Für Erwerbe, für welche die Steuer nach dem 24.06.2017 entsteht, ist der persönliche Freibetrag bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht in dem Verhältnis des Wertes des nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens zum Gesamtwert des erworbenen Vermögens zu mindern (§ 16 Abs. 2 ErbStG). In der sich daraus ergebenden Ungleichbehandlung im Vergleich zur unbeschränkten Steuerpflicht sieht der EuGH laut Urteil vom 21.12.2021 (Rs. C-394/20, XY/FA V, DStR 2022, S. 45) zwar eine Beschränkung der unionsrechtlich geschützten Kapitalverkehrsfreiheit. Diese sei aber durch die Wahrung der Kohärenz des Steuersystems gerechtfertigt. Die Vorschrift stehe im Zusammenhang mit dem Umfang der Bereicherung, die der deutschen Erbschaftsbesteuerung unterliegt. Durch die Minderung des Freibetrags werde lediglich sichergestellt, dass die steuerliche Belastung eines beschränkt Steuerpflichtigen nicht deshalb zu niedrig angesetzt wird, weil er zwar den Freibetrag in gesamter Höhe in Anspruch nehmen dürfe, seine Bereicherung aber aufgrund der beschränkten Steuerhoheit nur zum Teil in Deutschland besteuert werde.
Die vom FG Düsseldorf mit Beschluss vom 20.07.2020 (Az. 4 K 1095/20 Erb, DStRE 2021, S. 30) geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit der Nichtabzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht (§ 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG) mit der Kapitalverkehrsfreiheit hat der EuGH hingegen bestätigt. Nach der nationalen Regelung sind Schulden und Lasten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht nur abzugsfähig, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den der inländischen Steuerpflicht unterliegenden Vermögensgegenständen stehen. Die daraus erwachsende Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei, so der EuGH, weder mit der Notwendigkeit, die Kohärenz des deutschen Steuersystems zu wahren, noch mit dem Territorialitätsprinzip und der Notwendigkeit der Gewährleistung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu rechtfertigen.
Hinweis: Damit dürfte im Nachgang das FG Düsseldorf im zugrundeliegenden Streitfall den Abzug von Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen ungeachtet eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem im Inland beschränkt steuerpflichtigen Erwerb bejahen. Die Reaktion des Gesetzgebers bleibt abzuwarten.