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EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR): Neue Einfuhr- und Ausfuhrverbote ab 30.12.2025?

03.12.2024 | 5 Minuten Lesezeit

Rodung, Entwaldung und generell die Waldschädigung stellen neben dem Ausstoß von CO2 eine der Hauptursachen für den Klimawandel und insbesondere den Verlust biologischer Vielfalt dar. Die Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzte, dass von 1990 bis 2020 ca. 420 Mio. Hektar Wald abgeholzt wurden und dabei bis zu 90 % der Entwaldung auf nicht-nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung zurückzuführen ist. Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, sog. European Deforestation Regulation EUDR, will mit neuen Ein- und Ausfuhrverboten ab Abhilfe schaffen. Deren Erstanwendung soll nun aber erst ab 30.12.2025 erfolgen.

Hintergrund

Die Beendigung der Entwaldung und die Wiederherstellung geschädigter Wälder sind u. a. wesentliche Bestandteile der Sustainable Development Goals, SDG. Diese Agenda sollte insb. dazu beitragen, die insgesamt 17 Ziele u. a. in den Bereichen Leben an Land (SDG 15) und Klimaschutz (SDG 13) zu erreichen. Die einschlägige Zielvorgabe 15.2, die Entwaldung bis 2020 zu stoppen, wurde nicht erreicht.

Die EU ist einer der größten Wirtschaftakteure in diesem Sektor und möchte mit der am 29.06.2023 in Kraft getretenen EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR, VO (EU) 2023/1115) nunmehr der weltweiten Entwaldung und Waldschädigung Einhalt gebieten.

Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkt angestrebt

In der EUDR vorgesehen ist eine Erstanwendung ab 31.12.2024. Als Reaktion auf die von EU-Mitgliedstaaten, Nicht-EU-Ländern, Händlern und Betreibern geäußerten Bedenken, dass sie die Vorschriften nicht vollständig einhalten könnten, wenn sie ab Ende 2024 gelten würden, schlug die Kommission vor, das Datum des Inkrafttretens der EUDR um ein Jahr zu verschieben. Am Donnerstag, den 14.11.2024, stimmte das Europäische Parlament mit 371 Ja-Stimmen für die Verschiebung des Inkrafttretens der EUDR um ein Jahr.

Große Marktteilnehmer und Händler müssten die neuen Anforderungen ab dem 30.12.2025 erfüllen, falls es zu einer finalen Entscheidung für die Verschiebung kommt, während Kleinst- und Kleinunternehmen bis zum 30.06.2026 Zeit hätten.

Das Parlament nahm auch andere von den Fraktionen vorgeschlagene Änderungen an, darunter die Schaffung einer neuen Kategorie von Ländern, die in Bezug auf die Entwaldung kein Risiko darstellen, zusätzlich zu den bestehenden drei Kategorien „geringes“, „normales“ und „hohes“ Risiko.

Am 20.11.2024 bekräftigte der Rat seine Unterstützung für die vorgeschlagene gezielte Änderung der EUDR und verschob deren Geltungsbeginn um 12 Monate, lehnte jedoch die Forderungen des Parlaments ab, auch den Inhalt der Verordnung zu ändern.

Im Streit darüber, ob die EUDR nur verschoben oder auch inhaltlich geändert werden soll, haben das EU-Parlament und der Rat am Donnerstag keinen Kompromiss erzielt. Die nächste Verhandlungsrunde ist derzeit für den 3. Dezember 2024 angesetzt. Ziel ist es weiterhin, dass die Verordnung von beiden gesetzgebenden Organen förmlich angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird, damit sie bis Ende 2024 mit der zeitlichen Verschiebung in Kraft treten kann.

Ziele der EUDR

Mit der EUDR werden umfassende Sorgfaltspflichten zum Schutz globaler Wälder gegen Rodung und Ausbeutung in Zusammenhang mit der Produktion verschiedener Agrarerzeugnisse eingeführt. Es soll sichergestellt werden, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse, die in die EU ein- und ausgeführt bzw. gehandelt werden, nicht mehr zur Entwaldung und Waldschädigung beitragen. Dies soll durch Einfuhr-/Bereitstellungs- und Ausfuhrverbote von nicht entwaldungsfreien Waren erfolgen. Zwar gelten diese Verbote erst ab dem 31.12.2024 - bzw. im Falle einer Verschiebung ab 30.12.2025; Stichtag für die Beurteilung der Entwaldungsfreiheit der erfassten Waren ist jedoch bereits der 31.12.2020, so dass sich Importeure und Händler schon ab dem 29.06.2023 auf die neuen Sorgfaltspflichten der EUDR einstellen müssen.

Konkret sieht die Verordnung vor, dass Waren, die dem sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung unterliegen und die von Flächen stammen, die nach dem 31.12.2020 abgeholzt werden, weder in die EU eingeführt noch aus ihr ausgeführt werden dürfen.

