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Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung

BFH 22.4.2015, XI R 10/14

Führt ein Ver­ein Maßnah­men zur Ar­beits­marktförde­rung durch und wer­den diese durch Zah­lun­gen ei­nes Land­krei­ses, ei­nes Bun­des­lan­des bzw. der Bun­des­agen­tur für Ar­beit fi­nan­ziert, han­delt es sich um um­satz­steu­er­bare Leis­tun­gen des Ver­eins, wenn des­sen Leis­tun­gen der­art mit den Zah­lun­gen verknüpft sind, dass sie sich auf die Er­lan­gung der Zah­lun­gen rich­ten. Für die An­nahme ei­nes Leis­tungs­aus­tauschs ist ohne Be­deu­tung, ob der (ge­meinnützige) Un­ter­neh­mer da­mit auch einen sei­ner Sat­zungs­zwe­cke ver­wirk­licht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein. Er rea­li­sierte in den Streit­jah­ren 2003 und 2004 Ar­beitsförde­rungs-, Qua­li­fi­zie­rungs- und Wei­ter­bil­dungs­pro­jekte für Frauen, Ju­gend­li­che, Schwer­be­hin­derte, Lang­zeit­ar­beits­lose und an­dere Teil­neh­mer, die je­weils durch Zu­schüsse des Land­krei­ses, des Lan­des und der Bun­des­an­stalt für Ar­beit (BA) fi­nan­ziert wur­den (Leis­tun­gen I). Im Rah­men der Pro­jekte be­schäftigte der Kläger meh­rere Hun­dert Teil­neh­mer im Jahr beim Kom­mu­nal­bau, im Rah­men des Na­tur­schut­zes so­wie bei Pro­jek­ten, in de­nen die Teil­neh­mer in so­zia­len Fra­gen oder hin­sicht­lich ih­rer Eig­nung für be­ruf­li­che Tätig­kei­ten ge­schult und fort­ge­bil­det wur­den. Mit dem Ver­kauf von her­ge­stell­ten Pro­duk­ten, der Er­tei­lung von Un­ter­richt für Dritte, dem Be­trieb ei­ner Kan­tine so­wie ei­nes "Dritte-Welt-La­dens" führte der Kläger da­ne­ben wei­tere Leis­tun­gen aus (Leis­tun­gen II).

Ab dem Jahr 2003 wur­den Ver­wal­tungs- und Pro­jekt­be­ar­bei­tungs­leis­tun­gen für den Kläger von der zu die­sem Zweck gegründe­ten Z-GmbH über­nom­men, an der der Kläger zu 70 % be­tei­ligt war. Da­ne­ben führte die GmbH auch Leis­tun­gen an ex­terne Auf­trag­ge­ber aus. Der Kläger ging da­von aus, dass er nur mit den Leis­tun­gen II un­ter­neh­me­ri­sch tätig sei, während es sich bei den Leis­tun­gen I um nicht­un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­kei­ten han­dele. Wei­ter nahm er an, er sei Or­ganträger der GmbH, und nahm u.a. aus den Ein­gangs­leis­tun­gen "der GmbH" den vollen Vor­steu­er­ab­zug vor. Dem folgte das Fi­nanz­amt nicht, son­dern ver­trat die Auf­fas­sung, dass die Vor­steuer auf­zu­tei­len sei. Die Behörde stellte da­bei zunächst auf das Verhält­nis der nicht steu­er­ba­ren In­nen­umsätze zu den Aus­gangs­umsätzen der GmbH ab.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Die kon­klu­dente An­nahme des FG, die Leis­tun­gen I, die durch Zu­schüsse des Land­krei­ses, des Lan­des und der BA fi­nan­ziert wur­den, seien nicht steu­er­bar, wird von den bis­he­ri­gen tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen nicht ge­tra­gen.

Ein steu­er­ba­rer Um­satz in Form ei­ner Leis­tung ge­gen Ent­gelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwi­schen dem Leis­ten­den und dem Leis­tungs­empfänger ein Rechts­verhält­nis be­steht, in des­sen Rah­men ge­gen­sei­tige Leis­tun­gen aus­ge­tauscht wer­den, wo­bei die vom Leis­ten­den emp­fan­gene Vergütung den tatsäch­li­chen Ge­gen­wert für die dem Leis­tungs­empfänger er­brachte Leis­tung bil­det. Führt ein Ver­ein u.a. für Lang­zeit­ar­beits­lose Ar­beitsförde­rungs-, Qua­li­fi­zie­rungs- und Wei­ter­bil­dungsmaßnah­men durch, die durch Zah­lun­gen ei­nes Land­krei­ses, ei­nes Bun­des­lan­des bzw. der Bun­des­agen­tur für Ar­beit fi­nan­ziert wer­den, han­delt es sich um um­satz­steu­er­bare Leis­tun­gen des Ver­eins, wenn des­sen Leis­tun­gen der­art mit den Zah­lun­gen verknüpft sind, dass sie sich auf die Er­lan­gung der Zah­lun­gen rich­ten.

Für die An­nahme ei­nes Leis­tungs­aus­tauschs ist ohne Be­deu­tung, ob der (ge­meinnützige) Un­ter­neh­mer da­mit auch einen sei­ner Sat­zungs­zwe­cke ver­wirk­licht; die wirt­schaft­li­che Tätig­keit wird nicht durch eine gleich­zei­tig ver­folgte ide­elle Betäti­gung verdrängt. Zu dem bei ei­ner Vor­steu­er­auf­tei­lung zwi­schen steu­er­ba­ren und nicht steu­er­ba­ren Tätig­kei­ten im Rah­men ei­ner Schätzung maßgeb­li­chen "Ge­samt­um­satz" gehören auch Zu­schüsse.

Al­ler­dings hatte das FG keine Fest­stel­lun­gen zu dem kon­kre­ten In­halt der Pro­jekte des Klägers, zu den zu­grunde lie­gen­den Rechts­verhält­nis­sen mit den Zah­len­den (BA, Land und Land­kreis), den (vom FG nicht fest­ge­stell­ten) Begüns­tig­ten (even­tu­ell z.B. Kom­mu­nen, Ver­eine oder Land­wirte) und den Teil­neh­mern (z.B. Lang­zeit­ar­beits­lose) so­wie zu den Grund­la­gen für die "Zu­schüsse" ge­trof­fen. Und kann an­hand der Fest­stel­lun­gen des FG nicht nach­geprüft wer­den, ob das FG zu Recht zu einem be­stimm­ten Er­geb­nis ge­langt ist, liegt ein ma­te­ri­el­ler Feh­ler vor, der ohne Rüge zur Auf­he­bung der Vor­ent­schei­dung führt. Außer­dem war das FG nicht der Frage nach­ge­gan­gen, ob die Zu­schüsse des Land­krei­ses, des Lan­des und der BA Ent­gelt von drit­ter Seite für steu­er­bare Umsätze des Klägers an die Begüns­tig­ten oder die Teil­neh­mer der Pro­jekte sein könn­ten.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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