Im Eiltempo wurde das Umsatzsteuergesetz entsprechend mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz geändert. Damit gelten seit 1.7.2020 die reduzierten Umsatzsteuersätze. Unternehmen sind - sofern nicht bereits geschehen - gefordert, entsprechende Umstellungsmaßnahmen zu ergreifen.
Im Folgenden geben wir einen ersten – nicht abschließenden – Überblick über wichtige Punkte, die bei der Anpassung zu berücksichtigen sind. Der Überblick basiert auf den Erfahrungswerten der Steuersatzänderungen der Vergangenheit und ist vorbehaltlich anderweitiger Regelungen durch die Finanzverwaltung.
IT
- Implementierung der neuen Steuersätze sowohl eingangs- als auch ausgangsseitig
- (gilt auch für eingangsseitige Reverse-Charge Steuerschlüssel)
- Anlegung neuer Konditions- und Steuersätze (z. B. bei SAP)
- Einrichtung von neuen Umsatzsteuerkonten mit Steuerautomatik (andere ERP-Systeme)
- Änderung von Preislisten und Materialstammdaten
- Anpassung von Warenwirtschafts- und Kassensystemen
- Bestandsaufnahme und ggf. Anpassung von „intelligenten“ Schnittstellen Bestandsaufnahme und ggf. Anpassung bei individueller Datenverarbeitung (Excel) und Reportingsystemen
Rechnungsstellung
Grundsatz: Der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung ist maßgeblich für den anzuwendenden Steuersatz.
- Rechnungen im Juli mit Leistungszeitpunkt im Juni sind noch mit dem derzeit gültigen Steuersatz zu fakturieren.
- Bei wiederkehrenden Lieferungen ist der Tag der jeweiligen Lieferung maßgeblich für die Bestimmung des Steuersatzes (30.6.2020: 19%; 1.7.2020: 16%; 1.1.2021: 19 %).
- Für Elektrizität, Gas, Wärme, Kälte und Wasserlieferungen sind Sonderregelungen zu beachten: Diese gelten erst am Ende des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt.
- Anpassungsbedarf bei Dauerrechnungen und Verträgen, die als Rechnung dienen (insbesondere bei Miet- und Leasingverträgen)
- Dauerleistungen (wiederkehrende Leistungen): Identifikation des Zeitpunkts, zu dem die Leistung erbracht wird (sukzessive oder am Ende des Leistungszeitraums)
- Werkverträge: Prüfung der Voraussetzungen für die Vereinbarung von Teilleistungen
- Langfristige Verträge: Beachtung von § 29 UStG (zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch)
- Anpassungsbedarf bei Anzahlungsrechnungen: Im Zeitpunkt der Vereinnahmung ist ggf. ein anderer Steuersatz anzuwenden als bei Ausführung der Leistung.
- Schlussrechnungen: Ggf. Anwendung des gültigen Steuersatzes im Zeitpunkt der Leistungsausführung auf den Gesamtbetrag, auch wenn bei der Anzahlung zum höheren Steuersatz fakturiert wurde.
- Identifikation, ob der Rechnungsstellung eine Brutto- oder Nettopreisvereinbarung zu Grunde liegt
- Weitergabe der Steuersatzsenkung an Endverbraucher oder bleibt vom brutto mehr netto (Erhöhung Nettopreise)?
- Prüfung von in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträgen im Hinblick auf eine Preisanpassungsklausel in Bezug auf die Umsatzsteuer
- Nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage: Steuersatz maßgeblich, der im Zeitpunkt der Ausführung der ursprünglichen Leistung galt
- Besonderheiten bei Jahresboni, Jahresrückvergütungen und Treuerabatten (Aufteilung und Belegaustausch erforderlich)
- Behandlung der Ausgabe und Einlösung von Gutscheinen (Einzweck- vs. Mehrzweckgutscheine)
- Besonderheiten bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten
- Steuersatzänderung betrifft auch innergemeinschaftliche Erwerbe und den Bezug von Leistungen ausländischer Unternehmen im Reverse-Charge-Verfahren
Vorsteuerabzug
- Verstärkte Rechnungsprüfung hinsichtlich Leistungszeitpunkt und Steuersatz
- Kein (vollständiger) Vorsteuerabzug bei zu hohem Steuerausweis
Hinweis: Weitere Informationen zur temporären Umsatzsteuersatzsenkung haben wir in einem FAQ zusammengetragen.