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Umwandlung von Arbeitslohn in Versorgungslohn: Lohnzufluss beim Arbeitnehmer?

FG Münster 16.9.2015, 7 K 2113/13 L

Das FG Müns­ter hat sich mit der Frage be­fasst, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen die Um­wand­lung von Ar­beits­lohn in Ver­sor­gungs­lohn zu einem Lohn­zu­fluss beim Ar­beit­neh­mer führt. Für die Ab­gren­zung von Lohn­ver­wen­dung und Lohnkürzung ist in­so­weit ent­schei­dend, ob dem Steu­er­pflich­ti­gen be­reits durch die Hin­nahme des Lohn­ein­be­halts bzw. durch den Ver­zicht auf die Bar­aus­zah­lung des Ge­halts­an­teils ge­genwärti­ger Ar­beits­lohn zu­ge­flos­sen ist.

Der Sach­ver­halt:
Das Fi­nanz­amt führte bei der Kläge­rin eine Lohn­steu­eraußenprüfung für den Zeit­raum April 2010 - De­zem­ber 2011 durch. Da­bei wurde fest­ge­stellt, dass die Kläge­rin mit ih­rem Ar­beit­neh­mer, dem ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­ter B., einen vom 17.8.2010 da­tie­ren­den Ver­trag ge­schlos­sen hatte, nach dem der Ar­beit­neh­mer ab die­sem Zeit­punkt be­rech­tigt sein sollte, Bar­lohn i.H.v. ma­xi­mal 50 Pro­zent des lau­fen­den Ge­halts in Ver­sor­gungs­lohn um­zu­wan­deln.

Am sel­ben Tag bat der Ar­beit­neh­mer die Kläge­rin darum, ab der nächs­ten Ent­gel­taus­zah­lung mo­nat­lich bis auf wei­te­res re­gelmäßig einen Be­trag i.H.v. 1.000 € in Ver­sor­gungs­lohn um­zu­wan­deln. Die Kläge­rin kürzte auf Ba­sis die­ses Auf­trags das steu­er­pflich­tige mo­nat­li­che Brut­to­ent­gelt des Ar­beit­neh­mers um 1.000 € und führte dem­ent­spre­chend ge­rin­gere Lohn­steu­er­beträge ab. Für die ein­be­hal­te­nen Beträge er­warb die Kläge­rin, wie im Ver­trag ver­ein­bart, Teil­schuld­ver­schrei­bun­gen der C-AG Op­ti­ons­an­leihe von 2007 im Wert von 15.000 € und darüber hin­aus Ak­tien im Wert von 160 €. Laut Ver­trags­be­din­gun­gen soll die Kläge­rin nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls die Überführung des an­ge­spar­ten Ka­pi­tals in eine noch zu be­stim­mende Al­ters­si­che­rung täti­gen.

Das Fi­nanz­amt sah in die­sem Ver­hal­ten eine sog. Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede und un­ter­warf den bis­lang nicht ver­steu­er­ten Ar­beits­lohn i.H.v. ins­ge­samt 17.000 € der Be­steue­rung. Es er­ließ einen ent­spre­chen­den Haf­tungs- und Nach­for­de­rungs­be­scheid über ins­ge­samt rd. 7.500 € ge­genüber der Kläge­rin. Hier­ge­gen wen­det sich die Kläge­rin mit ih­rer Klage. Sie ist der An­sicht, dass die Ent­gelt­um­wand­lung nicht zum Zu­fluss von Ar­beits­lohn führe, son­dern die Lohn­steu­er­pflicht erst bei Aus­zah­lung im Ver­sor­gungs­fall ent­stehe.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che und zur Fort­bil­dung des Rechts zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Lohn­steuer ent­steht gem. § 38 Abs. 2 S. 2 EStG in dem Zeit­punkt, in dem der Ar­beits­lohn dem Ar­beit­neh­mer zu­fließt. Ein Vor­teil ist dem Ar­beit­neh­mer erst dann zu­ge­flos­sen, wenn der Ar­beit­ge­ber die ge­schul­dete Leis­tung tatsäch­lich er­bringt. Der Ar­beit­neh­mer muss über den Lohn wirt­schaft­lich verfügen können. Al­ler­dings liegt ein Zu­fluss nicht nur dann vor, wenn der Ar­beit­ge­ber den Lohn aus­ge­zahlt oder über­wie­sen hat, son­dern auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber eine mit dem Ar­beit­neh­mer ge­trof­fene Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede erfüllt hat. An einem Lohn­zu­fluss fehlt es hin­ge­gen, wenn Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer eine Ge­halts­min­de­rung ver­ein­ba­ren, diese tatsäch­lich durch­geführt wird und der Ar­beit­neh­mer keine Be­din­gun­gen an die Ver­wen­dung der frei ge­wor­de­nen Mit­tel knüpft.

