Infrastrukturbereich: Mehr Tempo bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren
Der Bundestag hat am 10.02.2023 den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Beschleuni-gung verwaltungsgerichtlicher Verfahren im Infrastrukturbereich mit wesentlichen Änderungen beschlossen. Der Bundesrat billigte das Gesetz am 03.03.2023. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Die Beschleunigung von großen Infrastrukturprojekten, wie bspw. der Ausbau des Schienennetzes oder Fernstraßen sowie von Windenergie-Anlagen, größeren Gasversorgungsleitungen und Hochspannungsleitungen, ist eine wichtige Voraussetzung, um den Standort Deutschland zu modernisieren und die geplanten Klimaziele zu erreichen. Deshalb sieht das Gesetz die bevorzugte Behandlung von bedeutsamen Infrastrukturvorhaben gegenüber anderen Verfahren vor, um insb. die Transformation des Energiesystems zu beschleunigen. Dabei soll jedoch die Effektivität des Rechtsschutzes nicht beeinträchtigt werden.
Beschleunigung der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Infrastrukturbereich
Praktisch von besonderer Relevanz dürften die überarbeiteten Vorgaben für den einstweiligen Rechtsschutz sein. So wurde die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) um § 80c VwGO ergänzt. Danach „soll" das Gericht Mängel an einem angegriffenen Verwaltungsakt außer Acht lassen, "wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird". Das Gericht soll in solchen Fällen befugt sein, eine Frist zur Behebung des Mangels zu setzen. Damit soll bewirkt werden, dass der vorläufige Vollzug besonders wichtiger und dringlicher Infrastrukturvorhaben so weitgehend wie möglich zugelassen wird und ein Baustopp bezogen auf das Gesamtprojekt abgewendet werden kann.
Mit der Einfügung von § 87c VwGO können insb. Genehmigungsverfahren in Infrastrukturangelegenheiten (Verfahren nach § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 15 und § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO) vorrangig und beschleunigt durchgeführt werden. "In geeigneten Fällen" kann gemäß § 87c Abs. 2 VwGO zu einem "frühen ersten Termin zur Erörterung" geladen werden.
Hinweis: Im Referentenentwurf war zunächst vorgesehen, dass dieser frühe erste Termin innerhalb von zwei Monaten angesetzt werden muss. Jedoch wurde dies verworfen und es wird nur noch in der Begründung auf die zweimonatige Frist verwiesen.
Planungskammern bzw. -senate
Mit einem neuen § 188b VwGO werden spezielle Kammern oder Senate für Angelegenheiten des Planungsrechts eingerichtet, in denen Richter und Richterinnen mit besonderen Kenntnissen im Planungsrecht und einem besonderen Verständnis von planungsrechtlichen Zusammenhängen Verfahren beschleunigt bearbeiten können.
Einführung einer zehnwöchigen Klageerwiderungsfrist
Darüber hinaus soll im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG), um das Gerichtsverfahren zu straffen sowie zu beschleunigen und den Prozessstoff handhabbar zu halten, der Anwendungsbereich der Klagebegründungsfrist aus § 6 UmwRG um eine Klageerwiderungsfrist ergänzt werden. Im Gleichlauf mit der Klagebegründungsfrist wurde eine Frist von zehn Wochen für die Klageerwiderung gesetzlich verankert.
Hinweis: Letzten Endes wurde in der Plenarsitzung ebenfalls der Vorschlag aufgegriffen, dass zukünftig zur Beschleunigung von Infrastrukturverfahren an Oberverwaltungsgerichten die Entscheidung an einen Einzelrichter übertragen werden können, wenn "die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher aufweist" und "die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat". Aktuell entscheiden dort im Regelfall drei Richter. Analog soll am BVerwG der Senat in der Besetzung von drei Richtern entscheiden können, im Regelfall sind es aktuell fünf Richter.
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