Fokus auf die Niederlande: Chancen für den deutschen Mittelstand

25.02.2025 | 5 Minuten Lesezeit

Aufgrund ihrer günstigen geografischen Lage sind die Niederlande seit jeher eine der wichtigsten Handelsdrehscheiben in Europa und wirtschaftlich eng mit Deutschland verflochten. Der niederländische Markt bietet daher attraktive Chancen für mittelständische deutsche Investoren. Jeroen Gerits von RSM Netherlands berät deutsche Unternehmen, die in den Niederlanden aktiv sind, und erklärt, wie sie erfolgreich in den niederländischen Markt eintreten können.

Foto: RSM Netherlands

Warum sind die Niederlande gerade für deutsche Unternehmen ein attraktives Investitionsziel?

Die Niederlande sind aus mehreren Gründen ein attraktives Investitionsziel für deutsche Unternehmen. Zunächst einmal wegen der geografischen Nähe. So macht es beispielsweise die Nähe der Niederlande zu Deutschland für deutsche Unternehmen logistisch einfach und kosteneffizient, Geschäfte zu tätigen und Waren zu transportieren. Die Entfernung zwischen Amsterdam und dem Ruhrgebiet beträgt bspw. nur 200 Kilometer.

Entlang der Grenze zu Deutschland, aber vor allem im Süden des Landes, kennen die Niederländer die deutsche Sprache und Kultur. Das macht es auch für deutsche Unternehmen attraktiv und oft einfach, sich in den Niederlanden zu etablieren. Erwähnenswert sind auch die günstigen Steuerregelungen, die auch für deutsche Unternehmen große Chancen bieten. Und für Unternehmen, die in den Bereich "Forschung und Entwicklung" investieren, ist zudem interessant, dass sich die Niederlande stark für Innovation und Technologie einsetzen.

Gibt es Branchen oder Regionen, die derzeit aufstrebend sind und sich daher als Ziel für eine unternehmerische Aktivität besonders lohnen?

Der Technologie- und IT-Sektor, insbesondere in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Big Data, Cybersicherheit und Fintech, wächst rasant. Die Niederlande verfügen über eine starke technologische Infrastruktur und sind ein Zentrum für Start-ups in Städten wie Amsterdam, Eindhoven und Rotterdam. Auch die Brainport-Region in Eindhoven, nahe der deutschen Grenze, ist sicherlich ein Zentrum technologischer Innovation.

Darüber hinaus sind die Innovationscampus-Standorte Limburg Brightlands (im Bereich der Kreislaufchemie, Gesundheit und Datensicherheit) und Chemelot (Chemie und neue Materialien) ebenfalls Regionen, die sich dem globalen Wachstum verschrieben haben und eine große Anziehungskraft auf Unternehmer ausüben. Gerade Chemelot hat einen starken Bezug zu Deutschland, denn viele der Unternehmen, die bei Chemelot tätig sind, haben auch Aktivitäten im Ruhrgebiet.

Zudem sind die Niederlande aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa ein wichtiger Knotenpunkt im Bereich E-Commerce und Logistik und in der Region Parkstad in Süd-Limburg befinden sich einige der bekanntesten internationalen Unternehmen der Medizintechnikbranche. Zusammen stellen sie sicher, dass Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen weltweit blitzschnell Zugang zu grundlegenden und fortschrittlichen Gesundheitsressourcen, Medikamenten und Geräten haben. Um dies zu erreichen, schließen sich Unternehmen, Bildungseinrichtungen und staatliche Einrichtungen zusammen. Zusammen bilden sie Medlands Parkstad.

Welche Herausforderungen bestehen für deutsche Unternehmen beim Markteintritt in die Niederlande? Wie sollten sie sich hierauf vorbereiten?

Beim Eintritt in den niederländischen Markt gibt es viele Herausforderungen, aber diese Herausforderungen können mit der richtigen Unterstützung in den Niederlanden gelöst oder verhindert werden. Es ist daher vielleicht die wichtigste Herausforderung, den/die richtige(n) Partner(n) zu finden, um den Eintritt in den niederländischen Markt zu einem Erfolg zu machen.

Obwohl Deutschland und die Niederlande geografisch nahe beieinander liegen, stellen, neben unterschiedlichen Gesetzen und Vorschriften, v. a. kulturelle Unterschiede eine konkrete Herausforderung dar. Bspw. sind die Niederländer für ihre direkte Kommunikation bekannt, während die Deutschen oft förmlicher sind. Darüber hinaus ist der Entscheidungsprozess in den Niederlanden sicherlich anders. In niederländischen Unternehmen ist die Entscheidungsfindung oft dezentraler als in Deutschland, wo Entscheidungen oft von den höheren Managementebenen getroffen werden. Deutsche Unternehmen mit niederländischer Tochtergesellschaft müssen sich also auf eine autonomere Entscheidungsfindung auch auf unteren Hierarchieebenen einstellen.

Nun konkret zu den gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen in den Niederlanden. Du erwähntest gerade, dass es hier einige Unterschiede gibt. Welche Besonderheiten sollten deutsche Unternehmen bspw. kennen, wenn sie eine Tochtergesellschaft in den Niederlanden gründen möchten?

