Das BMF veröffentlichte am 8.5.2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften. Da der Referentenentwurf neben den titelgebenden Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität eine Vielzahl steuerlicher Themen enthält, wird das Vorhaben auch als „Jahressteuergesetz 2019“ (kurz JStG 2019) bezeichnet. Am 31.7.2019 beschloss die Bundesregierung, den Entwurf des Gesetzes in leicht modifizierter Form in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Darin ist nunmehr auch eine Umsatzsteuerbefreiung für Privatkliniken vorgesehen.
Seit der Änderung des Umsatzsteuergesetzes zum 1.1.2009, in der die Besteuerung der Krankenhäuser im § 4 Nr. 14 b Satz 1 und Satz 2 aa) UStG (vorher im 4 Nr. 16 a und b UStG) neu geregelt wurde, konnte der Großteil der Privatkliniken die Umsatzsteuerbefreiung nicht mehr in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber knüpft die Steuerbefreiung seit 2009 für Krankenhäuser, die nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger betrieben werden, an den Bedarfsvorbehalt des
§ 108 SGB. Ist ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausbedarfsplan des entsprechenden Bundeslandes aufgenommen, kann es derzeit die Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht nicht in Anspruch nehmen. Diese nationale Regelung steht nach der Rechtsprechung des BFH nicht in Einklang mit den Regelungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtline. Danach ist die Umsatzsteuerfreiheit unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Durch die Neuregelung in Artikel 9 des JStG 2019 soll das deutsche Recht an das EU-Recht angepasst werden. Krankenhäuser, die nicht von öffentlich-rechtlichen Trägern betrieben werden oder bei denen es sich nicht um Plankrankenhäuser im Sinne des § 108 SGB V handelt, sind nach der Anpassung des § 4 Nr. 14 b Satz 2 aa) UStG steuerfrei, wenn
- sie ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind. In sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn
- das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und
- die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Kranken-hausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder
- voraussichtlich mindestens 40 % der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b UStG genannten Personen (gesetzlich Versicherte, Leistungsempfänger der Grundsicherung, Sozialhilfeempfänger oder Versorgungsberechtigte) zugutekommen.
Zur Interpretation der aus der Mehrwertsteuersystem-Richtline übernommenen Voraussetzung „Leistungserbringung unter in sozialer Hinsicht vergleichbaren Bedingungen wie öffentlich-rechtliche Krankenhäuser“ greift der Gesetzgeber auf die ursprünglich im § 4 Nr. 16 b) UStG verankerten Regelungen zurück.
Hinweis
Mit der Verabschiedung des JStG 2019 ist voraussichtlich Ende Oktober / Anfang November zu rechnen. Die Neureglung soll ab 1.1.2020 Anwendung finden. Wollen Privatkliniken für Zeiträume bis Ende 2019 die Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen, müssen sie sich wie bisher auch auf die Mehrwertsteuersystem-Richtline berufen. Privatkliniken, die die Voraussetzungen des neuen § 4 Nr. 14 b Satz 2 aa) 2. Halbsatz UStG erfüllen, haben künftig zwingend umsatzsteuerfreie Krankenhausleistungen zu deklarieren, da eine Option zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 UStG nicht vorgesehen ist. Ein de facto Wahlrecht wie im Zeitraum von 2009 und 2019 besteht dann nicht mehr. Privatkliniken, die sich bisher nicht auf die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie berufen haben und nach nationalem Recht umsatzsteuerpflichtige Krankenhausleistungen und dementsprechend Vorsteuerabzüge erklärt haben, müssen ggf. mit Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG rechnen.