Zu diesem Zweck wurde der neue § 275d SGB V eingeführt, wonach die Strukturmerkmale abrechnungsrelevanter OPS-Kodes durch den Medizinischen Dienst (MD) künftig im Voraus gebündelt und außerhalb des Einzelfalls überprüft werden sollen. Hierbei müssen sich die Krankenhäuser die Einhaltung der Strukturmerkmale für entsprechende Leistungen begutachten und positiv bescheinigen lassen, um diese dann bei den Krankenkassen abrechnen zu können. Die Vorschrift trat zum 01.01.2020 in Kraft. Zur Entlastung der Krankenhäuser im Rahmen der Corona-Pandemie wurde die Prüfung der Strukturmerkmale zwar ausgesetzt. Am 20.05.2021 hat das Bundesministerium für Gesundheit allerdings die Richtlinie des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MD Bund) „Regelmäßige Begutachtungen zur Einhaltung von Strukturmerkmalen von OPS-Kodes nach § 275d SGB V“ (im Folgenden kurz „Prüfrichtlinie“) genehmigt, mit der das Verfahren zur Umsetzung der Prüfungen einheitlich festgelegt und der Startschuss für die Prüfungssaison 2021 gegeben wurde.
Richtlinie für die Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen
Aus der Prüfrichtlinie vom 27.05.2021 ergeben sich alle abrechnungsrelevanten OPS-Kodes mit Strukturmerkmalen sowie die einzelnen Strukturvoraussetzungen. Die Richtlinie enthält darüber hinaus die Anforderungen an die Antragsstellung durch das Krankenhaus, den Umfang der einzureichenden Nachweise, das Nähere zur Durchführung der Prüfung sowie allgemeine Bestimmungen zur Gültigkeitsdauer der Bescheinigungen.
Die Antragsfrist für das Prüfjahr 2021 ist grundsätzlich am 30.06.2021 abgelaufen. Der MD Bund hat jedoch zugesichert, dass auch Anträge, die bis zum 15.08.2021 eingereicht wurden, nicht als verspätet gewertet werden. Der Antrag auf Durchführung einer Strukturprüfung konnte in diesem Jahr mithin in der Zeit vom 20.05.2021 bis zum 15.08.2021 bei dem MD des jeweiligen Bundeslandes gestellt werden.
Interne Vorprüfung
Grundsätzlich gilt: Vor einer Begutachtung sollte das Krankenhaus in einem ersten Schritt sämtliche abrechnungsrelevanten OPS-Kodes anhand der Anlage 2 der Prüfrichtlinie identifizieren. Im Anschluss hieran sind die hierfür notwendigen Strukturmerkmale zu ermitteln, über die gemäß Anlage 6 ein Nachweis geführt werden muss. In Anlage 6 findet sich eine Auflistung der erforderlichen Unterlagen pro Strukturmerkmal.
Beispiel OPS-Kode 8-550
Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung: Strukturmerkmal „Multiprofessionelles Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzbezeichnung, Schwerpunktbezeichnung oder Facharztbezeichnung im Bereich Geriatrie erforderlich). Die Behandlungsleitung muss überwiegend in der zugehörigen geriatrischen Einheit tätig sein.“
Dieses Strukturmerkmal erfordert folgende Nachweise:
- Facharzturkunden/Qualifikationsnachweise der Personen, die die Behandlungsleitung sicherstellen,
- Nachweis über den Stellenanteil an der Behandlungsleitung beteiligter Personen (z. B. Arbeitsvertrag),
- Nachweis über die Sicherstellung der Behandlungsleitung (z. B. Dienstpläne, Visitenpläne, SOP) und Nachweis über die überwiegende Tätigkeit der fachärztlichen Behandlungsleitung in der geriatrischen Einheit (z. B. Arbeitsvertrag, Dienstpläne).
Liegen alle Unterlagen für sämtliche Strukturmerkmale vor, beantragt das Krankenhaus pro OPS-Kode und ggf. pro betroffener Station bzw. Einheit die Strukturprüfung beim örtlich zuständigen MD. Das entsprechende Antragsformular hierzu findet sich in Anlage 1 der Prüfrichtlinie. Ebenfalls einzureichen ist ein Selbstauskunftsbogen pro OPS-Kode.
Folgen im Falle eines Negativattests
Im Falle eines Negativattests bleiben dem Krankenhaus die Abrechnung und die Vereinbarung entsprechender Leistungen ab dem 01.01.2022 verwehrt. In diesem Fall soll das Krankenhaus aber eine Wiederholungsprüfung über die Einhaltung der Strukturmerkmale im Jahr der ursprünglichen Antragstellung durch den MD beantragen können. Die Gründe für das negative Prüfergebnis kann das Krankenhaus dem Gutachten entnehmen und entsprechend „nachbessern“. Im Zweifel wird sich ein Krankenhaus entscheiden müssen, ob es die Leistungen in der Form weiter anbieten möchte.
