deen

Steuerberatung

Teilwertabschreibung auf eine Aktienanleihe: § 3c Abs. 2 EStG?

Hessisches FG v. 27.12.2018 - 10 K 688/16

Wenn Sub­stanz­ge­winne aus ei­ner Wert­stei­ge­rung oder Veräußerung ei­nes im Be­triebs­vermögen ge­hal­te­nen Wirt­schafts­guts voll steu­er­pflich­tig sind, kann um­ge­kehrt das Teil­ab­zugs­ver­bot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht Sub­stanz­ver­luste bei die­sen Wirt­schaftsgütern er­fas­sen. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist folg­lich auf Teil­wert­ab­schrei­bun­gen auf eine Ak­ti­en­an­leihe nicht an­zu­wen­den.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin veräußert am 14.7.2011 eine Ak­ti­en­an­leihe der F, G, über no­mi­nal 450.000 € zum Kurs­wert von 84 %, nämlich 378.000 €, die sie am 17.1.2011 zum No­mi­nal­wert von 450.000 € er­wor­ben hatte. Den dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­lust von 72.000 € er­fasste sie ih­rem Jah­res­ab­schluss. Im Ge­gen­zug er­warb sie eben­falls am 14.7.2011 eine Ak­ti­en­an­leihe der F, H, im Nenn­wert von 450.000 € zum Kurs­wert von 84 %, also auch 378.000 €. Ba­sis­wert war die Ak­tie der Firma I. Maßgeb­li­cher Ba­sis­kurs zum Be­wer­tungs­stich­tag 17.7.2012 wa­ren 20,53 € je Ak­tie. Der Zins­satz be­trug 7,4 %.

 

Die Ak­ti­en­an­leihe war zum 20.07.2012 endfällig. Während sich der Kurs­wert der J-Ak­tie zum Zeit­punkt des An­lei­he­kaufs auf 20,89 € je Ak­tie be­lief, fiel der Ak­ti­en­kurs in der Fol­ge­zeit. Am 31.5.2012 be­lief sich der Börsen­schluss­wert auf 12,10 € je Ak­tie; im Zeit­punkt der Endfällig­keit 20.7.2012 be­trug der Börsen­schluss­wert nur noch 10,60 € je Ak­tie. Im Hin­blick auf die Ent­wick­lung des Börsen­kur­ses übte die F als Emit­ten­tin der Ak­ti­en­an­leihe ihr Til­gungs­wahl­recht aus und lie­ferte zum 20.7.2012 18.090 Ak­tien der I zum Kurs­wert von 10,525 € je Ak­tie an die Kläge­rin. Der Wert der Ak­tien be­lief sich auf ins­ge­samt 190.397 €. Im Vor­griff auf diese Ab­wick­lung der Ak­ti­en­an­leihe bei Endfällig­keit nahm die Kläge­rin zum Bi­lanz­stich­tag 31.5.2012 die wei­tere Wert­be­rich­ti­gung auf Wert­pa­piere i.H.v. 187.602 € (378.000 € ab­zgl. 190.397 €) vor. Die Zins­erträge aus die­ser An­leihe be­lie­fen sich auf 27.700 €.

 

Im Rah­men ei­ner Außenprüfung kam der Prüfer u.a. zu dem Er­geb­nis, dass die Teil­wert­ab­schrei­bung von 187.602 € auf die am 14.7.2011 er­wor­bene Ak­ti­en­an­leihe, H, um 28.491 € zu kürzen sei. Für die Er­mitt­lung der Teil­wert­ab­schrei­bung sei der höhere Börsen­schluss­kurs zum Bi­lanz­stich­tag 31.5.2012 maßgeb­lich und nicht der nied­ri­gere Kurs­wert von 20.7.2012. Auf die da­nach zulässige Teil­wert­ab­schrei­bung i.H.v. 159.111 € finde das Teil­ab­zugs­ver­bot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG An­wen­dung, so dass sich nur noch 95.466 € ge­winn­min­dernd aus­wirk­ten. Der Jah­res­ab­schluss zum 31.5.2012 sei dem­gemäß u.a. außer­bi­lan­zi­ell um 63.644 € ge­win­nerhöhend zu be­rich­ti­gen.

 

Die Kläge­rin rügte die An­wen­dung des § 3c Abs. 2 EStG auf die Teil­wert­ab­schrei­bung auf die Ak­ti­en­an­leihe. Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Das Fi­nanz­amt hat die Teil­wert­ab­schrei­bung auf die Ak­ti­en­an­leihe der F, H, zu Un­recht un­ter Be­ru­fung auf § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur mit 60 % berück­sich­tigt.

