Mit zwei Entscheidungen vom 21.12.2022 (Az. VIII ZR 199/20 und 200/20) verpflichtet der BGH Strom- und Gaslieferanten, bei Preisanpassungen auch außerhalb der Grundversorgung die einzelnen Preisbestandteile aufzuführen und einander gegenüber zu stellen. Der BGH begründet das mit dem berechtigten Bedürfnis der Kunden nach größtmöglicher Transparenz der Preisänderungsmitteilung.
Bestandteile der Energiepreise
Der Strompreis und der Gaspreis setzen sich aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. Neben dem reinen Energiepreis berechnet der Lieferant die Kosten für die Netznutzung, diverse Umlagen und Abgaben sowie die auf die jeweilige Energieart erhobenen Steuern. Ändern sich einzelne Preisbestandteile, geben Energielieferanten diese Änderungen an die Kunden weiter.
Pflichten des Grundversorgers
Ändert der Grundversorger die allgemeinen Preise der Grundversorgung, muss er das öffentlich bekannt machen und die Kunden brieflich informieren. Die Transparenzpflichten bei Strom und Gas sind unterschiedlich ausgeprägt. Die Stromgrundversorgungsverordnung schreibt vor, dass die Stromsteuer, die Konzessionsabgabe, jeweils gesondert die Umlagen und Aufschläge nach § 12 Abs. 1 des Energiefinanzierungsgesetzes, § 19 Abs. 2 der Stromnetzentgeltverordnung und § 18 der Verordnung zu abschaltbaren Lasten und jeweils gesondert die Netzentgelte und die Entgelte des Messstellenbetreibers aufgeführt werden müssen. Zusätzlich zu diesen Angaben hat der Grundversorger den auf die Grundversorgung entfallenden Kostenanteil anzugeben, der sich rechnerisch nach Abzug der Umsatzsteuer und der genannten Belastungen von dem allgemeinen Preis ergibt, und diesen Kostenanteil getrennt zu benennen.
Die Gasgrundversorgungsverordnung schreibt vor, dass der Grundversorger die Energiesteuer, die Konzessionsabgabe und die Kosten für den Erwerb von Emissionszertifikaten nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz gesondert aufführen muss.
Ändern Grundversorger die allgemeinen Preise, müssen sie die einzelnen Bestandteile vor und nach der Preiserhöhung einander gegenüberstellen (BGH-Urteil vom 06.06.2018, Az. VIII ZR 247/17).
Gleiches Recht für alle!
Für Preisänderungen bei Verträgen außerhalb der Grundversorgung sieht das Energiewirtschaftsgesetz derartige Regelungen nicht vor. Dennoch meint der BGH, dass auch bei Sonderverträgen dieselben Verpflichtungen gelten. Der BGH begründet das damit, dass die o. g. Verpflichtungen des Grundversorgers sich aus den einschlägigen EU-Richtlinien ergeben und der Gesetzgeber auch für Lieferverträge außerhalb der Grundversorgung nicht hinter diesen Vorgaben zurückbleiben wollte. Überdies seien Kunden außerhalb der Grundversorgung nicht weniger schützenswert als grundversorgte Kunden. Kunden müssen „in voller Sachkenntnis“ entscheiden können, ob sie die Preisanpassung akzeptieren oder den Vertrag kündigen. Das sei nur sichergestellt, wenn sie darüber informiert sind, welche Preisbestandteile sich geändert haben und welche nicht.
Hinweis: Man mag dem BGH vorwerfen, mit diesen Vorgaben über das Ziel hinausgeschossen zu sein und ein idealisiertes Bild des informierten Verbrauchers zu hegen. Für Energielieferanten gilt, dass Erläuterungen zu Preisanpassungen künftig ausführlicher ausfallen und die vom BGH geforderte Gegenüberstellung enthalten müssen. Während des Zeitraums der Geltung der Energiepreisbremsen sind allerdings die Informationspflichten nach den Grundversorgungsverordnungen und dem Energiewirtschaftsgesetz ausgesetzt, es gelten nur die Informationspflichten nach dem Strompreisbremsengesetz und dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz.