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Umsatzsteuer: Zusammenfassende Meldung und Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten

FG Köln 15.4.2015, 2 K 3593/11

Den öff­ent­li­chen In­ter­es­sen, die über das nur fis­ka­li­sche In­ter­esse an der Si­che­rung des Steu­er­auf­kom­mens hin­aus­ge­hen, kom­men je­den­falls in Be­zug auf die Of­fen­ba­rungs­pflich­ten des § 18a UStG Vor­rang vor der an­walt­li­chen Schwei­ge­pflicht zu. Schließlich sind die zu of­fen­ba­ren­den Sach­ver­halte nicht der­art ge­wich­tig, dass sie dem Ziel der Steu­er­ge­rech­tig­keit vor­ge­hen würden.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung. Sie be­treut u.a. Man­dan­ten, die im Ge­mein­schafts­ge­biet ansässig sind, und er­brachte in die­sem Zu­sam­men­hang im II. Quar­tal 2010 im Ge­mein­schafts­ge­biet steu­er­bare sons­tige Leis­tun­gen aus an­walt­li­cher Tätig­keit gem. § 3a Abs. 2 UStG. Sie reichte dies­bezüglich für das I. Quar­tal 2010 eine zu­sam­men­fas­sende Mel­dung gem. § 18a UStG ein. Im Ok­to­ber 2011 er­in­nerte das Fi­nanz­amt die Kläge­rin an die Ab­gabe der zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung für das II. Quar­tal 2010.

Die Kläge­rin war der An­sicht, dass die Steu­er­behörde zu Un­recht die Ab­gabe ei­ner zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung für das II. Quar­tal 2010 for­dere. Sie könne als Rechts­an­walts­ge­sell­schaft gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 b) AO die Wei­ter­gabe sol­cher In­for­ma­tio­nen ver­wei­gern, die ihr in ih­rer an­walt­li­chen Ei­gen­schaft an­ver­traut oder be­kannt ge­wor­den seien. Die Ver­schwie­gen­heits­pflicht be­ziehe sich auch auf die Man­dats­be­zie­hung als sol­che. Ins­be­son­dere könne in der bloßen Mit­tei­lung der Um­satz­steue­ri­den­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer im Zuge der An­bahnung des Man­dats­verhält­nis­ses und der Zu­stim­mung zur Ver­wen­dung der Um­satz­steue­ri­den­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer im Rah­men der Rech­nungs­stel­lung keine kon­klu­dente Ent­bin­dung von der Ver­schwie­gen­heits­ver­pflich­tung ge­se­hen wer­den.

Das FG wies die ge­gen die Er­in­ne­rung ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grund­le­gen­der Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: XI R 15/15 anhängig.

Die Gründe:
Die Er­in­ne­rung an die Ab­gabe der zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung gem. § 18a Abs. 8 S. 1 UStG i.V.m. § 149 Abs. 1 S. 2 AO war zu Recht er­gan­gen.

Die Kläge­rin war von der Pflicht zur Ab­gabe der zu­sam­men­fas­sen­den Mel­dung nicht im Hin­blick auf ihr Be­rufs­ge­heim­nis bzw. ihre Ver­schwie­gen­heits­pflicht als Rechts­an­walts­ge­sell­schaft gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO ent­bun­den. Ein Man­dant, der sich einem An­walt an­ver­traut, hat zwar ein In­ter­esse daran, dass seine In­for­ma­tio­nen, die häufig sei­nen persönli­chen Le­bens­be­reich be­tref­fen dürf­ten, nicht ohne sei­nen Wil­len of­fen­bart wer­den. Die­ses In­ter­esse ist ver­fas­sungs­recht­lich gewähr­leis­tet durch das Recht auf in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG. Hinzu kommt das all­ge­meine Ver­trauen in die Ver­schwie­gen­heit der Anwälte, das sich in der durch Art. 12 GG gewähr­leis­te­ten freien Ausübung des An­walts­be­rufs kon­kre­ti­siert.

Auf der an­de­ren Seite ist tra­gen­der Zweck der An­for­de­run­gen des § 18a UStG je­doch der Schutz des von der Rechts­ord­nung an­er­kann­ten Gu­tes der Be­steue­rungs­gleich­heit, also ein mit Ver­fas­sungs­rang aus­ge­stat­te­tes öff­ent­li­ches In­ter­esse gem. Art. 3 Abs. 1 GG, und der Schutz des Rechts­staats­prin­zips. So be­ruht die zu­sam­men­fas­sende Mel­dung nach § 18a UStG auf Art. 262 ff. MwSt­SystR, Richt­li­nie 2006/112/EG. Die Pflicht zur An­gabe der Um­satz­steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer des Leis­tungs­empfängers und des je­wei­li­gen Ge­samt­be­tra­ges der Dienst­leis­tun­gen folgt aus Art. 264 Abs. 1b) und d) der MwSt­Sys­tRL. Hin­ter­grund die­ser Re­ge­lung war der Weg­fall der Grenz­kon­trol­len an den in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Gren­zen, der auf Ge­mein­schafts­ebene die Einführung ei­nes neuen Kon­troll­sys­tems er­for­der­lich machte. In­fol­ge­des­sen war die Frage, wel­che kon­kre­ten An­ga­ben von einem Rechts­an­walt ge­for­dert wer­den können, im Wege ei­ner Güter­abwägung zwi­schen der an­walt­li­chen Schwei­ge­pflicht und der Gleichmäßig­keit der Be­steue­rung un­ter Berück­sich­ti­gung des Verhält­nismäßig­keits­prin­zips zu ent­schei­den.

Bei der Güter­abwägung konnte zwar der Schutz des Rechts­an­walts und sei­ner Man­dan­ten durch das mit Strafe be­wehrte Steu­er­ge­heim­nis nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Als Ge­genstück zu den weit­ge­hen­den Of­fen­ba­rungs­pflich­ten des Steu­er­rechts dient § 30 AO dem pri­va­ten Ge­heim­hal­tungs­in­ter­esse des Steu­er­pflich­ti­gen und der an­de­ren zur Aus­kunfts­er­tei­lung ver­pflich­te­ten Per­so­nen. Zu­gleich be­zweckt die Vor­schrift aber auch, durch be­son­de­ren Schutz des Ver­trau­ens in die Amts­ver­schwie­gen­heit die Be­reit­schaft zur Of­fen­le­gung der steu­er­lich er­heb­li­chen Sach­ver­halte zu fördern, um so das Steu­er­ver­fah­ren zu er­leich­tern, die Steu­er­quel­len vollständig zu er­fas­sen und eine ge­setzmäßige, ins­be­son­dere gleichmäßige Be­steue­rung si­cher­zu­stel­len. Die­sen öff­ent­li­chen In­ter­es­sen, die über das nur fis­ka­li­sche In­ter­esse an der Si­che­rung des Steu­er­auf­kom­mens hin­aus­ge­hen, kom­men je­den­falls in Be­zug auf die Of­fen­ba­rungs­pflich­ten des § 18a UStG Vor­rang vor der an­walt­li­chen Schwei­ge­pflicht zu. Schließlich sind die zu of­fen­ba­ren­den Sach­ver­halte nicht der­art ge­wich­tig, dass sie dem Ziel der Steu­er­ge­rech­tig­keit vor­ge­hen würden.

Link­hin­weis:

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