Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreut u.a. Mandanten, die im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, und erbrachte in diesem Zusammenhang im II. Quartal 2010 im Gemeinschaftsgebiet steuerbare sonstige Leistungen aus anwaltlicher Tätigkeit gem. § 3a Abs. 2 UStG. Sie reichte diesbezüglich für das I. Quartal 2010 eine zusammenfassende Meldung gem. § 18a UStG ein. Im Oktober 2011 erinnerte das Finanzamt die Klägerin an die Abgabe der zusammenfassenden Meldung für das II. Quartal 2010.
Das FG wies die gegen die Erinnerung gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundlegender Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az.: XI R 15/15 anhängig.
Die Gründe:
Die Erinnerung an die Abgabe der zusammenfassenden Meldung gem. § 18a Abs. 8 S. 1 UStG i.V.m. § 149 Abs. 1 S. 2 AO war zu Recht ergangen.
Die Klägerin war von der Pflicht zur Abgabe der zusammenfassenden Meldung nicht im Hinblick auf ihr Berufsgeheimnis bzw. ihre Verschwiegenheitspflicht als Rechtsanwaltsgesellschaft gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO entbunden. Ein Mandant, der sich einem Anwalt anvertraut, hat zwar ein Interesse daran, dass seine Informationen, die häufig seinen persönlichen Lebensbereich betreffen dürften, nicht ohne seinen Willen offenbart werden. Dieses Interesse ist verfassungsrechtlich gewährleistet durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG. Hinzu kommt das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Anwälte, das sich in der durch Art. 12 GG gewährleisteten freien Ausübung des Anwaltsberufs konkretisiert.
Auf der anderen Seite ist tragender Zweck der Anforderungen des § 18a UStG jedoch der Schutz des von der Rechtsordnung anerkannten Gutes der Besteuerungsgleichheit, also ein mit Verfassungsrang ausgestattetes öffentliches Interesse gem. Art. 3 Abs. 1 GG, und der Schutz des Rechtsstaatsprinzips. So beruht die zusammenfassende Meldung nach § 18a UStG auf Art. 262 ff. MwStSystR, Richtlinie 2006/112/EG. Die Pflicht zur Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers und des jeweiligen Gesamtbetrages der Dienstleistungen folgt aus Art. 264 Abs. 1b) und d) der MwStSystRL. Hintergrund dieser Regelung war der Wegfall der Grenzkontrollen an den innergemeinschaftlichen Grenzen, der auf Gemeinschaftsebene die Einführung eines neuen Kontrollsystems erforderlich machte. Infolgedessen war die Frage, welche konkreten Angaben von einem Rechtsanwalt gefordert werden können, im Wege einer Güterabwägung zwischen der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu entscheiden.
Bei der Güterabwägung konnte zwar der Schutz des Rechtsanwalts und seiner Mandanten durch das mit Strafe bewehrte Steuergeheimnis nicht unberücksichtigt bleiben. Als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts dient § 30 AO dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und der anderen zur Auskunftserteilung verpflichteten Personen. Zugleich bezweckt die Vorschrift aber auch, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich erheblichen Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen. Diesen öffentlichen Interessen, die über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgehen, kommen jedenfalls in Bezug auf die Offenbarungspflichten des § 18a UStG Vorrang vor der anwaltlichen Schweigepflicht zu. Schließlich sind die zu offenbarenden Sachverhalte nicht derart gewichtig, dass sie dem Ziel der Steuergerechtigkeit vorgehen würden.
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