 

Be­triebsprüfer und Fi­nanz­amt hat­ten bei der Er­mitt­lung der Höhe der Teil­wert­ab­schrei­bung zu­tref­fend den Kurs­wert zum 31.5.2012 und nicht den Kurs­wert bei Endfällig­keit zu­grunde ge­legt. Die da­nach zulässige Teil­wert­ab­schrei­bung von 159.111 € ist al­ler­dings nicht um 40 % zu kürzen. Denn die Vor­aus­set­zung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG lie­gen nicht vor. Dem­nach dürfen Be­triebs­vermögens­min­de­run­gen, Be­triebs­aus­ga­ben, Veräußerungs­kos­ten oder Wer­bungs­kos­ten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zu­grunde lie­gen­den Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men oder mit Vergütun­gen nach § 3 Nr. 40a EStG in wirt­schaft­li­chem Zu­sam­men­hang ste­hen, un­abhängig da­von, in wel­chem Ver­an­la­gungs­zeit­raum die Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men an­fal­len, bei der Er­mitt­lung der Einkünfte nur zu 60 % ab­ge­zo­gen wer­den.

 

Ent­spre­chen­des gilt, wenn bei der Er­mitt­lung der Einkünfte der Wert des Be­triebs­vermögens oder des An­teils am Be­triebs­vermögen oder die An­schaf­fungs- oder Her­stel­lungs­kos­ten oder der an de­ren Stelle tre­tende Wert min­dernd zu berück­sich­ti­gen sind. Gem. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG ist für die An­wen­dung des Sat­zes 1 die Ab­sicht zur Er­zie­lung von Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG oder von Vergütun­gen i.S. § 3 Nr. 40a EStG aus­rei­chend. Aus dem Wort­laut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG er­gibt sich zu­dem, dass ein recht­li­cher Zu­sam­men­hang nicht er­for­der­lich ist und - im Ge­gen­satz zu § 3c Abs. 1 EStG -auch ein nur mit­tel­ba­rer wirt­schaft­li­cher Zu­sam­men­hang für das Ein­grei­fen des Ab­zugs­ver­bots aus­reicht (z.B. BFH-Ur­teil v. 28.2.2013, IV R 49/11).

 

Nach dem Norm­zweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sol­len al­ler­dings (nur) sol­che Aus­ga­ben le­dig­lich an­tei­lig berück­sich­tigt wer­den, die mit nach § 3 Nr. 40 EStG eben­falls nur an­tei­lig be­steu­er­ten Ein­nah­men in Zu­sam­men­hang ste­hen, um eine in­kon­gru­ente Begüns­ti­gung aus­zu­schließen. Die Norm be­zweckt also nur, dass bei steu­er­be­frei­ten Ein­nah­men kein dop­pel­ter steu­er­li­cher Vor­teil durch den zusätz­li­chen Ab­zug von mit die­sen Ein­nah­men zu­sam­menhängen­den Auf­wen­dun­gen er­zielt wird. Dem­ent­spre­chend greift das Teil­ab­zugs­ver­bot des § 3c Abs. 2 EStG nicht ein, so­weit Auf­wen­dun­gen vor­ran­gig durch voll steu­er­pflich­tige Ein­nah­men ver­an­lasst und da­her bei der Er­mitt­lung ent­spre­chend voll steu­er­pflich­ti­ger Einkünfte als Wer­bungs­kos­ten bzw. Be­triebs­aus­ga­ben zu berück­sich­ti­gen sind. Denn in die­sem Fall kommt es nicht zu ei­ner Dop­pel­begüns­ti­gung durch (teil­weise) steu­er­freie Ein­nah­men und gleich­wohl (voll) ab­zugsfähige Auf­wen­dun­gen.

 

Ge­gen die An­wen­dung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG spricht zu­dem fol­gende Über­le­gung: Hätte die Kläge­rin im Fall ei­ner po­si­ti­ven Ent­wick­lung der un­ter­leg­ten Ak­tie die An­leihe vor Endfällig­keit zu einem Wert über ih­ren ei­ge­nen An­schaf­fungs­kos­ten veräußert, so hätte sie den dar­aus er­ziel­ten Ge­winn in vol­lem Um­fang ver­steu­ern müssen. Wenn aber Sub­stanz­ge­winne aus ei­ner Wert­stei­ge­rung oder Veräußerung ei­nes im Be­triebs­vermögen ge­hal­te­nen Wirt­schafts­guts voll steu­er­pflich­tig sind, kann um­ge­kehrt das Teil­ab­zugs­ver­bot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht Sub­stanz­ver­luste bei die­sen Wirt­schaftsgütern er­fas­sen. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist folg­lich auf Teil­wert­ab­schrei­bun­gen auf eine Ak­ti­en­an­leihe nicht an­zu­wen­den.

 

Link­hin­weis:

 

nach oben