Ausnahmen im Rahmen der Prüfung
Krankenhäuser müssen die Strukturmerkmale das gesamte Jahr über einhalten. Den Prüfungszeitraum wählt der MD aus. In der Regel liegt die Zeitspanne dabei vor der Antragstellung und umfasst drei zusammenhängende Monate. § 25 Abs. 4 KHG regelt eine Ausnahme und berücksichtigt die bislang angespannte Lage der Krankenhäuser in Folge der Corona-Pandemie. Weist das Krankenhaus nach, im Zeitraum vom 01.11.2020 bis zum 30.06.2021 Corona-Patienten aufgenommen zu haben, dürfen Strukturmerkmale ausnahmsweise nur vorübergehend eingehalten worden sein. Insbesondere für intensivmedizinische Komplexbehandlungen wird die Möglichkeit zur Überprüfung der strukturellen Mindestanforderungen für diese Monate ausgesetzt, denn viele Krankenhäuser mussten ihre intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten kurzfristig aufstocken und konnten in der Zeit nicht alle strukturellen Anforderungen erfüllen. Hier wirkt sich möglicherweise die Fristverlängerung für die Antragsstellung bis zum 15.08.2021 aus, denn die Erleichterungen der Strukturprüfung nach § 25 KHG sind lediglich auf Prüfzeiträume bis zum 30.06.2021 beschränkt.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Gemäß § 275d Abs. 2 SGB V erhalten die Krankenhäuser sowohl bei Einhaltung als auch bei Nichteinhaltung der Strukturmerkmale der beantragten und geprüften Strukturvoraussetzungen einen Bescheid des MD. Dieser stellt einen Verwaltungsakt dar. Ergeht ein ablehnender Bescheid, kann hiergegen Widerspruch erhoben werden. Die Prüfung des Widerspruchs wird zunächst durch den jeweiligen Erstgutachter durchgeführt. Gibt der ursprünglich bestellte Gutachter dem Widerspruch nicht statt, wird bei erneuter Überprüfung des Falles ein zweiter Gutachter benannt. Haben beide Gutachter den Antrag des Krankenhauses im Widerspruchsverfahren abgelehnt, ergeht ein Widerspruchsbescheid, gegen den das Krankenhaus sodann Klage vor dem Sozialgericht erheben kann. Streitpunkte werden hierbei aller Voraussicht nach die wesentlich zu abstrakt gefassten Strukturmerkmale sein, da sie in der jetzigen Fassung noch der Auslegung durch den MD bedürfen.
Eine Feststellungsklage gegen die Prüfrichtlinie, etwa mit Blick auf die diskutierten datenschutzrechtlichen Bedenken, dürfte aufgrund der Bearbeitungsdauer eines entsprechenden Verfahrens für eine Abrechnung im Jahr 2022 nicht weiterhelfen. Vielmehr wird für den Erhalt einer fristwahrenden positiven Prüfbescheinigung mitunter die Einleitung eines Eilverfahrens in Betracht zu ziehen sein. Zwar haben Widerspruch und Klage gegen einen Negativbescheid des MD aufschiebende Wirkung. Allerdings führen sie nicht unmittelbar zu einer positiven Bescheinigung.
Fazit und Ausblick
Das eingangs beschriebene Ziel des Gesetzgebers, klarere Vorgaben für die Abrechnung von OPS-Kodes zu schaffen, ist zu begrüßen; die Umsetzung aber ist nur teilweise gelungen. Zwar dürften die Neuregelungen mehr Planungssicherheit für Krankenhäuser bezüglich ihrer apparativen und personellen Ausstattung mit sich bringen, da die Bescheinigung u. a. Angaben enthält, über welchen Zeitraum die Einhaltung der jeweiligen Strukturmerkmale als erfüllt angesehen wird. Es bestehen allerdings noch zahlreiche Auslegungsfragen, die voraussichtlich erst in langjährigen Rechtsstreitigkeiten beseitigt werden können. Die erforderliche interne Vorprüfung und die Durchführung der Strukturprüfungen bedeuten für die Krankenhäuser zudem einen ganz erheblichen Verwaltungsaufwand. Letztlich ist festzuhalten: Dürfen die Krankenhäuser bestimmte OPS-Kodes nicht mehr abrechnen, werden sie die Schließung von Stationen in Erwägung ziehen müssen. Die Herangehensweisen der MD im Rahmen der Prüfungen werden zeigen, ob dies das eigentliche Ziel der Neuregelungen war.