Bereits vor der Corona-Pandemie war im Außenwirtschaftsgesetz (AWG) vorgesehen, dass der Erwerb eines deutschen Unternehmens im Gesundheitssektor durch einen unionsfremden Erwerber gegenüber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) meldepflichtig war, wenn die Transaktion eine bestimmte Größenordnung überschreiten würde und „von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens“ wäre. Nunmehr hat das BMWi die Hürden für unionsfremde Investitionen im Health Care Bereich weiter verschärft.
Referentenentwurf vom 30.1.2020
Zunächst hatte das BMWi in seinem ursprünglichen Referentenentwurf zum Außenwirtschaftsgesetzes vom 30.1.2020 vorgeschlagen, Änderungen unter anderem in folgenden Bereichen vorzunehmen:
- Prüfungsgegenstand soll künftig eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sein (bisher lediglich „tatsächliche Gefährdung“).
- Auch die „öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen EU-Mitgliedstaates“ und die Auswirkungen auf „Projekte oder Programme von Unionsinteresse“ sollen Gegenstand der Investitionsprüfung werden.
- Die Sperre des Erwerbsvollzugs (d. h. die schwebende Unwirksamkeit des Kaufvertrags) müsste auf sämtliche meldepflichtigen Erwerbe erweitert werden.
Gesetzentwurf vom 8.4.2020
Im Zuge der aktuellen Corona-Krise wurde am 8.4.2020 ein verschärfter Gesetzentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, welcher neben den erwähnten Ankündigungen des Referentenentwurfs zudem folgende Ergänzungen vorsah:
- Bei meldepflichtigen Rechtsgeschäften, deren Vollzug schwebend unwirksam wäre, sollen nun ausdrücklich diverse faktische Vollzugshandlungen (sog. Gun Jumping) verboten und unter Strafe gestellt werden. Dazu zählt die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle des Zielunternehmens durch den unionsfremden Investor (z. B. über Stimmrechtsvereinbarungen), die Einräumung von Gewinnrechten oder die Überlassung von sicherheitsrelevanten Informationen (Know-How-Transfer) an den unionsfremden Investor.
- Ein Verstoß hiergegen soll zukünftig mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Damit soll nach Auffassung des BMWi unter anderem effektiv verhindert werden, dass unionsfremde Investoren die Versorgung der Bundesrepublik mit medizinischer Schutzausrüstung oder Medikamenten beeinträchtigen können.
Verordnungsentwurf vom 20.5.2020
Neben dem AWG will das BMWi mit dem Verordnungsentwurf vom 20.5.2020 auch die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) erheblich verschärfen. Als Reaktion auf die Corona-Pandemie werden in den Kreis der kritischen Infrastrukturen, die heute bereits Gegenstand der Investitionskontrolle sind, zukünftig insbesondere Unternehmen fallen, die
- für die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung wesentliche Arzneimittel entwickeln, herstellen, in Verkehr bringen oder die eine entsprechende Zulassung haben,
- Medizinprodukte zur Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von lebensbedrohlichen oder hochansteckenden Infektionskrankheiten entwickeln oder herstellen und
- bestimmte In-Vitro-Diagnostika entwickeln oder herstellen.
Hinweis für unionsfremde Investitionen
Durch die Verschärfungen des AWG bzw. die geplanten Verschärfungen der AWV rückt das Außenwirtschaftsrecht bei unionsfremden Investitionen im Health Care Bereich weiter in den Blickpunkt. Bei Unternehmenskäufen unter Beteiligung unionsfremder Investoren - dies würde auch Investoren aus Großbritannien im Falle des Scheiterns eines Handelsabkommens bis Ende 2020 betreffen - wird zukünftig noch genauer zu prüfen sein, ob Meldepflichten nach dem AWG bestehen. Diese sind zwingend einzuhalten, da andernfalls empfindliche Strafen drohen.