Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine Mutter waren zu einem bzw. zwei Dritteln Miteigentümer eines Grundstücks, das mit 14 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit bebaut war. Nach dem Tod seiner Mutter im Februar 2012 trat der Kläger sein Erbe an und setzte im Rahmen seiner Erklärung zur Bedarfswertfeststellung für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts nach § 185 BewG einen jährlichen Rohertrag i.S.d. § 186 BewG von 110.160 € an. Dabei ging er für vier Einheiten von den vertraglich vereinbarten Nettokaltmieten aus, legte jedoch für elf Einheiten die in dem Mietspiegel ausgewiesenen Mittelwerte zugrunde. Die tatsächliche Miete überschritt diese Mittelwerte dabei zu mehr als 20 %.
Das Finanzamt setzte den Grundbesitzwert der wirtschaftlichen Einheit auf den Todestag der Mutter für Zwecke der Erbschaftsteuer auf insgesamt 1.469.646 €, den Anteil des Klägers auf 979.764 € fest. Es ging von einem Rohertrag i.H.v. 130.272 € aus. Bei der Frage, ob die tatsächliche Miete um mehr als 20 % von der "üblichen Miete" abweicht setzte die Behörde als "übliche(n) Miete" nicht den Mittelwert, sondern den obersten Wert der im Mietspiegel ausgewiesenen Spanne an. Das Finanzamt kam dadurch bei lediglich zwei vermieteten Einheiten zu Abweichungen der tatsächlichen Miete von der üblichen Miete um mehr als 20 %. Als Rohertrag für diese Einheiten ("übliche Miete" i.S. des letzten Satzteils des § 186 Abs. 2 Satz 1 BewG) setzte es den Mittelwert des Mietspiegels an. Im Übrigen blieb es bei dem Ansatz der (höheren) vertraglich vereinbarten Miete.
Der Kläger war weiter der Auffassung, mit dem in § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG zwei Mal verwendeten Begriff "übliche(n) Miete" sei zwei Mal der Mittelwert des Mietspiegels gemeint. Er kam nach anderen rechnerischen Korrekturen zu einer Überschreitung der 20 %-Grenze für noch acht Einheiten und bezifferte den jährlichen Rohertrag des Grundstücks auf 110.210,76 €. Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass für die Prüfung der 20 %-Grenze i.S.d. § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG bei Zugrundelegung eines Mietspiegels auf den untersten oder obersten Wert der darin ausgewiesenen Mietpreisspanne abzustellen ist, nicht auf den Mittelwert.
Die Finanzverwaltung geht zur Bestimmung der "üblichen Miete" wie folgt vor:
Die übliche Miete kann aus Vergleichsmieten oder Mietspiegeln abgeleitet, mit Hilfe einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) geschätzt oder durch ein Mietgutachten ermittelt werden. Mietspiegel ist in erster Linie ein nach dem Gesetz zur Regelung der Miethöhe bzw. nach den §§ 558c, 558d BGB erstellter Mietspiegel für den Bewertungsstichtag, aber auch ein anderer Mietspiegel, der einen repräsentativen Querschnitt der ortsüblichen Entgelte vergleichbarer Wohnungen oder Räumlichkeiten aufweist. Ein Mietspiegel ist nach § 558c Abs. 1 BGB eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist. § 558d Abs. 1 BGB bezeichnet einen Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist, als qualifizierten Mietspiegel. Ist er nach Maßgabe von § 558d Abs. 2 BGB regelmäßig angepasst, wird nach § 558d Abs. 3 BGB vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.
Wird für die Anwendung des § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG ein Mietspiegel herangezogen, werden die Daten differenziert verwendet. In Mietspiegeln wird häufig der um Ausreißer bereinigte Durchschnitt aller erhobenen Mietwerte in Form des Mittelwerts veröffentlicht. Zusätzlich werden Mietspannen angegeben, um den Besonderheiten des Einzelfalls besser Rechnung tragen zu können. Grundsätzlich ist der im Mietspiegel ausgewiesene gewichtete Mittelwert anzusetzen. Bei ausreichenden Anhaltspunkten für einen konkreten niedrigeren oder höheren Wert ist dieser Wert anzusetzen. Für die Überprüfung der Ortsüblichkeit von tatsächlich erzielten Mieten ist auf den jeweils unteren Wert oder den jeweils oberen Wert der Spanne abzustellen. D.h. eine Miete, die mehr als 20 % niedriger ist als der untere Wert der Spanne bzw. die mehr als 20 % höher ist als der obere Wert der Spanne, ist nicht mehr ortsüblich.
Soweit es das Verständnis der zur Ermittlung der 20 %-Grenze anzusetzenden "üblichen Miete" betrifft, folgt der Senat der Auffassung der Finanzverwaltung. Alle Mietwerte innerhalb der Spannbreite eines Mietspiegels sind als üblich anzusehen. Erst die Überschreitung bzw. Unterschreitung der jeweiligen Grenzwerte führt zur Unüblichkeit. Das entspricht bereits dem allgemeinen Sprachgebrauch, der als "üblich" dasjenige zu bezeichnen pflegt, das sich "im Rahmen des Üblichen", also innerhalb einer gewissen Spanne, bewegt.
Es verkompliziert die Bewertung nicht, wenn als Vergleichsmaßstab statt des Mittelwerts ein äußerer Wert dient. Denn ebenso wie der Mittelwert ist auch der äußere Wert einfach aus dem Mietspiegel abzulesen. Auch stellt der Mittelwert keine verlässlichere Größe dar als die Mietpreisspanne. Als gewogenes Mittel ist er hieraus statistisch abgeleitet und deshalb von gleicher inhaltlicher Plausibilität.
Der für die Bewertung im Ertragswertverfahren maßgebliche Rohertrag eines bebauten Grundstücks ist grundsätzlich das Entgelt, das für die Benutzung nach den vertraglichen Vereinbarungen als Miete zu zahlen ist. Eine vertraglich vereinbarte Miete kann nicht mehr als üblich angesehen werden, wenn sie mehr als 20 % niedriger ist als der unterste Wert der Spanne des verwendeten Mietspiegels oder wenn sie mehr als 20 % höher ist als der oberste Wert der Spanne. Auf den Mittelwert kommt es insoweit nicht an.