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Steuerberatung

Umsatzsteuerfreiheit von Eingliederungsleistungen

BFH 9.3.2017, V R 39/16

Die Be­schränkung der Um­satz­steu­er­frei­heit für Ein­glie­de­rungs­leis­tun­gen gem. § 4 Nr. 16 h UStG auf die Leis­tun­gen von Un­ter­neh­mern, mit de­nen eine Ver­ein­ba­rung nach § 75 SGB XII be­steht, ist uni­ons­rechts­kon­form.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war als Er­zie­he­rin und selbständige Be­treue­rin für einen ge­meinnützi­gen Ver­ein tätig, des­sen Vor­sit­zende sie war. Zwi­schen dem Ver­ein und dem Land­kreis be­stand ein Ver­trag nach § 75 f. SGB XII. Sie un­terstützte mit ih­ren für den Ver­ein er­brach­ten Leis­tun­gen see­li­sch kranke Men­schen in ih­ren Woh­nun­gen bei der Er­wei­te­rung psy­cho­so­zia­ler und kom­mu­ni­ka­ti­ver Kom­pe­ten­zen. Dies diente der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe nach § 53 SGB XII. Seit 2011 war sie teil­weise auch un­mit­tel­bar für ver­schie­dene So­zi­al­hil­feträger tätig.

Im An­schluss an eine Um­satz­steuer-Son­derprüfung ging das Fi­nanz­amt da­von aus, dass die Kläge­rin steu­er­pflich­tige Leis­tun­gen er­bracht habe und er­ließ ent­spre­chende Um­satz­steu­er­jah­res­be­scheide für die Jahre 2009 bis 2012. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Zwar seien die Leis­tun­gen der Kläge­rin nach na­tio­na­lem Recht steu­er­pflich­tig. Sie könne sich für die Steu­er­frei­heit ih­rer Leis­tun­gen aber auf Art. 132 Abs. 1 g MwSt­Sys­tRL so­wie auf die hierzu er­gan­gene EuGH- und BFH-Recht­spre­chung be­ru­fen. Die Möglich­keit ei­nes Ver­trags­schlus­ses mit einem So­zi­al­ver­si­che­rungsträger rei­che zur Begründung der An­er­ken­nung aus. Es lägen keine An­halts­punkte vor, dass die Kläge­rin ihre Leis­tun­gen nicht be­reits ab 2009 mit den Trägern habe ab­rech­nen können.

Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage an das FG zurück.

Gründe:
Die Leis­tun­gen der Kläge­rin wa­ren nicht auf­grund von Ver­ein­ba­run­gen nach § 4 Nr. 16 h UStG i.V.m. § 75 SGB XII steu­er­frei. Ent­ge­gen dem Ur­teil des FG konnte sich die Kläge­rin auch nicht auf Art. 132 Abs. 1 g MwSt­Sys­tRL be­ru­fen.

Nach § 4 Nr. 16 h UStG sind die Leis­tun­gen der Ein­rich­tun­gen steu­er­frei, mit de­nen eine Ver­ein­ba­rung nach § 75 SGB XII be­steht. Nach den Fest­stel­lun­gen des FG fehlte es für den im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren strei­ti­gen Zeit­raum je­doch an Ver­ein­ba­run­gen i.S.v. § 75 Abs. 3 SGB XII, so dass eine Steu­er­frei­heit auf­grund der­ar­ti­ger Ver­ein­ba­run­gen nicht in Be­tracht kam.

Eine Steu­er­frei­heit der Leis­tun­gen konnte auch nicht aus Uni­ons­recht ab­ge­lei­tet wer­den. Denn § 4 Nr. 16 h UStG i.V.m. § 75 SGB XII ent­spricht den sich uni­ons­recht­lich aus Art. 132 Abs. 1 g MwSt­Sys­tRL er­ge­ben­den Er­for­der­nis­sen. Mit sei­ner Ent­schei­dung, für die Steu­er­frei­heit an die Vor­aus­set­zun­gen von § 75 SGB XII an­zuknüpfen, hat der na­tio­nale Ge­setz­ge­ber das ihm uni­ons­recht­lich ein­geräumte Er­mes­sen nicht über­schrit­ten.

Es be­steht zu­dem auch kein Wi­der­spruch zu der bis­he­ri­gen BFH-Recht­spre­chung. Man­gels Spruch­reife mus­ste die Sa­che al­ler­dings an das FG zurück­ver­wie­sen wer­den. Da es für die Steu­er­frei­heit auf das na­tio­nale Recht an­kommt, muss das FG nun u.a. prüfen, ob die Kläge­rin auf­grund von bloßen Leis­tungs­an­ge­bo­ten nach § 75 Abs. 4 SGB XII zur In­an­spruch­nahme der Steu­er­frei­heit be­rech­tigt war. Diese können für eine Steu­er­frei­heit nach § 4 Nr. 16 h UStG aus­rei­chen.

Link­hin­weis:

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