausch und auch zum Small Talk mit einem Kaf­fee oder Es­presso im Hause be­wegt ha­ben. Wir ha­ben alle An­fra­gen ge­nutzt, um die Kol­le­gen ken­nen­zu­ler­nen und die Sicht der Dinge aus ei­ner an­de­ren Per­spek­tive zu er­fah­ren. Da­bei ist die wirk­same Kom­mu­ni­ka­tion das A und O. Das macht den Be­tei­lig­ten die Kom­ple­xität klar und führt zu ei­ner Wert­schätzung, wenn man Ar­beits­hil­fen, Richt­li­nien und Check­lis­ten in ge­nau auf den Empfänger zu­ge­schnit­te­nen Por­tio­nen ver­teilt. Kurz: Man muss den El­fen­bein­turm ver­las­sen, um die ei­gent­li­che Funk­tion des Wis­sens­trans­fers über­neh­men zu können. Es gibt also hier auch ein paar Tricks und Kniffe. Ober­ste Ma­xime ist da­bei, dass es kei­nes­falls lang­wei­lig wer­den darf.

Herr Backes, Sie haben das Tax CMS für die Umsatzsteuer bei Wieland zertifiziert. Gab es Ansätze, die Sie in Ihre praktische Arbeit bei der Implementierung von Tax CMS übernehmen? Wo bestand Verbesserungspotenzial?

Ro­bert Ba­ckes: Es ist im­mer wie­der be­rei­chernd, neue Ansätze im Rah­men von Tax CMS zu ent­de­cken, die man nicht sel­ber mit­ent­wi­ckelt hat. Das, was die Steu­er­ab­tei­lung bei Wie­land mit der Im­ple­men­tie­rung des um­satz­steu­er­li­chen Tax CMS ge­leis­tet hat, ist sehr be­ein­dru­ckend. Man hat es ge­schafft, hoch­kom­plexe um­satz­steu­er­li­che Sach­ver­halte durch Au­to­ma­ti­sie­rung und ge­zielte Schu­lung von Mit­ar­bei­tern in den Griff zu be­kom­men. Den Mit­ar­bei­tern wer­den durch die Sys­teme viele The­men ab­ge­nom­men, die nicht in ih­rer Kern­kom­pe­tenz lie­gen und zu Un­si­cher­hei­ten führen würden. Trotz­dem hat man durch eine ent­spre­chende Kom­mu­ni­ka­tion eine Kul­tur ge­schaf­fen, die si­cher­stellt, dass steu­er­li­che Ri­si­ken, die von den Sys­te­men noch nicht er­fasst, von Mit­ar­bei­tern er­kannt und an die Steu­er­ab­tei­lung adres­siert wer­den. Was mich persönlich da­bei am meis­ten be­ein­druckt ist, dass die Steu­er­ab­tei­lung bei Wie­land es durch ihre Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie schafft, dass die Mit­ar­bei­ter dem Thema Um­satz­steuer auf­ge­schlos­sen und po­si­tiv ge­genüber­ste­hen. Dazu trägt auch ein selbst ent­wi­ckel­tes Um­satz­steuer-Quiz bei. Den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­satz der Ap­fel­ku­chen-Me­thode wer­den wir si­cher­lich auch in an­dere Pro­jekte mit­neh­men. Denn: Si­cher­zu­stel­len, dass die steu­er­li­chen An­sprech­part­ner von an­de­ren Mit­ar­bei­tern über steu­er­lich re­le­vante Sach­ver­halte frühzei­tig in­for­miert wer­den, ist oft eine der größten Her­aus­for­de­run­gen.

Natürlich ha­ben wir auch bei Wie­land Ver­bes­se­rungs­po­ten­tial ent­deckt. Dies be­traf insb. die Struk­tu­rie­rung der Do­ku­mente. Zu Be­ginn des Pro­jek­tes war es für uns als Außen­ste­hende sehr schwer zu über­bli­cken, wel­che Pro­zess­an­wei­sun­gen, Do­ku­men­ta­tio­nen, Check­lis­ten oder Richt­li­nien zu wel­chen Pro­zes­sen gehören und wie mit­ein­an­der in Ver­bin­dung ste­hen, da schlicht Re­fe­ren­zie­run­gen und Über­sich­ten fehl­ten. Diese wur­den je­doch in­ner­halb von kürzes­ter Zeit er­stellt und wir konn­ten uns einen Über­blick ver­schaf­fen.

Ein Tax CMS muss ja laufend überwacht und aktualisiert werden. Wie gehen Sie hierbei vor, Herr Christians?

Knut Chris­ti­ans: Wir ha­ben eine sys­te­ma­ti­sche Aus­wer­tung der Recht­spre­chung und le­gen im mo­nat­li­chen Jour fix die nächs­ten Schritte fest. An­pas­sun­gen wer­den früh kom­mu­ni­ziert. Der­zeit ar­bei­ten wir an ei­ge­nen Schu­lungs­vi­deos, um die Wahr­neh­mung der Steu­er­funk­tion zu erhöhen. Auch hier gilt, dass die The­men den Kol­le­gen möglichst persönlich zu­ge­ord­net wer­den. Dann wird dies als sinn­volle Hil­fe­stel­lung ver­stan­den. Ein Tax CMS darf nach der Zer­ti­fi­zie­rung nicht stop­pen: Die ein­ge­rich­te­ten Kon­trol­len sind bes­ten­falls au­to­ma­ti­siert und eine frei­geräumte Ka­pa­zität muss sich re­gelmäßig um die Nach­ar­beit bemühen.

Abschließend eine persönliche Frage, Herr Christians: Was war für Wieland die Motivation zur Einführung eines Tax CMS? Ist ein solches CMS ein Bürokratietiger, der dazu dient, die Regularien zu erfüllen, um dadurch die Haftungsrisiken zu minimieren? Oder hat sich für Wieland durch die Einführung des Tax CMS ein Mehrwert in der praktischen Arbeit ergeben?

Knut Chris­ti­ans: Wie­land strebt in den Ge­schäfts­pro­zes­sen nach Ex­zel­lenz und will die berühmte Ex­tra-Meile ge­hen. So ist es auch in den Zen­tral­funk­tio­nen. Wir sind quasi Über­zeu­gungstäter. Da­her ist die Ent­haf­tung des Ma­nage­ments die primäre Auf­gabe. Da­ne­ben sind aber die Iden­ti­fi­zie­rung von Di­gi­ta­li­sie­rungs­po­ten­tia­len und die Stan­dar­di­sie­rung von na­hezu glei­cher Be­deu­tung. Wir ge­hen da­von aus, dass sich für die um­satz­steu­er­li­chen Pro­zesse be­reits er­ste Stan­dards für eine Überprüfung in Echt­zeit durch­ge­setzt ha­ben. Der Mehr­wert ist, dass man ziel­ge­rich­tet das ge­samte Sys­tem auf­nimmt und be­wer­tet, und sich nicht in klei­ne­ren un­be­deu­ten­den De­tails ver­liert. Jetzt können wir jede Frage rich­tig ein­ord­nen und dann be­reits ein ziel­ge­rich­te­tes Port­fo­lio an ent­spre­chen­den Ant­wor­ten be­reit­hal­ten. Das schafft Frei­raum für an­dere Auf­ga­ben. Und für Ap­fel­ku­chen.

nach oben