Investitionsabkommen zwischen der EU und China: Neue Epoche der Zusammenarbeit
Die Verhandlung des Investitionsabkommens zwischen der EU und China dauerte sieben Jahre und benötigte 33 Verhandlungsrunden. In einer Videokonferenz am 30.12.2020 gelang schließlich der entscheidende Durchbruch und es konnte mit dem Comprehensive Agreement on Investment (CAI) eine Einigung erzielt werden. Mit der Ratifizierung des Abkommens ist jedoch erst Anfang 2022 zu rechnen, da die Zustimmung der Regierungen aller 27 EU-Staaten sowie des EU-Parlaments noch aussteht.
EU kann von chinesischer Wirtschaftsmacht profitieren
Chinas Wirtschaft hat in den letzten 20 Jahren enorme Veränderungen erlebt. Laut dem Internationalen Währungsfonds ist China nach der kaufkraftbereinigten Berechnung die größte Volkswirtschaft der Welt geworden, nach Aussage der Weltbank zumindest die zweitgrößte. Die Größe der chinesischen Wirtschaft und des chinesischen Binnenmarkts birgt somit ein gewaltiges unentdecktes Potential an bilateralen Investitionen zwischen der EU und China. In den letzten Jahren gab es jedoch auch vermehrt Forderungen europäischer Investoren und Unternehmen nach Reziprozität beim Marktzugang in China sowie nach gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen für ausländische und chinesische Unternehmen. Diesen Bedenken versucht das Abkommen entgegenzutreten und ein Level Playing Field zu schaffen. Dadurch sollen sowohl chinesische als auch europäische Investoren zu gegenseitigen Investitionen in beiden Regionen motiviert werden.
Marktöffnung Chinas
Dies ist somit ein ambitionierter Schritt hin zu einer weiteren Marktöffnung Chinas. Für EU-Unternehmen bedeutet dies: besserer Zugang zum schnell wachsenden chinesischen Markt mit 1,4 Mrd. Verbrauchern, größere Rechtssicherheit sowie ein faireres Wettbewerbsumfeld.
China verpflichtet sich insbesondere, die mengenmäßigen Beschränkungen und die Obergrenzen für Beteiligungen oder Joint-Venture-Auflagen in diversen Sektoren abzuschaffen. Beispiele hierfür sind das verarbeitende Gewerbe, alternativ angetriebene Fahrzeuge, die Finanzdienstleistungsbranche und das Gesundheitswesen in den wichtigen chinesischen Städten Peking, Shanghai, Tianjin, Guangzhou und Shenzhen. Zusätzlich wird China die folgenden Bereiche für ausländische Investitionen weiter öffnen: biologische Ressourcen in Forschung und Entwicklung, Cloud-Dienste, IT-Dienstleistungen, Dienstleistungen für Unternehmen, Umweltdienstleistungen, Bauleistungen, internationaler Seeverkehr sowie Dienstleistungen im Bereich des Luftverkehrs.
Zudem soll das CAI das Verhalten von chinesischen Staatsunternehmen regulieren, Transparenz bei Subventionen schaffen, erzwungenen Technologietransfer verhindern und mehr Transparenz sowie Gleichberechtigung in der Normung und Zulassung gewähren. So ist es z. B. zukünftig nach dem CAI verboten, in die Vertragsfreiheit bei der Lizensierung einzugreifen oder einen Technologietransfer von einem ausländischen an einen chinesischen Joint-Venture-Partner zu fordern. Außerdem werden EU-Unternehmen künftig wie einheimische Unternehmen beim Zugang zu normgebenden Gremien gleichbehandelt.
Besserer Zugang Chinas zum europäischen Markt
Im Gegenzug erhält China durch das CAI einen besseren Zugang bei der Investition in den europäischen Energiemarkt, wie z. B. in erneuerbare Energien. Dies erweitert den Export-Markt und die Investitionsmöglichkeiten chinesischer Photovoltaik- und Windkraftunternehmen.
Ein wichtiges Ziel des CAIs ist es, die Investitionsbeziehung zwischen der EU und China nachhaltig zu entwickeln. Vor allem sollen künftig Umwelt- und Arbeitnehmerschutz mehr berücksichtigt und eingehalten werden. Hier verpflichtet sich China, keine Arbeits- und Umweltnormen für protektionistische Zwecke einzusetzen und die internationalen Verpflichtungen aus den einschlägigen Verträgen einzuhalten. Außerdem ist die wirksame Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ein wichtiger Punkt.
Neue Epoche der Wirtschaftsbeziehungen zu China
Das CAI hat das Potenzial, eine neue Epoche der europäisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehung einzuleiten. Das Versprechen eines Marktzugangs auf hoher Ebene wird Unternehmen in beiden Regionen mehr Investitionsmöglichkeiten bieten. Hochrangige Regeln für fairen Wettbewerb sorgen für ein besseres Geschäftsumfeld für bilaterale Investitionen. Es kann eine Vertrauensbasis schaffen, gegenseitige Investitionen in der EU und in China fördern, den wirtschaftlichen Austausch zwischen den beiden Regionen erweitern, die Arbeitsteilung optimieren und eine neue globale Wertschöpfungskette gestalten. Eine erfolgreiche Umsetzung des CAIs könnte dem Wirtschaftswachstum in der EU und China in Zeiten der globalen Wirtschaftsrezession neue Impulse verleihen.
Bearbeitungsstand: 26.02.2021