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Steuerberatung

Übertragung einer Rentenversicherung mit lebenslanger Todesfallabsicherung

FG Münster 13.9.2018, 3 K 2766/16 Erb

Der Schen­kung­steuer un­ter­liegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede frei­ge­bige Zu­wen­dung un­ter Le­ben­den, so­weit der Be­dachte durch sie auf Kos­ten des Zu­wen­den­den be­rei­chert ist. Die Steuer ent­steht in die­sen Fällen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG grundsätz­lich mit Ausführung der Zu­wen­dung. Je­doch kann der Zeit­punkt der Steu­er­ent­ste­hung auch gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG hin­aus­ge­scho­ben sein.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläger sind Er­ben der 2016 ver­stor­be­nen Le­bens­gefähr­tin des 2012 ver­stor­be­nen Erb­las­sers. Die­ser hatte mit der Ver­si­che­rungs AG einen Ver­trag über eine Ren­ten­ver­si­che­rung mit le­bens­lan­ger To­des­fall­ab­si­che­rung bei ein­ma­li­ger Bei­trags­leis­tung ab­ge­schlos­sen. Nach den dazu er­gan­ge­nen All­ge­mei­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen ist die Ver­si­che­rung zur Zah­lung der Rente und der To­des­fall­leis­tung ver­pflich­tet. Die Aus­zah­lung er­folgt an den Ver­si­che­rungs­neh­mer bzw. des­sen Er­ben. Kündi­gung und Rück­for­de­rung des Ein­mal­be­tra­ges sind nicht möglich. Laut Ren­ten­an­trag die Le­bens­gefähr­tin als Be­zugs­be­rech­tigte be­nannt.

 

Im Jahr 2011 hatte der Erb­las­ser die Ver­si­che­rung un­ent­gelt­lich auf seine Le­bens­gefähr­tin über­tra­gen, die in seine Stel­lung als Ver­si­che­rungs­neh­mer ein­trat und fortan die Ren­ten­zah­lun­gen be­zog. Ver­si­cherte Per­son blieb der Erb­las­ser. Nach sei­nem Tod stellte die Ver­si­che­rung die Ren­ten­zah­lun­gen ein und zahlte der Le­bens­gefähr­tin des Erb­las­sers einen Be­trag als To­des­fall­leis­tung ein­schließlich Über­schuss­be­tei­li­gung aus.

 

Nach dem Tod des Erb­las­sers gab die Le­bens­gefähr­tin, die nicht Er­bin ge­wor­den war, beim Fi­nanz­amt eine Schen­kung­steu­er­erklärung und auch eine Erb­schaft­steu­er­erklärung ab. Als Schen­kung erklärte sie die Ren­ten­zah­lun­gen, die sie seit der Über­tra­gung des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges er­hal­ten hatte. In der Erb­schaft­steu­er­erklärung erklärte sie auf­grund von Verträgen zu­guns­ten Drit­ter an sie aus­ge­zahlte Bank­gut­ha­ben als Er­werb und die Schen­kung der Ren­ten­zah­lun­gen als Vor­er­werb. Die To­des­fall­leis­tung der Ver­si­che­rung hielt die Le­bens­gefähr­tin da­ge­gen we­der für schen­kung- noch für erb­schaft­steu­er­bar.

 

Nach­dem das Fi­nanz­amt die To­des­fall­leis­tung zunächst als Schen­kung un­ter Le­ben­den zu­sam­men mit den Ren­ten­zah­lun­gen be­steu­ert und bei der Fest­set­zung der Erb­schaft­steuer als Vor­er­werb er­fasst hatte, änderte es die Schen­kung­steu­er­fest­set­zung später da­hin­ge­hend ab, dass die Aus­zah­lung nicht mehr als Schen­kung er­fasst wurde. Es berück­sich­tigte da­bei die To­des­fall­leis­tung der Ver­si­che­rung als Er­werb gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.

 

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

 

Die Gründe:

Der Er­werb der To­des­fall­leis­tung ist nicht als Er­werb i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ein­zu­ord­nen. Der Erb­schaft­steuer un­ter­liegt da­nach der Er­werb durch Schen­kung auf den To­des­fall (§ 2301 BGB). Eine sol­che liegt vor, wenn das Schen­kungs­ver­spre­chen un­ter der Be­din­gung er­teilt wird, dass der Be­schenkte den Schen­ker über­lebt. Die Über­tra­gung der Ver­si­che­rung ist da­nach keine Schen­kung auf den To­des­fall, da sie 2011 un­be­dingt er­folgte und die Le­bens­gefähr­tin des Erb­las­sers die Ver­si­che­rungs­neh­mer­stel­lung so­fort er­langte.

 

Der Er­werb der To­des­fall­leis­tung er­folgte viel­mehr durch Schen­kung un­ter Le­ben­den gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wo­bei die Schen­kung­steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG mit dem Tod des Erb­las­sers ent­stan­den ist. Der Schen­kung­steuer un­ter­liegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede frei­ge­bige Zu­wen­dung un­ter Le­ben­den, so­weit der Be­dachte durch sie auf Kos­ten des Zu­wen­den­den be­rei­chert ist. Die Steuer ent­steht in die­sen Fällen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG grundsätz­lich mit Ausführung der Zu­wen­dung. Bei der Über­tra­gung ei­ner Ver­si­che­rungs­neh­mer­stel­lung wie im vor­lie­gen­den Fall ist das grundsätz­lich der Zeit­punkt, zu dem der Zu­wen­dungs­empfänger in die Ver­si­che­rungs­neh­mer­stel­lung einrückt.

