Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt als GmbH eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr 2010 hatte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze erklärt. Das Finanzamt folgte der Umsatzsteuererklärung der Klägerin. Ende Dezember 2014 beantragte die Klägerin dann, die Umsatzsteuer auf 0 € herabzusetzen, was die Finanzbehörde ablehnte.
Das FG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, dass eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21a, bb UStG nicht in Betracht komme, weil bei den hier streitigen Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht komme. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen erbringen.
Gründe:
Nach nationalem Recht sind Unterrichtsleistungen zur Erlangung dieser Fahrerlaubnisse steuerpflichtig. Fahrschulen sind insoweit keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, wie es von § 4 Nr. 21a, bb UStG vorausgesetzt wird. Im vorliegenden Fall fehlte es zudem an der dort genannten berufs- oder prüfungsvorbereitenden Bescheinigung.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll nun geklärt werden, ob der Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 aus Gründen des Unionsrechts steuerfrei ist. Im Bereich der Umsatzsteuer hat der nationale Gesetzgeber die Bindungen an MwStSystRL zu beachten. Setzt das nationale Recht eine Steuerfreiheit der Richtlinie nur ungenügend um, besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, sich auf die Richtlinie zu berufen. Entscheidend ist für den Streitfall daher, dass nach der Richtlinie Unterricht, den sog. anerkannte Einrichtungen oder Privatlehrer erteilen, von der Steuer zu befreien ist (Art. 132 Abs. 1i u. j MwStSystRL). Weitgehend identische Vorgängerbestimmungen gelten bereits seit 1979 mit verbindlicher Wirkung.
Der Senat neigt zu der Ansicht, den Unterrichtscharakter der Fahrschulleistung zu bejahen. Die zusätzlich erforderliche Anerkennung kann sich etwa daraus ergeben, dass der Unterrichtende die Fahrlehrerprüfung nach § 4 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen abgelegt haben muss. In Betracht kommt auch eine Steuerfreiheit als Privatlehrer. Die Auslegung der Richtlinie ist aber zweifelhaft, so dass eine Entscheidung des EuGH eingeholt werden muss.
Der Vorlagebeschluss ist in einem sog. Revisionsverfahren ergangen, in dem es um die Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden geht. Nicht zu entscheiden war über eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Eine AdV ist bereits bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden möglich. Kommt es in einem Revisionsverfahren zu einer Vorlage an den EuGH, ist dies im Allgemeinen zu bejahen.
Die nunmehr vom EuGH zu treffende Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der über 10.000 Fahrschulen in Deutschland. Sollte der EuGH eine Steuerfreiheit bejahen, wird sich die Anschlussfrage stellen, ob Fahrschulen den sich hieraus ergebenden Vorteil zivilrechtlich an ihre Kunden durch eine geänderte Preisbildung weitergeben werden.
Linkhinweis:
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