Bei der Gründung einer Tochtergesellschaft in den Niederlanden müssen deutsche Unternehmen einige Besonderheiten des niederländischen Gesellschafts- und Steuerrechts berücksichtigen. Zunächst einmal ist es natürlich wichtig, die Rechtsform zu wählen, die zum Unternehmen passt. Genau wie in Deutschland gibt es auch in den Niederlanden eine große Vielfalt an Rechtsformen, jede mit ihren eigenen Konsequenzen in Bezug auf die Besteuerung, aber auch auf die Verbindlichkeiten. In den Niederlanden wird wegen der möglichen Haftungsbeschränkung häufig eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (vergleichbar mit einer deutschen GmbH) gewählt. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unterliegt der niederländischen Körperschaftsteuer, die derzeit einen Spitzensatz von 25,8 % (19 % für Gewinne bis zu 200.000 Euro) hat. Das ist sicherlich ein sehr wettbewerbsfähiger Steuersatz im Vergleich zu Deutschland.

Es ist auch wichtig zu wissen, dass die Niederlande anderen europäischen Ländern voraus sind, wenn es um die Umsetzung der europäischen Gesetze und Verordnungen in die nationale Gesetzgebung geht. Im internationalen Kontext führt dies zu einem hohen Maß an Dokumentationspflichten. So müssen viele Nachweise bspw. bereits mit der Körperschaftsteuererklärung erstellt und vorgehalten werden. Dies steht im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen bestimmte Unterlagen erst auf Verlangen bei den Steuerbehörden eingereicht werden müssen und daher oft erst dann erstellt werden.

Gibt es in den Niederlanden spezielle Investitionsanreize bzw. steuerliche Fördermöglichkeiten auch oder gerade für ausländische Investoren?

Ja, die Niederlande bieten verschiedene Investitions- und Steueranreize, die für ausländische Investoren attraktiv sind. Bspw. in Form von Finanzierungen, Krediten und Fördermitteln.

Darüber hinaus bietet die Regierung z. B. für Start-ups und Scale-ups Unterstützung an. Speziell für Deutschland gibt es das Interreg-Programm, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stimuliert, um eine starke Wettbewerbsposition innerhalb Europas, insbesondere in der Grenzregion, zu schaffen.

Auch aus steuerlicher Sicht gibt es zahlreiche steuerliche Anreize für Investitionen, wie z. B: die Innovationsbox. Dabei handelt es sich um eine Steuerregelung, die einen ermäßigten Satz von 9 % auf Gewinne aus innovativen Aktivitäten vorsieht. Für energieeffiziente und umweltfreundliche Investitionen sind darüber hinaus bspw. der Betriebsausgabenabzug für Umweltinvestitionen oder die Sonderabschreibung von Umweltinvestitionen interessant.

Als Nachbarstaat sind die Niederlande für deutsche Unternehmen auch attraktiv, um qualifizierte Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im grenznahen Gebiet zu gewinnen. Worauf sollte dabei aus Arbeitgebersicht geachtet werden?

Derzeit arbeiten viele Niederländer im Grenzgebiet in Deutschland. Diese Zahl ist in den letzten Jahren sogar gestiegen. Für den Arbeitgeber ist es wichtig, sichere Vereinbarungen im Bereich des Arbeitsrechts zu treffen. Insbesondere darüber, welches Arbeitsrecht anwendbar ist.

Zudem muss auch die Art und Weise der Besteuerung des Arbeitslohns und des Einbehalts der Sozialversicherung für Grenzgänger berücksichtigt werden. Vor allem, wenn auch noch aus dem Homeoffice gearbeitet wird. Erfreulicherweise arbeiten Deutschland und die Niederlande in diesem Bereich zunehmend zusammen, um durch verschiedene Regelungen (z. B. bei der Arbeit aus dem Homeoffice) nachteilige steuerliche Folgen für Grenzgänger zu minimieren.

Zum Abschluss: Wie unterstützt Ihr deutsche Mandanten, die in den Niederlanden unternehmerisch aktiv werden wollen?

Unser RSM Büro Deutschland in Heerlen ist darauf spezialisiert, deutschen Unternehmern den niederländischen Markt zu erschließen (und umgekehrt). Wir verfügen nicht nur über das nötige Fachwissen, sondern sprechen vor allem die deutsche Sprache und verstehen die deutsche Kultur. Dadurch entsteht schnell eine vertrauliche Beziehung zu unseren deutschen Mandanten.

Darüber hinaus sehen wir es als unsere Aufgabe, unsere Mandanten in den Niederlanden zu entlasten. Das bedeutet, dass wir die fristgerechte Einhaltung von steuerlichen Pflichten überwachen und sicherstellen, proaktiv beraten und dafür sorgen, dass Probleme von vorneherein vermieden werden. Im internationalen Kontext ist es außerdem sehr wichtig, dass unser Beratungsansatz für die sich in den Niederlanden befindenden Geschäftseinheiten im Einklang sind mit den Regelungen und Vorschriften, die für Unternehmen in Deutschland gelten. Eine intensive Zusammenarbeit mit den deutschen Beratern ist dafür unabdingbar. Die Präsenz von RSM Ebner Stolz in unserem internationalen Netzwerk ist unter diesem Gesichtspunkt sehr wichtig.