Zu diesem Ergebnis kommt das Sozialgericht (SG) Speyer mit Urteil vom 15.12.2019 (Az. S 17 KR 689/16).
Das Gericht hatte in dem Verfahren über folgende Umsatzsteuerregelung einer Arzneimittelpreisvereinbarung gemäß § 129a SGB V (AMPV) zu urteilen:
„§ 6 Abs. 6
Den Preisen für die Arzneimittel und den Arbeitspreisen nach diesem Vertrag ist die Mehrwertsteuer hinzuzufügen, soweit sich aus den Vorschriften zur Preisberechnung nichts anderes ergibt oder nichts anderes vereinbart ist“.
Nach Ansicht des SG Speyer handelt es sich bei dieser Klausel um eine Bruttopreisvereinbarung, da die von der Rechtsprechung geforderte ausdrückliche Vereinbarung eines „Nettopreises“ in dieser Regelung fehlte. Diese Bruttopreisvereinbarung müsse jedoch vertragsergänzend ausgelegt werden, da die Vertragsparteien der AMPV nicht geregelt hatten, was bei einer nachträglich festgestellten Umsatzsteuerfreiheit von ambulant abgegebenen patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln gelten sollte.
Im Rahmen dieser Vertragsauslegung hätten die Parteien - wenn sie von der möglichen Umsatzsteuerfreiheit gewusst hätten - nach Ansicht des Gerichts, den nach der AMPV ermittelten Preisen die nach dem Apothekeneinkaufspreis (AEK) gemäß ABDA-Artikelstamm/Lauer-Taxe zu berechnende Vorsteuer hinzugesetzt. Im Übrigen hätten sie aber eine Umsatzsteuer auf die Herstellerpauschale bzw. die Arzneimittelzubereitung als solche nicht vereinbart.
Bei der Berechnung des geforderten Rückerstattungsbetrags der Krankenkasse (d. h. Umsatzsteuer abzgl. Vorsteuer) sei zudem auf die Vorsteuer des Apothekeneinkaufspreises gemäß ABDA-Artikelstamm/Lauer-Taxe abzustellen und nicht auf die konkret aufgewandte Vorsteuer, die vom Krankenhausträger beim Finanzamt geltend gemacht wurde. Denn der Vereinbarung der Vertragsparteien auf Verbandsebene würde es nach Ansicht des SG Speyer nicht entsprechen, wenn die vorgegebene Preisberechnung im AMPV im Wege des Durchgriffs auf die einzelnen Abrechnungsmodi der an den Vertrag gebundenen Krankenhausträger/Krankenkassen durchbrochen würde. Es hinge nun von den Zufälligkeiten der konkreten Abrechnungsmodalitäten ab, ob die anzuwendenden Regeln dem zwischen den Vertragsparteien auf Verbandsebene vereinbarten Interessenausgleich entsprechen oder ob es zu einer einseitigen Benachteiligung eines der dann betroffenen Beteiligten (Krankenhausträger oder Krankenkasse) kommt.
Im Ergebnis konnte die Krankenkasse lediglich die Rückerstattung der entrichteten Umsatzsteuer auf die Herstellerpauschalen verlangen, ihr weitergehender Erstattungsanspruch blieb erfolglos.
Hinweis
Das Urteil des SG ist für Krankenhäuser im Rahmen der noch laufenden Vergleichsverhandlungen ein Segen und sollte bei entsprechenden Vertragsklauseln in die Verhandlungen eingebracht werden.
Ebenso ist der Vorsteuerermittlung des SG Speyer zuzustimmen, da die Preisregelungen in den Verträgen nach § 129a SGB V eine Berechnungsmethodik beschreiben, in deren Rahmen auf den (Netto)Apothekeneinkaufspreis gemäß ABDA-Artikelstamm/Lauer-Taxe abgestellt wird, dem - so die vereinbarte Berechnungsmethodik - die Umsatzsteuer hinzuzufügen ist. Der Apothekeneinkaufspreis nach Lauer-Taxe ist ein fiktiver Nettoeinkaufspreis - er enthält also keine Umsatzsteuer. Der Krankenhäuserträger entrichtet beim Einkauf jedoch einen realen Bruttopreis, zahlt also Umsatzsteuer. Der in den Verträgen nach § 129a SGB V vereinbarte Aufschlag hat folglich nichts damit zu tun, ob der Verkaufspreis der patientenindividuellen hergestellten Arzneimittel umsatzsteuerbar ist, sondern soll alleine die beim Einkauf der für die Zubereitung verwendeten Arzneimittel entrichtete Umsatzsteuer kompensieren (Wallhäuser, FD-MedizinR 2020, 426021).