Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der B-GmbH (Insolvenzschuldnerin). Am 29.7.2015 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin gestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom selben Tag wurde der Kläger zum vorläufigen Sachwalter bestellt und zur Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b InsO die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet (sog. Schutzschirmverfahren). Ferner hieß es in dem Beschluss:
"Die Schuldnerin wird gemäß § 270b Abs. 3 InsO ermächtigt, zum Zweck der Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs wegen eines Darlehens im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung und der in diesem Zusammenhang stehenden Rückzahlungsansprüche, Zinsen und Gebühren Masseverbindlichkeiten im Rang des § 55 Abs. 2 InsO zu begründen.
Die Schuldnerin wird gem. § 270b Abs. 3 InsO ermächtigt, zum Zweck der Aufrechterhaltung des laufenden Geschäftsbetriebs im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters gegenüber Dienstleistern und Lieferanten Masseverbindlichkeiten im Rang des § 55 Abs. 2 InsO zu begründen."
Am 1.10.2015 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, bestellte den Kläger zum Sachwalter und ordnete die Eigenverwaltung an. Mit einem weiteren Beschluss vom 29.12.2015 wurde die Anordnung der Eigenverwaltung aufgehoben und der Kläger zum Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin bestellt.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam die Prüferin zu der Feststellung, dass die für Juli 2015 erklärten Umsätze aufzuteilen seien. Die bis zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführten Umsätze und die sich daraus ergebende Umsatzsteuer seien dem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zuzurechnen. Die nach der Antragstellung (29.07.2015) ausgeführten Umsätze beträfen den nachinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil und die sich daraus ergebende Umsatzsteuer begründe eine Masseverbindlichkeit.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Unrecht die während der vorläufigen Eigenverwaltung vom 29.7.2015 bis zum 30.09.2015 ausgeführten Umsätze der Insolvenzmasse zugerechnet. Es hätte die sich daraus ergebende Umsatzsteuerverbindlichkeit als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden müssen.
Das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren ist in den §§ 270a und 270b InsO geregelt. Nach § 270b Abs. 3 InsO hat das Gericht im sog. Schutzschirmverfahren auf Antrag anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. § 55 Abs. 2 InsO gilt dann entsprechend. Nach § 55 Abs. 2 InsO gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten.
Danach gelten die in der Zeit vom 29.07.2015 bis zum 30.09.2015 begründeten Umsatzsteuerverbindlichkeiten nicht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Denn die Anordnung des Amtsgerichts vom 29.7.2015, mit der die Insolvenzschuldnerin auf ihren Antrag hin zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt wurde, erfasst nicht die streitigen Umsatzsteuerverbindlichkeiten.
Die Regelung des § 270b Abs. 3 InsO eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit, zwischen dem Antrag auf Erlass einer pauschalen oder globalen Ermächtigung einerseits und dem Antrag auf Erlass einer Einzel- oder Gruppenermächtigung andererseits zu wählen. Die Einzel- oder Gruppenermächtigung dient der Erleichterung der Sanierung des schuldnerischen Unternehmens und schützt damit zugleich den Schuldner. Bei einer globalen Ermächtigung werden sämtliche vom Schuldner begründeten sowie die von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO erfassten Verbindlichkeiten im eröffneten Verfahren als Masseverbindlichkeiten behandelt, ohne dass es darauf ankäme, ob ihre vorrangige Befriedigung zur Sanierung des Unternehmens notwendig oder angezeigt ist.
Der Senat legt die Anordnung des Amtsgerichts vom 29.7.2015 dahingehend aus, dass es sich um eine wirksame Gruppenermächtigung und nicht um eine Globalermächtigung handelt. Die vom Amtsgericht erteilte Ermächtigung enthält bereits eine Beschränkung dahingehend, dass hiervon nur Verbindlichkeiten aus Rückzahlungsansprüchen, Zinsen und Gebühren wegen eines Darlehens im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung zum Zweck der Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs als Masseverbindlichkeiten erfasst werden. Schon aus diesem Grund liegt keine Globalermächtigung vor, die keine Beschränkungen vorsieht.
Die Regelung des § 270b Abs. 3 InsO eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit, zwischen dem Antrag auf Erlass einer pauschalen oder globalen Ermächtigung einerseits und dem Antrag auf Erlass einer Einzel- oder Gruppenermächtigung andererseits zu wählen. Bei einer globalen Ermächtigung werden sämtliche vom Schuldner begründeten sowie die von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO erfassten Verbindlichkeiten im eröffneten Verfahren als Masseverbindlichkeiten behandelt, ohne dass es darauf ankäme, ob ihre vorrangige Befriedigung zur Sanierung des Unternehmens notwendig oder angezeigt ist.