Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr (2009) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Kläger betrieb im Streitjahr einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen Gewinn er durch Bestandsvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG ermittelte. Zu diesem Betrieb, den er zum 1.7.2006 von seinen Eltern unentgeltlich übernommen hatte, gehörte eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG aus der Veräußerung eines Grundstücks im Wirtschaftsjahr 2005/2006 i.H.v. rd. 170.000 €.
Das Finanzamt folgte dieser Sachbehandlung bzgl. des Grundstücks in Ungarn nicht und löste die Rücklage nach § 6b Abs. 3 S. 5 EStG i.H.v. 900 € zum 30.6.2010 erfolgswirksam und unter Berücksichtigung eines Gewinnzuschlags nach § 6b Abs. 7 EStG auf. Er war der Auffassung, die Voraussetzung des § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG sei nicht erfüllt, da das Grundstück in Ungarn nicht zu einer inländischen Betriebsstätte des Klägers gehöre.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die gewinnerhöhende Auflösung der § 6b-Rücklage i.H.v. 900 € durch Bildung eines passiven Postens auszugleichen sei.
Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes kommt die Übertragung der Rücklage nur dann in Betracht, wenn ein Reinvestitionsobjekt i.S.d. § 6b Abs. 1 S. 2 EStG bis zum Ablauf der vierjährigen Reinvestitionsfrist angeschafft oder hergestellt wird (§ 6b Abs. 3 S. 2 EStG). Außerdem ist Voraussetzung, dass die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören (§ 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG). Das Grundstück in Ungarn, das dem Steuerpflichtigen bei Anwendung des § 6b EStG grundsätzlich entsprechend seiner Beteiligungsquote anteilig zuzurechnen war, diente dem Betrieb der KG und war damit keiner inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen.
An diesem Ergebnis ändert auch die rückwirkende Einfügung des § 6b Abs. 2a EStG durch das StÄndG 2015 nichts. Grund hierfür war die Entscheidung des EuGH v. 16.4.2015 (C - 591/13), wonach § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verstoße. Der Gesetzgeber hat daraufhin § 6b Abs. 2a EStG i.d.F. des StÄndG 2015 geschaffen, der gem. § 52 Abs. 14 EStG auch auf Veräußerungsgewinne anzuwenden ist, die vor Gesetzesverkündung (6.11.2015) entstanden sind. Nach § 6b Abs. 2a S. 1 EStG kann die festgesetzte Steuer, die auf einen Gewinn i.S.d. Abs. 2 entfällt, auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden. Voraussetzung ist, dass im Jahr der Veräußerung eines nach Abs. 1 S. 1 begünstigten Wirtschaftsguts oder in den folgenden vier Jahren ein in Abs. 1 S. 2 bezeichnetes Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, das einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zuzuordnen ist.
§ 6b Abs. 2a EStG vermittelt lediglich einen Anspruch auf zinslose Stundung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer. Im Rahmen der Steuerfestsetzung bleibt es dagegen bei der bisherigen Regelung, so dass die vom Finanzamt vorgenommene Auflösung der Rücklage zutreffend erfolgt war. Es auch unionsrechtskonform, dass § 6b Abs. 2a EStG die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer nur stundet, und der Stundungszeitraum einen Zeitraum von fünf Jahren erfasst. Wurden begünstigte Wirtschaftsgüter - so wie vorliegend - in einem Wirtschaftsjahr vor Inkrafttreten des StÄndG 2015 veräußert und die Steuererklärung vor dem 6.11.2015 (Zeitpunkt der Gesetzesverkündung) bereits abgegeben, genügt ein nachträglich gestellter Stundungsantrag "für" das betreffende Wirtschaftsjahr. Der Steuerpflichtige ist daher in einem solchen Fall auf Antrag so zu stellen, als habe er rechtzeitig Stundung begehrt.
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