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Steuerberatung

Umsatzsteuer im vorläufigen Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung

FG Münster v. 12.3.2019 - 15 K 1535/18 U

Das Fi­nanz­amt darf die während des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­fah­rens un­ter Ei­gen­ver­wal­tung ent­stan­dene Um­satz­steuer nicht als Mas­se­ver­bind­lich­keit ge­genüber dem späte­ren In­sol­venz­ver­wal­ter fest­set­zen. Der Ge­setz­ge­ber hat durch die Einräum­ung der Möglich­keit ei­ner vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung das Ziel ver­folgt, Schuld­nern den Zu­gang zu die­sem Ver­fah­ren zu er­leich­tern und durch Er­hal­tung ih­rer Verfügungs­be­fug­nisse das Ver­trauen ih­rer Ge­schäfts­part­ner zu si­chern.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war zum vorläufi­gen Sach­wal­ter über das Vermögen ei­ner GmbH be­stellt wor­den, nach­dem diese die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens in Ei­gen­ver­wal­tung be­an­tragt hatte. Nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens wurde er zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt. Kurz dar­auf hatte er im vorläufi­gen In­sol­venz­ver­fah­ren von der GmbH ge­leis­tete Um­satz­steu­er­zah­lun­gen an­ge­foch­ten, was zu ei­ner Er­stat­tung der Beträge führte. Diese Beträge setzte das Fi­nanz­amt ge­genüber dem Kläger als Mas­se­ver­bind­lich­keit fest, mel­dete sie aber zu­gleich als In­sol­venz­for­de­rung an.

Der Kläger wandte sich ge­gen die Fest­set­zung mit der Begründung, dass es sich nicht um Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten han­dele. Das FG gab der Klage voll­umfäng­lich statt. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts und zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hätte die im vorläufi­gen In­sol­venz­ver­fah­ren un­ter Ei­gen­ver­wal­tung ent­stan­de­nen Um­satz­steu­ern nicht als Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten ge­genüber dem späte­ren In­sol­venz­ver­wal­ter fest­set­zen dürfen, da es sich le­dig­lich um In­sol­venz­for­de­run­gen han­delte. Durch die er­folg­rei­che In­sol­venz­an­fech­tung lebt die ur­sprüng­lich er­lo­schene Steu­er­for­de­rung zwar wie­der auf; sie kann je­doch nicht als Mas­se­ver­bind­lich­keit qua­li­fi­ziert wer­den.

Zunächst ein­mal ist nicht da­von aus­zu­ge­hen, dass im Rah­men der vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung aus­schließlich Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten begründet wer­den können, da an­sons­ten die In­sol­venz­masse zu­las­ten al­ler Gläubi­ger auf­ge­zehrt wer­den würde. Es han­delt sich auch nicht um eine von einem vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter oder vom Schuld­ner mit des­sen Zu­stim­mung begründete Ver­bind­lich­keit i.S.v. § 55 Abs. 2 bzw. Abs. 4 InsO, weil bei der vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung ge­rade kein vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt wird. Diese Vor­schrif­ten sind auch nicht ana­log an­zu­wen­den, weil einem vorläufi­gen Sach­wal­ter - im Ge­gen­satz zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter - keine in­sol­venz­spe­zi­fi­schen Be­fug­nisse zu­ge­wie­sen sind und der Ge­setz­ge­ber diese un­ter­schied­li­che Rechts­stel­lung be­wusst ein­geführt hat.

Aus dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­heits­satz nach Art. 3 Abs. 1 GG folgt zu­dem kein Ge­bot, den vorläufi­gen Sach­wal­ter mit einem vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter gleich­zu­stel­len. Viel­mehr hat der Ge­setz­ge­ber durch die Einräum­ung der Möglich­keit ei­ner vorläufi­gen Ei­gen­ver­wal­tung das Ziel ver­folgt, Schuld­nern den Zu­gang zu die­sem Ver­fah­ren zu er­leich­tern und durch Er­hal­tung ih­rer Verfügungs­be­fug­nisse das Ver­trauen ih­rer Ge­schäfts­part­ner zu si­chern. Auch das Uni­ons­recht ge­bie­tet keine der­ar­tige Gleich­stel­lung. Denn weil die vorläufige Ei­gen­ver­wal­tung von ei­ner Ent­schei­dung des In­sol­venz­ge­richts abhängt, han­delt es sich nicht um eine für eine eu­ro­pa­rechts­wid­rige Bei­hilfe er­for­der­li­che se­lek­tive Vor­teils­gewährung. Ein Wett­be­werbs­vor­teil er­gibt sich eben­falls nicht, da die Um­satz­steuer un­abhängig da­von einen durch­lau­fen­den Pos­ten dar­stellt, ob sie als Mas­se­ver­bind­lich­keit oder als In­sol­venz­for­de­rung qua­li­fi­ziert wird.

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