Persönlicher Anwendungsbereich

Die EUDR gilt grundsätzlich für alle Markteilnehmer, die von der EUDR erfasste Waren aus Drittstaaten in die EU importieren, diese in der EU handeln oder aus der EU exportieren.

KMU-Marktteilnehmer und -Händler profitieren von vereinfachten Sorgfaltspflichten. Kleinstunternehmen müssen die EUDR erst ab dem 30.06.2025 bzw. im Falle einer Verschiebung erst ab 30.06.2026 befolgen.

Sachlicher Anwendungsbereich

Die in der EUDR enthaltenen Verpflichtungen beziehen sich auf die „relevanten“ Rohstoffe

  • Rinder,
  • Kakao,
  • Kaffee,
  • Ölpalme,
  • Kautschuk,
  • Soja und
  • Holz

wie auch „relevante“ Erzeugnisse, die diese Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden und im Anhang I der EUDR aufgeführt sind.

Einfuhr-/Bereitstellungs- und Ausfuhrverbot und Sorgfaltspflichten

Die Verordnung fordert von den betroffenen Unternehmen den Nachweis, dass ihre Lieferketten nicht zur Zerstörung oder Schädigung von Wäldern beitragen. Sie dürfen nur solche Produkte auf den Markt bringen und exportieren, die frei von Abholzung sind und im Einklang mit den jeweiligen Rechtsvorschriften des Produktionslandes hergestellt wurden.

Dazu müssen Nicht-KMU-Marktteilnehmer oder -Händler ab dem 31.12.2024 bzw. im Falle einer Verschiebung ab dem 30.12.2025 die sog. relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse nur unter den folgenden kumulativen Voraussetzungen in die EU einführen, auf dem EU-Markt herstellen oder ausführen:

  • Die Rohstoffe / Erzeugnisse sind entwaldungsfrei,
  • sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt und
  • für liegt sie eine sog. Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) vor.

Zu den Sorgfaltspflichten der EUDR, die zunächst hauptsächlich Nicht-KMU-Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler zu beachten haben, gehören u. a.:

  • die Einführung allgemeiner Sorgfaltspflichtenregelungen,
  • die Datensammlung in Bezug auf die erfassten Rohstoffe und Erzeugnisse,
  • eine Risikobewertung der gesammelten Daten und
  • eine Risikominimierung bzgl. der Entwaldungsfreiheit und legalen Herstellung.

Das Einfuhr- und Ausfuhrverbot wird durch die Abgabe der Sorgfaltserklärung an ein noch zu schaffendes EU-Informationssystem, das über eine elektronische Schnittstelle zum Zoll verfügen soll, überwacht. Marktteilnehmer und die national zuständige Behörde, die Bundesanstalt für Lebensmittel und Ernährung (BLE), sollen ab 30.12.2024 Zugang zu diesem EU-Informationssystem haben. Die elektronische Schnittstelle zum Zoll soll bis 30.06.2028 zur Verfügung stehen. Bis dahin hat die Kommunikation zwischen dem Zoll und der BLE anderweitig zu erfolgen.

Hinweis: Wir unterstützen Sie bei der Umsetzung der Pflichten nach der EUDR in Ihrem Unternehmen:

  • Erstellung einer Import- und Exportmatrix zur Dokumentation, welche relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse in den Anwendungsbereich fallen
  • Analyse vorhandener Datenquellen und ggf. Erweiterung zur Schaffung eines automatisierten Berichts- und Erklärungsprozesses bzgl. der Sorgfaltspflichten und Sorgfaltserklärung
  • Erarbeitung und Dokumentation von internen Prozessen und Zuständigkeiten zur Erfüllung der zukünftigen Compliance-Verpflichtungen
  • Unterstützung bei der Anmeldung beim EU-Informationssystem und Abgabe der Sorgfaltserklärung

Hinweis: Die EU-Kommission hat zwei neue Videotutorials auf ihrer Website veröffentlicht. Darin wird demonstriert, wie Marktteilnehmer und Händler die Sorgfaltserklärung, das sog. „Due Diligence Statement“ erstellen, bearbeiten und einreichen können. Zudem wird erklärt, wie Marktteilnehmer und Händler bereits erstellte Sorgfaltserklärungen im Informationssystem wiederfinden und die Funktion „Copy As New“ benutzen können. Damit ist es möglich, bereits vorhandene Sorgfaltserklärungen des eigenen Unternehmens zu kopieren und als neue Erklärung wieder zu verwenden. Diese Funktion eignet sich besonders für Marktteilnehmer und Händler, die mehrere Lieferungen ähnlicher Erzeugnisse ein- und ausführen.

Darüber hinaus plant die EU-Kommission, weitere Webinare und Schulungen zu diesem Thema anzubieten.