Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Mai 2016 mit notariellem Vertrag mehrere Teileigentumsrechte an dem Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an insgesamt vier Gewerbeeinheiten sowie neun Tiefgaragenstellplätzen, erworben. Gemäß Ziffer II 2 Abs. 6 des Vertrages sollte der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (Vorschüsse, Instandhaltungsrücklage usw.) bei Besitzübergang auf die Klägerin übergehen. Gemäß Ziffer III betrug der Kaufpreis 40.000 € und war insgesamt fällig am 1.7.2016.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: II R 49/17 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Gegenleistung für den Grundstückserwerb und damit die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu Recht nicht um das Guthaben aus der streitigen Instandhaltungsrücklage vermindert.
Mit Urteil vom 9.10.1991 (Az.: II R 20/89) hatte der BFH entschieden, dass beim Erwerb einer Eigentumswohnung der gleichzeitige Erwerb eines in der Instandhaltungsrücklage angesammelten Guthabens nicht zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung gehört. Er stellte vor allem darauf ab, dass der Erwerb von Geldforderungen oder anderen vergleichbaren Vermögenspositionen selbst dann grunderwerbsteuerrechtlich unerheblich ist, wenn solche Rechte gem. § 96 BGB als Bestandteile des Grundstücks bürgerlich-rechtlich dessen Schicksal teilen und dass das Guthaben aus der Instandhaltungsrückstellung nach dem WEG eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition darstelle.
Diese Entscheidung erging vor Erlass des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 370), mit welchem insbesondere die Abs. 6 u. 7 bei § 10 WEG eingeführt worden waren. Im Gegensatz hierzu vertritt der BFH in dem nach Änderung des WEG ergangenen Urteil vom 2.3.2016 (Az.: II R 27/14; ebenso die Parallelentscheidungen Az.: II R 6/15, NV und II R 29/15, NV) die Ansicht, dass beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist und hat dabei offen gelassen, ob an der BFH-Rechtsprechung im Urteil vom 9.10.1991 auch angesichts der Änderung des WEG festzuhalten ist.
Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der Beurteilung des BFH in seinem Urteil vom 2.3.2015, auch für den vorliegenden Fall zu folgen. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 9.10.1991 sind nach Änderung des WEG nicht mehr anzuwenden. Denn den Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 2.3.2015 folgend ist die anteilige Instandhaltungsrückstellung Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese ist ein vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängiger teilrechtsfähiger und parteifähiger Verband sui generis. Sie kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen.
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