 

Je­doch kann der Zeit­punkt der Steu­er­ent­ste­hung auch gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG hin­aus­ge­scho­ben sein. Die Re­ge­lung ist nicht auf Fälle des Er­wer­bes von To­des we­gen be­schränkt. Der BFH hat in sei­nem Ur­teil vom 21.4.2009, Az.: II R 57/07 aus­geführt, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sei als ei­genständige Re­ge­lung der Steu­er­ent­ste­hung bei Schen­kun­gen un­ter Le­ben­den al­lein des­halb er­for­der­lich ge­we­sen, weil die Steu­er­ent­ste­hung an­ders als re­gelmäßig beim Er­werb von To­des we­gen nicht an den Tod des bis­he­ri­gen Vermögens­in­ha­bers anknüpfen könne. Dar­aus folge aber nicht, dass § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG die Be­deu­tung ei­ner lex spe­cia­lis ge­genüber § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG zu­komme. Auch bei Schen­kun­gen un­ter Le­ben­den könn­ten sich die­sel­ben Pro­blem­la­gen, die in § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG an­ge­spro­chen seien, er­ge­ben. In­so­weit sei § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG als lex spe­cia­lis ge­genüber § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG an­zu­se­hen. Denn § 1 Abs. 2 ErbStG be­stimme, dass die Vor­schrif­ten über Er­werbe von To­des we­gen auch auf Schen­kun­gen un­ter Le­ben­den an­zu­wen­den seien, so­weit nichts an­de­res be­stimmt sei.

 

Bei An­wen­dung die­ser Recht­spre­chungs­grundsätze auf den vor­lie­gen­den Fall er­gibt sich, dass die Le­bens­gefähr­tin des Erb­las­sers mit der Einräum­ung der Ver­si­che­rungs­neh­mer­stel­lung 2011 eine un­ent­gelt­li­che Zu­wen­dung er­hal­ten hat, für die bezüglich der To­des­fall­leis­tung die Schen­kung­steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG mit dem Tod des Erb­las­sers ent­stan­den ist. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG ent­steht die Schen­kung­steuer ab­wei­chend von § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für zu einem Er­werb gehörende auf­schie­bend be­dingte, be­tagte oder be­fris­tete An­sprüche erst mit dem Ein­tritt der Be­din­gung oder des Er­eig­nis­ses. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG ent­steht die Schen­kung­steuer ab­wei­chend von § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für zu einem Er­werb gehörende auf­schie­bend be­dingte, be­tagte oder be­fris­tete An­sprüche erst mit dem Ein­tritt der Be­din­gung oder des Er­eig­nis­ses.

 

Zi­vil­recht­lich liegt eine Be­ta­gung vor, wenn eine For­de­rung be­reits ent­stan­den und le­dig­lich ihre Fällig­keit hin­aus­ge­scho­ben ist. Nach BFH-Recht­spre­chung be­trifft die Re­ge­lung des § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG je­doch nicht alle An­sprüche, die zi­vil­recht­lich als be­tagt an­zu­se­hen sind. Viel­mehr folgt aus der be­wer­tungs­recht­li­chen Be­hand­lung (§12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 3 BewG) noch nicht fälli­ger For­de­run­gen, dass die Schen­kung­steuer für sol­che An­sprüche, die zu einem be­stimm­ten (fest­ste­hen­den) Zeit­punkt fällig wer­den, dem Re­gel­fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ent­spre­chend be­reits mit dem Zeit­punkt der Ausführung der Zu­wen­dung ent­steht. In die­sen Fällen ist ein Be­rei­che­rungs­zu­stand be­reits im Zeit­punkt des Er­werbs ein­ge­tre­ten und des­sen Wert auf den Stich­tag - ggfs. un­ter Ab­zin­sung - fest­zu­stel­len. An­ders sind je­doch die­je­ni­gen be­tag­ten An­sprüche zu be­han­deln, bei de­nen der Zeit­punkt des Ein­tritts des zur Fällig­keit führen­den Er­eig­nis­ses un­be­stimmt ist. In die­sen Fällen ent­steht die Steuer (ebenso wie bei ei­ner auf­schie­bend be­ding­ten oder be­fris­te­ten For­de­rung) erst mit dem Ein­tritt des Er­eig­nis­ses, das zur Fällig­keit des An­spruchs führt.

 

So liegt der Fall hier. Denn die Fällig­keit der To­des­fall­leis­tung der Ver­si­che­rung war an den Tod des Erb­las­sers und da­mit - an­ders als in dem BFH-Ur­teil vom 7.10.2009, Az.: II R 27/07 zu­grunde lie­gen­den Sach­ver­halt - an ein un­be­stimm­tes Er­eig­nis geknüpft, so dass der Zeit­punkt der Steu­er­ent­ste­hung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG auf den Tod des Erb­las­sers hin­aus­ge­scho­ben war. Der Se­nat teilt da­bei nicht die Auf­fas­sung der Kläger­seite, dass bei ei­ner der­ar­ti­gen Sicht­weise die Re­ge­lung in § 12 Abs. 4 BewG, wo­nach An­sprüche aus Le­bens-, Ka­pi­tal- oder Ren­ten­ver­si­che­run­gen mit dem Rück­kaufs­wert zu be­wer­ten sind, ent­ge­gen der In­ten­tion des Ge­setz­ge­bers leerläuft.

 

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