Streitig ist, ob die Klägerin eine Schenkung seitens ihres Ehemannes im Wege der Einräumung eines Nießbrauchs erhalten hat. Der Ehemann der Klägerin übertrug mit ihrer Zustimmung den in seinem Eigentum stehenden Grundbesitz A-Straße 1 in M durch notariellen Übertragungsvertrag vom 10.4.2015 zu je 1/2 auf die beiden gemeinsamen Söhne. Laut Vertrag behielt sich der Ehemann der Klägerin zu seinen und der Klägerin Gunsten den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem übertragenen Grundbesitz vor, wobei die Nießbraucher insbesondere auch die Zins- und Tilgungsleistungen aus den Darlehnsverbindlichkeiten, die den eingetragenen Grundpfandrechten zugrunde liegen, zu tragen hatten.
Den Grundbesitz hatte der Ehemann der Klägerin von seinen Eltern in den 90er Jahren im Wege der Schenkung erhalten. Um die Hausverwaltung kümmerte sich die Klägerin, wobei der Zahlungsverkehr für den Grundbesitz über ein für diese Zwecke eingerichtetes, auf den Namen des Ehemannes der Klägerin lautendes Konto abgewickelt wurde und wird, für das die Klägerin Bankvollmacht hat. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einräumung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Klägerin laut Übertragungsvertrag seitens ihres Ehemanns unentgeltlich im Wege der Schenkung erfolgte, und setzte die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des Freibetrags gem. § 16 ErbStG i.H.v. 500.000 € nach einem steuerpflichtigen Erwerb fest. Den Wert des Erwerbs ermittelte das Finanzamt dabei gem. § 14 BewG ausgehend von den Angaben zu den aus dem Grundbesitz erzielten Mieten und den damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sowie unter Berücksichtigung der Begrenzung des Jahreswerts gem. § 16 BewG auf das 1/18, 6 fache des festgestellten Grundbesitzwertes.
Die Klägerin ist hingegen der Ansicht, der ihr eingeräumte anteilige Nießbrauch stelle keine Schenkung dar, und verwies dazu auf das Urteil des BFH vom 22.8.2007 (II R 33/06). Danach sei nur dann von einer freigebigen Zuwendung auszugehen, wenn der Zuwendungsempfänger über das Empfangene im Innenverhältnis rechtlich und tatsächlich endgültig frei verfügen könne. Das treffe auf ihren Fall jedoch nicht zu, da die Mieten aus dem Grundbesitz weiterhin auf dem allein auf ihren Ehemann lautenden Mietkonto vereinnahmt würden, von dem auch alle mit dem Grundbesitz zusammenhängenden Ausgaben inklusive Schuldendienst bestritten würden. Die Nießbrauchseinräumung sei allein zu ihrer Absicherung beim etwaigen Tod ihres Ehemanns erfolgt. Im Fall einer Trennung oder Scheidung sei das Nießbrauchsrecht zurückzuübertragen.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Gegenstand einer derartigen Zuwendung kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch ein Rentenstammrecht sein. Dies braucht nicht vom Rentenverpflichteten selbst zugewendet zu werden, sondern kann durch Vertrag zugunsten des Rentenberechtigten als Dritten diesem von einer anderen Person zugewendet worden sein. Diese Grundsätze sind auf die Einräumung der Gesamtgläubigerstellung bzgl. eines Nießbrauchsrechts, das wie das Rentenstammrecht im Zweifel nicht übertragbar ist (§ 1059 BGB), ebenso anzuwenden. Vorliegend fehlt es an einer Bereicherung, soweit der bedachte Gesamtgläubiger - hier die Klägerin - gem. § 430 BGB zum Ausgleich des Empfangenen verpflichtet ist oder aufgrund abweichender Vereinbarungen das Empfangene vollständig an den anderen Gesamtgläubiger - hier den Ehemann der Klägerin - herausgeben muss.
Die Frage, ob der durch den Vertrag zugunsten Dritter im Außenverhältnis zum Nießbrauchverpflichteten begünstigte Ehegatte i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereichert ist, beantwortet sich stets nach dem Innenverhältnis zum zuwendenden Ehegatten. Soweit hier Vereinbarungen fehlen, ist es vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen. Das tatsächliche Verhalten der Ehegatten bzgl. des Kontos, auf dem die Erträge aus dem zugewandten Recht vereinnahmt werden, muss danach mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Alleinberechtigung des Zuwendenden schließen lassen, um eine Schenkung an den anderen Ehegatten auszuschließen. Zu berücksichtigen ist dabei, wie die Ehegatten die Kosten der gemeinsamen Lebensführung bestreiten und welche Funktion dabei dem Mietkonto zukommt. Besonderes Gewicht kommt dabei der Verwendung der Mittel zu, die für die laufende Lebensführung nicht benötigt wurden. Standen diese Mittel der Klägerin auch für die Bildung eigenen Vermögens zur Verfügung, spricht das dafür, dass sie im Verhältnis zu ihrem Ehemann über die Erträge tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte.
Vorliegend steht unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin und der tatsächlichen Handhabung des Mietkontos, die sich den vorgelegten Kontoauszügen entnehmen lässt, fest, dass die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Ehemann nicht tatsächlich und rechtlich frei über die Erträge auf dem Mietkonto verfügen konnte. Das Konto lautet auf den Namen des Ehemannes der Klägerin und die ihr eingeräumte Bankvollmacht reicht dabei nicht aus, den von ihr vorgenommenen Verfügungen gegenüber ihrem Ehemann rechtlichen Bestand zu verschaffen. Auch sind keine Zahlungsbewegungen erkennbar, die im Interesse der Klägerin oder zum dem Zweck erfolgt sind, ihr die Bildung eigenen Vermögens zu ermöglichen. Vielmehr hat der Ehemann der Klägerin mit den vorhandenen Mitteln eigenes Vermögen in Form von Investmentfonds angespart oder Aufwendungen im eigenen Interesse beglichen (Arztrechnung). Es ist eine zuwendungsbezogene Betrachtung vorzunehmen, bei der nur das für die Erfassung der aus dem zugewendeten Nießbrauch fließenden Erträge relevante Konto einzubeziehen ist und die Handhabung der Eheleute bzgl. anderer Konten und der darauf aus anderen Einkunftsquellen fließenden Erträge nicht maßgeblich ist.
Auch soweit das Finanzamt einwendet, dass das Nießbrauchsrecht mit Lasten und Verpflichtungen verbunden sei, ergibt sich nichts anderes. Denn soweit die Nießbrauchsberechtigten hier die auf dem Grundbesitz liegenden öffentlichen und privaten Lasten übernommen haben, ergibt sich für die Klägerin aus deren Bedienung vom Mietkonto keine schenkungsteuerlich relevante Bereicherung. Denn die öffentlichen Lasten werden im Interesse der Grundstückseigentümer und die Darlehnsverbindlichkeiten im Interesse des Ehemanns der Klägerin bedient, der alleiniger persönlicher Schuldner geblieben ist. Auch die Tatsache, dass die Erhaltungsaufwendungen für den Grundbesitz von dem Mietkonto beglichen werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit diese Aufwendungen dazu führen, dass der Wert des Grundbesitzes erhalten oder ggfs. sogar gesteigert wird, profitieren davon vorrangig und unmittelbar die Grundstückseigentümer.
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