Der Sachverhalt:
Der Kläger arbeitete bis zum Zeitpunkt seiner vorzeitigen Pensionierung als Grenzgänger für in der Schweiz ansässige privatrechtliche Arbeitgeber. Seit Beginn seiner Tätigkeit in der Schweiz war er bei der Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) versichert. Zudem ist er Mitglied einer Pensionskasse, die nicht nur die obligatorischen Mindestleistungen nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 16.4. 1984 (BVG), sondern darüber hinaus auch überobligatorische Leistungen gewährt.
Im Rahmen eines Sozialplans erhielt der Kläger ab 1.5.2010 monatlich folgende Zahlungen:
Lebenslange Altersrente: 3.820 CHF
Alters-Zusatzrente (befristet bis zum 31.3. 2015): 1.500 CHF
Überbrückungsrente (befristet bis zum 31.3. 2015): 780 CHF
Der Anspruch des Steuerpflichtigen auf die Altersrente beruht auf Art. 11 Ziffer 1 des Reglements der Pensionskasse. Dabei wurde die Höhe der Altersrente so berechnet, dass die Rentenminderungen infolge der vorzeitigen - bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgten - Pensionierung des Steuerpflichtigen teilweise ausgeglichen wurden. Nach den Berechnungen des FG beträgt die monatliche Altersrente aus dem Obligatorium, die dem Steuerpflichtigen ab dem 1.5. des Streitjahres zugestanden hätte, 1.127 CHF. Zur Finanzierung einer um 767 CHF pro Monat erhöhten Altersrente zahlte der Arbeitgeber am 30.4. 2010 eine Spezialeinlage i.H.v. 155.750 CHF in die Pensionskasse ein.
Da der Kläger eine Altersrente der AHV erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres im März 2015 beanspruchen konnte, wurde - um diese Zeit zu überbrücken - von der Pensionskasse eine Alters-Zusatzrente gezahlt. Diese Leistung beruht auf Ziffer 9 des Sozialplans. Um die Erhöhung der Alters-Zusatzrente um 1.213 CHF auf 1.500 CHF pro Monat zu finanzieren, erbrachte der Arbeitgeber eine weitere Einlage in Höhe von 71.575 CHF. Der Anspruch des Klägers auf die Überbrückungsrente beruht auf Artikel 11 Ziffer4 des Reglements der Pensionskasse. Da diese durch Kürzung der (lebenslänglichen) Altersrente um 209 CHF finanziert wurde, bedurfte es keiner zusätzlichen Einlage durch den Arbeitgeber.
Auf die AHV-pflichtigen Spezialeinlagen in die Pensionskasse in Höhe von insgesamt 227.325 CHF zahlten der Arbeitgeber und der Steuerpflichtige als Arbeitnehmer jeweils Beiträge in Höhe von 8.716,55 CHF, so dass von ihnen - zusammen mit den AHV-Beiträgen für den laufenden Lohn - insgesamt jeweils 11.985 CHF an die AHV entrichtet wurden. Der Kläger ging in seiner Einkommensteuererklärung für 2010 davon aus, dass die Altersrente, die Alters-Zusatzrente und die Überbrückungsrente in Höhe von insgesamt 48.800 CHF als Leibrenten nach Anwendung der Öffnungsklausel (38,60 %) steuerpflichtig seien. Die Spezialeinlagen des Arbeitgebers in die Pensionskasse setzte er dagegen nicht an.
Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Spezialeinlagen i.H.v. 227.325 CHF seien steuerpflichtige Lohnzuwendungen, für die die Steuerermäßigung nach § 34 EStG zu gewähren sei und die dem Grunde nach im Rahmen der gesetzlichen Höchstbeträge als Sonderausgaben (Altersvorsorgeaufwendungen) abziehbar seien. Des Weiteren behandelte die Behörde die Altersrente i.H.v. 30.560 CHF als Leibrente i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG. Unter Berücksichtigung der nach dem Antrag des Steuerpflichtigen anzuwendenden Öffnungsklausel wurde diese zu 38,60 % mit dem Ertragsanteil von 22 % als steuerpflichtig angesehen, während der verbleibende Betrag mit dem Besteuerungsanteil von 60 % der Besteuerung unterworfen wurde.
Die Alters-Zusatzrente und die Überbrückungsrente i.H.v. insgesamt 18.240 CHF besteuerte das Finanzamt ebenfalls als Leibrente i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG. Aufgrund der Öffnungsklausel wurden 38,60 % der Rentenzahlungen wegen ihrer Laufzeit von weniger als fünf Jahren nur mit dem Ertragsanteil von 4 % und die verbleibenden Beträge mit dem Besteuerungsanteil von 60 % der Besteuerung unterworfen.
Im Klageverfahren machte der Kläger geltend, die Spezialeinlage sei keine steuerpflichtige Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem seien die Alters-Zusatzrente und die Überbrückungsrente als abgekürzte Leibrenten anzusehen; auch sei der überobligatorische Teil der Altersrente mit dem Ertragsanteil des § 22 Nr. 1 S. 3a, bb EStG zu besteuern. Das FG gab der Klage teilweise statt. Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Gründe:
Das Besteuerungsrecht steht für die Arbeitnehmereinkünfte, für die beiden Spezialeinlagen an die Pensionskasse sowie für die Rentenzahlungen aus der Pensionskasse Deutschland zu. Auch die Spezialeinlagen sind als steuerbarer Arbeitslohn gem. § 19 EStG angesehen.
Die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28 EStG für die beiden Spezialeinlagen ist jedoch nur insoweit zu bejahen, als die Spezialeinlagen in das Obligatorium der Pensionskasse geleistet wurden, wozu das FG noch Feststellungen treffen muss. Die nicht gem. § 3 Nr. 28 EStG steuerfreien Spezialeinlagen können gem. § 34 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1a EStG ermäßigt besteuert werden.
Es ist auch nicht zu erkennen, in welcher Höhe die von vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge in die AHV und die Pensionskasse gem. § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind. Eine Steuerfreiheit der Beiträge an die Pensionskasse gem. § 3 Nr. 56 EStG u. § 3 Nr. 63 EStG scheidet auf jeden Fall aus. Der Kläger kann seine in die AHV und in das Obligatorium der Pensionskasse geleisteten Beiträge sowie den nicht steuerfreien Teil der vom Arbeitgeber in das Obligatorium geleisteten Spezialeinlagen als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG geltend machen, jedoch nur in den Grenzen des § 10 Abs. 3 EStG. Eine steuerliche Berücksichtigung der vom Steuerpflichtigen in das Überobligatorium seiner Pensionskassen gezahlten Beiträge sowie der vom Arbeitgeber in das Überobligatorium geleisteten Spezialeinlagen als Sonderausgaben scheidet dagegen aus.
Die Renteneinkünfte des Klägers sind, soweit sie aus dem Obligatorium der Pensionskasse stammen, gem. § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG zu besteuern. Offen bleibt, wie hoch diese Einkünfte sind und ob die Voraussetzungen für die Anwendung der Öffnungsklausel gem. § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 2 EStG im Streitfall gegeben sind. Die aus dem Überobligatorium stammenden Rentenleistungen unterliegen der Besteuerung gem. § 22 Nr. 1 S. 3a, bb S. 4 u. 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV.
Linkhinweis:
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