Der Sachverhalt:
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen als Kommanditisten an der W-GmbH & Co. KG (W-KG) in Anspruch. Der Beklagte zu 2) ist Gründungskommanditist, die Beklagte zu 3) Gründungskomplementärin der W-KG.
Die Kläger nehmen die Beklagten zu 2) und zu 3) wegen ihrer Auffassung nach unrichtiger Darstellung der Windertragsprognosen im Anlageprospekt auf Ersatz eines von ihnen behaupteten Minderwerts ihres Kommanditanteils in Anspruch, den sie mit der Hälfte ihres jeweiligen Anlagebetrages beziffern. Sie behaupten, bei Ansatz der richtigen Windertragsprognosen sei von einem dauerhaft um 10 % niedrigeren Gesamtertrag als im Prospekt ausgewiesen auszugehen, weswegen der wahre Wert ihrer Beteiligung im Zeitpunkt der Zeichnung weniger als 50 % des Anlagebetrages betragen habe. Außerdem begehren sie den Ersatz entgangener Zinserträge, die sie ihrer Behauptung nach bei anderweitiger Anlage des überzahlten Anlagebetrages erzielt hätten, sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung jeden weiteren Schadens aus der Beteiligung.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revisionen der Kläger hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Auffassung des OLG, die Kläger könnten im Rahmen der Prospekthaftung im weiteren Sinne grundsätzlich keine Erstattung des von ihnen behaupteten Minderwerts ihrer Kommanditbeteiligung verlangen, trifft nicht zu. Nach den bisherigen Feststellungen ist ein solcher Erstattungsanspruch auch nicht aus anderen Gründen auszuschließen.
Sind die Kläger - wovon revisionsrechtlich mangels gegenteiliger Feststellungen des OLG zu ihren Gunsten auszugehen ist - durch entscheidungserhebliche Prospektfehler zum Beitritt zu der W-KG mit dem von ihnen jeweils gezeichneten Anlagebetrag bewogen worden, können sie im Rahmen der Prospekthaftung im weiteren Sinne grundsätzlich auch einen etwaigen Minderwert ihrer Kommanditbeteiligung als erstattungsfähigen Schaden geltend machen. Entgegen der Ansicht des OLG können die Kläger im Rahmen des Vertrauensschadens nicht nur die Rückabwicklung ihrer Beteiligung verlangen, sondern stattdessen an der Anlage festhalten und die Erstattung eines etwaigen Minderwerts der Beteiligung im Zeichnungszeitpunkt wählen.
Der durch Verletzung von Mitteilungs- oder Aufklärungspflichten zum Vertragsschluss veranlasste Geschädigte kann nach ständiger BGH-Rechtsprechung im Rahmen des Vertrauensschadensersatzes zwischen zwei Möglichkeiten des Schadensausgleichs wählen. Er kann entweder die Rückabwicklung des Vertrages verlangen oder stattdessen an dem Vertrag festhalten und den Ersatz der durch das Verschulden des anderen Teils veranlassten Mehraufwendungen verlangen. In diesem Fall wird der Vertrag nicht angepasst, sondern der zu ersetzende Vertrauensschaden auf die berechtigten Erwartungen des Geschädigten reduziert, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt werden.
Bei einem Kaufvertrag geschieht dies durch die Herabsetzung der Leistung des Geschädigten auf das tatsächlich angemessene Maß. Der Geschädigte wird damit so behandelt, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen. Sein Schaden ist danach der Betrag, um den er den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat. Da es sich hierbei nur um die Bemessung des verbliebenen Vertrauensschadens handelt, braucht der Geschädigte in diesem Fall auch nicht nachzuweisen, dass sich der Vertragspartner auf einen Vertragsschluss zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte. Entscheidend ist vielmehr allein, wie der Geschädigte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten des aufklärungspflichtigen Verkäufers.
Diese Grundsätze gelten auch für die Beteiligung als Kommanditist an einer Kommanditgesellschaft. Ein Anleger, der auf dem Kapitalmarkt durch unrichtige Prospektangaben oder die Verletzung von Aufklärungspflichten bewogen wurde, einer Anlagegesellschaft als Gesellschafter oder über einen Treuhandkommanditisten beizutreten, hat im Rahmen des Vertrauensschadens die Möglichkeit, als Schadensausgleich entweder die Rückabwicklung der Beteiligung zu wählen oder aber an seiner Beteiligung festzuhalten und den Ersatz der durch das Verschulden des anderen Teils veranlassten Mehraufwendungen zu verlangen. Danach steht einem Anleger, der für seine Kommanditbeteiligung wegen unzutreffender Prospektangaben einen überhöhten Einlagebetrag geleistet hat, bei Festhalten an seiner Beteiligung ein Anspruch auf Ersatz des Betrages zu, um den der von ihm für die Beteiligung geleistete Betrag den tatsächlichen Wert seiner Beteiligung übersteigt.
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