Bei der Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede er­lischt der Lohn­an­spruch nicht, son­dern erhält le­dig­lich in Be­zug auf die Erfüllungs­mo­da­litäten einen an­de­ren In­halt. Der Lohn­ver­zicht un­ter­schei­det sich im Übri­gen da­durch von der Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede, dass der Ar­beit­neh­mer mit der Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede ei­gene In­ter­es­sen ver­folgt. Das Ei­gen­in­ter­esse des Ar­beit­neh­mers fin­det re­gelmäßig darin Aus­druck, dass er auch Zah­lung des Ar­beits­lohns an sich hätte ver­lan­gen können, um selbst das Ziel der Lohn­ver­wen­dung zu er­rei­chen. Dem­ge­genüber ord­net der Lohn­ver­zicht den Ge­gen­leis­tungs­zu­sam­men­hang im nor­ma­ti­ven Dienst­verhält­nis zu­las­ten des Ar­beit­neh­mers neu. Nach al­le­dem liegt hier eine Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede vor, denn der Ar­beit­neh­mer konnte im Streit­fall wirt­schaft­lich über die ein­be­hal­te­nen Beträge verfügen.

Laut Ar­beits­ver­trag konnte der Ar­beit­neh­mer über die Höhe des um­ge­wan­del­ten Ent­gelts von Mo­nat zu Mo­nat (bis zur Höchst­grenze von 50 Pro­zent des lau­fen­den Ge­halts) neu ent­schei­den. Die Art der An­lage (In­ves­ti­tion in Teil­schuld­ver­schrei­bung der C-AG Op­ti­ons­an­leihe) war zwi­schen den Be­tei­lig­ten im Ver­trag da­ge­gen fest ver­ein­bart. Der Ar­beit­neh­mer konnte also je­den Mo­nat wählen, ob und in wel­cher Höhe er in die Teil­schuld­ver­schrei­bun­gen in­ves­tie­ren wollte. Da­bei trug er das Ri­siko der Wert­ent­wick­lung der Teil­schuld­ver­schrei­bun­gen (auch To­tal­ver­lust). Wirt­schaft­lich be­trach­tet liegt die Si­tua­tion da­her so, als ob der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer Beträge zur Verfügung ge­stellt und der Ar­beit­neh­mer sie zum Er­werb ei­ner Zu­kunfts­si­che­rung ver­wen­det hätte. Es liegt letzt­lich nur eine Abkürzung des Zah­lungs­we­ges vor.

Die Tat­sa­che, dass der Ar­beit­neh­mer nach Ausübung des Wahl­rechts zur Ent­gelt­um­wand­lung nicht mehr frei über die ein­be­hal­te­nen Beträge bzw. die er­wor­be­nen Teil­schuld­ver­schrei­bun­gen verfügen konnte, son­dern er eine Über­tra­gung der Teil­schuld­ver­schrei­bun­gen ein­sei­tig nur im Falle der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­lan­gen konnte, steht dem Vor­lie­gen ei­ner Lohn­ver­wen­dungs­ab­rede nicht ent­ge­gen. Durch die Ausübung des Wahl­rechts hat er be­reits über den ihm zu­ge­flos­se­nen Lohn verfügt und sich für die im Ver­trag vor­ge­se­hene An­la­ge­form - In­ves­ti­tion in Teil­schuld­ver­schrei­bung und im Ru­he­stand Überführung in eine be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung - ent­schie­den. Auch bei al­ter­na­ti­ven In­ves­ti­ti­ons­for­men hätte der Ar­beit­neh­mer nach Durchführung der In­ves­ti­tion je nach An­la­ge­form nicht mehr je­der­zeit Zu­griff auf den in­ves­tier­ten Be­trag ge­habt.

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