Als Reaktion der Kriegshandlungen Russlands gegen die Ukraine haben sowohl die EU als auch zahlreiche weitere Staaten Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland beschlossen. Diese sollen die Wirtschaft in Russland schwächen und so die russische Regierung zu einem Einlenken in der kriegerischen Auseinandersetzung bewegen.
Auswirkungen der Sanktionen werden sich aber auch bei Unternehmen außerhalb Russlands zeigen, die an russischen Unternehmen beteiligt bzw. deren Anteilseigner in Russland ansässig sind oder die Geschäftsbeziehungen zu russischen Unternehmen unterhalten.
Aus deutscher Sicht können sich ertragsteuerliche Fragestellungen z. B. in folgenden Konstellationen ergeben:
- Russische Unternehmen können in eine existenzgefährdende Situation kommen, so dass ggf. Beteiligungswerte inländischer Anteilseigner abzuschreiben sind. Diese sind grundsätzlich ertragsteuerlich nicht abziehbar. Kommt ggf. ein Abzug als sog. finaler Verlust in Betracht?
- Entsprechend können auch Darlehen, die an russische Tochtergesellschaften ausgereicht wurden, uneinbringbar werden. Auch hinsichtlich dieser Verluste ist zu klären, ob sie ggf. ertragsteuerlich im Inland genutzt werden können.
- Ausstehende Forderungen gegenüber russischen Geschäftspartnern könnten infolge der Finanzsanktionen ausfallen. Zu klären wird sein, ob der ertragsteuerlichen Geltendmachung eines Verlusts nationale steuerliche Vorgaben entgegenstehen.
- Aus bestehenden Geschäftsbeziehungen und den hieraus resultierenden Forderungen können sich Fremdwährungsverluste ergeben. Es stellt sich die Frage, ob diese Fremdwährungsverluste steuerlich geltend gemacht werden können.
- Infolge des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen zu russischen Kunden oder Lieferanten können zusätzliche Kosten anfallen. Auch hier ist zu prüfen, ob der Betriebsausgabenabzug in Frage stehen könnte.
- Auswirkungen könnten die durch die Kriegshandlungen eintretenden Unterbrechungen von Lieferketten auch auf die bestehende Verrechnungspreiskalkulation haben. Es sollte ggf. eine Überprüfung bestehender Vereinbarungen erfolgen.
- Fliehen Mitarbeiter einer ukrainischen Konzerngesellschaft nach Deutschland und arbeiten von hier aus weiter, ist zu prüfen, inwieweit sich lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen ergeben und es zu einer Begründung von ertragsteuerlichen Betriebsstätten in Deutschland kommt. Diese Fragestellungen könnten sich auch bei Mitarbeitern anderer Konzerngesellschaften, etwa in Russland oder Anrainerstaaten zum Konfliktherd, ergeben.
- Zudem ist zu klären, wie Unterstützungsleistungen und Spenden deutscher Unternehmen steuerlich geltend gemacht werden können.