Börsennotierte Unternehmen ab 2021 betroffen; Mittelständische Unternehmen ab 2023
Betroffen von der EU-Taxonomie-VO sind derzeit bereits alle rund 500 kapitalmarktorientierten Unternehmen, die eine sog. nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung im Sinne von §§ 289b, 315b HGB erstellen und veröffentlichen müssen.
Ab dem Berichtsjahr 2023 sind die vorgenannten Angaben dann auch für alle nicht-börsennotierten Großunternehmen verpflichtend, die gemäß der neuen CSR-Richtlinie im Lagebericht über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten müssen (vgl. dazu novus Juni 2021, S. 21).
Die derzeitige nichtfinanzielle Erklärung bzw. die zukünftige Berichterstattung im Lagebericht ist gem. Art. 8 Abs. 1 und 2 der EU-Taxonomie-VO um den Anteil der Umsätze, Investitionen (CAPEX) und Betriebsausgaben (OPEX) des Unternehmens, der als „ökologisch nachhaltig“ einzustufen ist, zu ergänzen.
Zur Bestimmung, welche Aktivitäten auch zukünftig „ökologisch nachhaltig“ sind führt die EU-Taxonomie-VO umfangreiche Kriterienkataloge für Unternehmensaktivitäten ein, die auch zukünftig als „ökologisch nachhaltig“ anzusehen sind. Durch die Kennzeichnung und Offenlegung dieser Aktivitäten sollen gezielt nachhaltig tätige Unternehmen identifiziert und Investitionen hierfür mobilisiert werden.
Die Taxonomie-VO umfasst insgesamt sechs Umweltzielen der EU:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosystem
Katalog „ökologisch nachhaltiger“ Unternehmensaktivitäten
Als „ökologisch nachhaltig“ gelten insbesondere solche Unternehmensaktivitäten, die einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs Umweltziele leisten. Dabei darf allerdings kein anderes dieser Ziele wesentlich beeinträchtigt werden. Zudem sind bestimmte soziale und menschenrechtliche Mindeststandards sicherzustellen.
Welche Unternehmensaktivitäten sich konkret als nachhaltig gem. EU-Taxonomie VO qualifizieren, konkretisiert die EU sukzessive durch sog. delegierte Rechtsakte. Bisher wurden die Bewertungskriterien für die ökologische Nachhaltigkeit von Aktivitäten im Hinblick auf die Erreichung der ersten beiden „Klimaschutz“ und „Anpassung an den „Klimawandel“ veröffentlicht. Ein weiterer delegierter Rechtsakte zu den weiteren vier Umweltzielen wird von der EU-Kommission voraussichtlich bis zum 31.12.2021 erlassen.
Im Mai 2021 hat die EU-Kommission zudem einen delegierten Rechtsakt zu Art. 8 der Taxonomie-Verordnung veröffentlicht. Dieser konkretisiert die Anforderungen zu Inhalt und Darstellung der geforderten Angaben über „ökologisch nachhaltige“ Umsätze, CAPEX und OPEX. Zudem enthält der Rechtsakt Erleichterungen in zeitlicher Hinsicht. Demzufolge ist eine Würdigung der Erfüllung der technischen Bewertungskriterien hinsichtlich der Wirtschaftstätigkeiten für die beiden ersten Umweltziele erst im zweiten Jahr der Anwendung, d.h. für das Jahr 2022, erforderlich. Nicht-Finanzunternehmen können ihre erstmaligen Angaben für das Geschäftsjahr 2021 somit beschränken auf
- die Anteile von Wirtschaftstätigkeiten, die nach der Taxonomie-Verordnung als „berücksichtigungsfähig“ bzw. „nicht berücksichtigungsfähig“ gelten,
- eine Beschreibung der Vorgehensweise zur Berechnung dieser Anteile und
- Querverweise zur Finanzberichterstattung.
Ausstrahlung auf Finanzierungskonditionen und Reputation
Aus der Taxonomie erwachsen nicht nur Reputations- und Wettbewerbsvorteile für Unternehmen und Produkte und Dienstleistungen, welche die ökologischen Anforderungen erfüllen.
Der Wirkmechanismus der EU-Taxonomie-VO zielt primär auf die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen ab: durch den Nachweis taxonomiekonformer Umsätze und Investitionen sollen Kapitalmarkt und Banken Finanzmittel zu günstigeren Konditionen bereitstellen und die Unternehmen auf taxonomiekompatible Finanzprodukte (z.B. EU Green-Bonds) zurückgreifen können. Unternehmen, deren Umsätze hingegen aus nicht nachhaltigen Aktivitäten resultieren, dürften mit steigenden Finanzierungskosten konfrontiert werden. Erste „braune“ Aktivitäten, wie Kohlekraftwerks-Betreiber und Kohlebergwerke, werden zudem bereits vom Versicherungsschutz ausgenommen. Und auch die Vergabe öffentlicher Mittel, etwa im Zusammenhang mit dem europäischen Aufbauplan, wird zunehmend an die Nachhaltigkeit der Unternehmen und ihre diesbezügliche Berichterstattung geknüpft.