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Unlautere Werbung mit der Empfehlung eines Arzneimittels durch einen Apothekerverband

OLG Frankfurt a.M. 12.2.2015, 6 U 184/14

Eine nach § 11 Abs. 1 1 Nr. 2 HWG ver­bo­tene Wer­bung mit der Emp­feh­lung ei­ner im Ge­sund­heits­we­sen täti­gen Per­son liegt auch dann vor, wenn mit dem von einem Apo­the­ker­ver­band ver­lie­he­nen Preis "Me­di­ka­ment des Jah­res" ge­wor­ben wird. Aus Sicht End­ver­brau­chers gewähr­leis­tet der Bun­des­ver­band der Apo­the­ker die fach­li­che Kom­pe­tenz und Un­abhängig­keit sei­ner Mit­glie­der, wor­auf der Ver­brau­cher auch ver­traut.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trags­geg­ne­rin ist ein Phar­ma­un­ter­neh­men, das ins­be­son­dere auf dem Ge­biet der nicht ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Präpa­rate ge­gen Erkältungs­krank­hei­ten tätig ist. Im Ja­nuar 2014 be­warb sie in ei­ner Zeit­schrift das Fer­ti­garz­nei­mit­tel "Wick Me­di­Nait" mit der Aus­sage: "Erkältungs­me­di­ka­ment des Jah­res 2014 - gewählt vom Bun­des­ver­band Deut­scher Apo­the­ker" und mit der in dem Sie­gel des Bun­des­ver­ban­des Deut­scher Apo­the­ker nie­der­ge­leg­ten Aus­sage: "Me­di­ka­ment des Jah­res 2014 - Pro­dukt­gruppe in­terne Mit­tel bei grip­pa­len In­fek­ten".

Der An­trag­stel­ler, ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein, zu des­sen sat­zungs­gemäßen Auf­ga­ben die Durch­set­zung der lau­tere Heil­mit­tel­wer­bung so­wie der Schutz des Wett­be­werbs für Heil­mit­tel und ver­wandte Pro­dukte gehört, war der An­sicht, die Wer­bung ver­stoße ge­gen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG. Das LG un­ter­sagte der An­trags­geg­ne­rin mit einst­wei­li­ger Verfügung, im ge­schäft­li­chen Ver­kehr zu Zwecken des Wett­be­werbs wie in der An­zeige zu wer­ben. Auf den Wi­der­spruch der An­trags­geg­ne­rin bestätigte das LG die einst­wei­lige Verfügung. Auch die ge­gen diese Be­ur­tei­lung ge­rich­tete Be­ru­fung der An­trags­geg­ne­rin vor dem OLG blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Der An­trag­stel­ler hat ge­gen die An­trags­geg­ne­rin einen An­spruch auf Un­ter­las­sung der an­ge­grif­fe­nen Wer­bung aus §§ 8 Abs. 1, 2 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG.

Die Wer­be­ver­bote des § 11 Abs. 1 HWG stel­len Markt­ver­hal­tens­re­ge­lun­gen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar. Sie die­nen dem Schutz der Ver­brau­cher vor ei­ner un­sach­li­chen Be­ein­flus­sung. Der Ge­setz­ge­ber hatte mit der Neu­fas­sung des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG die Vor­gabe des Art. 90 lit. f) der Richt­li­nie 2001/83/EG vom 6.11.2001 zur Schaf­fung ei­nes Ge­mein­schafts­ko­de­xes für Hu­ma­narz­nei­mit­tel na­hezu wor­tid­en­ti­sch über­nom­men. Mit der Richt­li­nie sollte nicht nur ein Min­dest­stan­dard fest­ge­legt wer­den, son­dern es er­folgte eine vollständige Har­mo­ni­sie­rung des Be­reichs der Arz­nei­mit­tel­wer­bung. Die Aus­le­gung hat da­her au­to­nom an­hand des Wort­lauts, des Auf­baus und der Ziele der Richt­li­nie zu er­fol­gen. Die Erwägun­gen des na­tio­na­len Ge­setz­ge­bers bei der Um­set­zung tre­ten dem­ge­genüber zurück.

Der Bun­des­ver­band der Apo­the­ker gehört zu den im Ge­sund­heits­we­sen täti­gen Per­so­nen gem. Art. 90 lit. f) der Richt­li­nie, die auf­grund ih­rer Be­kannt­heit zum Arz­nei­mit­tel­ver­brauch an­re­gen können. Der An­wen­dungs­be­reich der Vor­schrift ist nicht auf natürli­che Per­so­nen be­schränkt. Die Vor­schrift will den Ge­fah­ren ei­ner Selbst­me­di­ka­tion be­geg­nen, die mit ei­ner Wer­bung un­ter In­an­spruch­nahme ei­ner fach­li­chen Au­to­rität ver­bun­den sind. Da­bei kommt es nicht dar­auf an, ob die fach­li­che Au­to­rität von ei­ner natürli­chen oder ju­ris­ti­schen Per­son aus­geht. Aus Sicht End­ver­brau­chers gewähr­leis­tet der Bun­des­ver­band der Apo­the­ker die fach­li­che Kom­pe­tenz und Un­abhängig­keit sei­ner Mit­glie­der, wor­auf der Ver­brau­cher auch ver­traut.

Die An­gabe "Erkältungs­me­di­ka­ment des Jah­res 2014 - Gewählt vom Bun­des­ver­band Deut­scher Apo­the­ker" und das Sie­gel des Bun­des­ver­bands Deut­scher Apo­the­ker mit der Aus­sage "Me­di­ka­ment des Jah­res 2014" stell­ten im Kon­text der an­ge­grif­fe­nen Wer­bung Emp­feh­lun­gen i.S.v. Art. 90 lit. f) der Richt­li­nie dar. Das Ver­bot des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG setzt auch keine von der Wer­bemaßnahme aus­ge­hende un­mit­tel­bare oder zu­min­dest mit­tel­bare Ge­sund­heits­gefähr­dung vor­aus. Art. 90 lit. f der Richt­li­nie und § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG n.F. sind nach ih­rem Wort­laut und ih­rem Zweck als ab­strakte Gefähr­dungs­de­likte ein­zu­stu­fen. Ei­ner ver­fas­sungs­kon­for­men, na­ment­lich der Be­rufs­ausübungs­frei­heit und dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit Rech­nung tra­gen­den Aus­le­gung be­darf es nicht. Letzt­lich führte die hier ver­tre­tene Aus­le­gung des § 11 HWG auch nicht einem Norm­wi­der­spruch zu § 5a Abs. 2 UWG, aus dem ab­ge­lei­tet wird, dass bei der Wer­bung mit Test- oder Um­fra­ge­er­geb­nis­sen die ent­spre­chende Quelle an­zu­ge­ben ist.

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