Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft und Gesamtrechtsnachfolgerin einer Bank. Diese hielt in ihrem Betriebsvermögen zum Bilanzstichtag 31.12.2012 Anteile an offenen Immobilienfonds (AXA Immoselect, KanAm grundinvest Fonds, SEB Immoinvest und CS Euroreal), die sich zum Bilanzstichtag in Liquidation befanden und bei denen die Ausgabe und Rückgabe von Anteilen endgültig ausgesetzt war.
Die Klägerin nahm dies zum Anlass, die Anteile zum Bilanzstichtag vom bisher angesetzten Rücknahmepreis auf den sog. Zweitmarktwert abzuschreiben. Der Zweitmarktwert ist der Börsenkurs im Handel mit den Anteilen im Freiverkehr (insbesondere der Hamburger Börse). Da die Ausgabe und Rücknahme der Anteile endgültig ausgesetzt war, war der Handel am Zweitmarkt an der Börse die einzige Möglichkeit, Anteile der betroffenen Fonds zu veräußern oder zu erwerben.
Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Teilwertabschreibungen hinsichtlich der oben genannten offenen Immobilienfonds auf den Zweitmarktwert nicht an. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass im Streitjahr 2012 die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung nicht vorlagen.
Ist wie hier die Ausgabe von Anteilen durch die Fondsgesellschaft endgültig ausgesetzt, ist für jedermann ein Erwerb von der und eine Rückgabe an die Fondsgesellschaft ausgeschlossen. In einer solchen Situation können weder die Wiederbeschaffungskosten mit dem Ausgabepreis, der nicht existiert, noch der Veräußerungserlös, den der Steuerpflichtige hätte erzielen können, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit veräußert hätte, mit dem Rücknahmepreis, der existiert, gleichgesetzt werden; denn der Weg des Erwerbs (zum Ausgabepreis) bzw. der Veräußerung (zum Rücknahmepreis) ist verschlossen, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern endgültig.
Ein gedachter Erwerber des Betriebs muss daher für gedachte Erwerbe bzw. Veräußerungen andere Möglichkeiten nutzen. Entsprechend müssen die Wiederbeschaffungskosten bzw. Einzelveräußerungspreise anhand der objektiv zur Verfügung stehenden Erwerbs- bzw. Veräußerungsmöglichkeiten bestimmt werden. Im Streitfall sind dies der Erwerb und die Veräußerung an der Börse (Zweitmarkt). Der Veräußerungserlös, den der gedachte Erwerber hätte erzielen können, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit veräußert hätte, ist daher der Börsenkurs an einer Börse, an der die Fondsanteile gehandelt werden.
Im Streitfall lag auch eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der Anteile vor; weshalb die klageabweisende Entscheidung des FG keinen Bestand haben konnte. Bei Umlaufvermögen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass zusätzliche wertaufhellende Erkenntnisse grundsätzlich in die Beurteilung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung der Wirtschaftsgüter zum Bilanzstichtag einzubeziehen sind. Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei börsennotierten Aktien von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet.
Maßgebend dafür ist neben der Notwendigkeit der Typisierung im Massenverfahren, dass der aktuelle Börsenkurs die informationsgestützte Einschätzung einer großen Zahl von Marktteilnehmern über die künftigen Risiken und Erfolgsaussichten des jeweiligen Unternehmens widerspiegelt und zugleich deren Erwartung ausdrückt, dass der jetzt gefundene Kurs voraussichtlich dauerhaften Charakter besitzt. Der aktuelle Börsenwert weist - im Vergleich zum Kurswert bei Erwerb der Anteile - eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, die künftige Kursentwicklung zu prognostizieren; deshalb kommt es nicht in Betracht, bei der Prognose über die zukünftige Wertentwicklung einer Aktie deren Börsennotierung durch einen vermeintlich besseren oder jedenfalls nicht hinlänglich verifizierbaren Schätzwert zu ersetzen. Dies gilt auch für Investmentanteile, wenn das Vermögen des Investmentfonds überwiegend in an Börsen gehandelten Aktien angelegt ist.
Im vorliegenden Fall konnte ein Anteilseigner aufgrund der endgültigen Aussetzung der Anteilsrücknahme nicht erwarten, dass der Fonds wieder geöffnet wird und er seine Anteile zum Rücknahmepreis zurückgeben kann. Ebenso wenig konnte er erwarten, dass eine Verwertung des Sondervermögens zu den ermittelten Verkehrswerten erfolgen kann. Im Streitfall lag zudem die Sondersituation vor, dass sowohl die nach § 79 Abs. 1 InvG mit der Bewertung des Investmentvermögens befassten Personen (Sachverständige bzw. Abschlussprüfer, s. dazu auch § 77 InvG) als auch die Marktteilnehmer einschätzen mussten, welchen Einfluss die Liquidation der Investmentfonds auf den Wert des von ihnen gehaltenen Vermögens hat.
Da das FG nicht geprüft hat, ob die Steuerpflichtige die Höhe der Teilwertabschreibungen zutreffend ermittelt hatte, war der Streitfall zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Außerdem konnte aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilt werden, ob sich aufgrund von § 8 InvStG a.F. Auswirkungen auf die Höhe der Teilwertabschreibungen ergeben.
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