Risikomanagement: Erleichterungen für kleine Kreditinstitute
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 26.11.2024 eine Aufsichtsmitteilung veröffentlicht, welche die proportionalen Anforderungen an das Risikomanagement für kleine und sehr kleine Kreditinstitute neu definiert und diesen ab sofort erhebliche Erleichterungen bietet. Sie weist zudem klarstellend auf bereits bestehende Spielräume hin, die von den Banken nicht immer genutzt wurden. An konkreten Beispielen zeigt die BaFin, dass kleine Institute ihre Prozesse im Risikomanagement weniger aufwändig gestalten können, ohne dass dies die wirksame Steuerung ihrer Risiken aus Aufsichtssicht beeinträchtigt.
Nach Einschätzung der BaFin ergeben sich dadurch für etwa 950 Institute, d. h. rund drei Viertel der deutschen Kreditinstitute, Erleichterungen bei der Umsetzung der von ihr erlassenen Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk).
Harmonisierung und Klarstellung der Definition kleiner Institute
Im Fokus steht die Harmonisierung der Definition kleiner Institute mit den europäischen Regelungen. Künftig gelten i. S. d. MaRisk Institute als klein, die gemäß Artikel 4 Abs. 1 Nr. 145 Capital Requirements Regulation (CRR) als Small and Non-Complex Institutions (SNCIs) eingestuft werden.
Außerdem übernimmt die BaFin den Begriff der sehr kleinen Institute aus dem Leitfaden zur aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte vom 29.05.2018, wonach für diese Institute ein Schwellenwert für die Bilanzsumme von 1 Mrd. Euro festgelegt wird, der auf Basis des Vierjahresdurchschnitts analog der Bestimmung der Schwellenwerte für SNCIs ermittelt wird.
Kernpunkte der Erleichterungen
Risikoinventur und unwesentliche Risiken: Kleine Kreditinstitute müssen bei der Risikotragfähigkeitsberechnung nur aggregierte unwesentliche Risiken berücksichtigen, die eine Wesentlichkeitsschwelle von 5 % ihres ökonomischen Risikodeckungspotenzials überschreiten. Dies vereinfacht die Risikoinventur und ermöglicht eine konzentrierte Betrachtung wesentlicher Risiken.
Risikotragfähigkeit: Für sehr kleine Institute erlaubt der RTF-Leitfaden barwertnahe Verfahren und sog. „Säule 1+“-Ansätze. Diese Methoden erlauben eine vereinfachte und dennoch effektive Risikomessung und -bewertung. Sehr kleine und zugleich wenig komplexe Institute können zur Annäherung an die ökonomische Perspektive auch einen Ansatz verwenden, bei dem sie die Risikowerte für die nicht oder nicht hinreichend in Säule 1 berücksichtigten weiteren wesentlichen Risiken vereinfacht oder pauschalisiert ermitteln. Statt pauschalisierter Schätzungen von schwer quantifizierbaren Risiken – zum Beispiel Modellrisiken – und deren Berücksichtigung auf der Risikoseite können auch angemessene Puffer im Risikodeckungspotenzial vorgehalten werden. Es muss in diesem Fall allerdings dokumentiert werden, welche einzelnen Risiken der Puffer pauschal abdecken soll.
Stresstests: Kleine Institute können die Anzahl der Stresstests reduzieren und auf inverse Stresstests nun verzichten, sofern die Steuerung ihrer wesentlichen Risiken gesichert ist. Außerdem sind sehr kleine Institute berechtigt, nur risikotypenübergreifende Stresstests und vereinfachte Sensitivitätsanalysen durchzuführen.
Berichtswesen: Grundsätzlich muss die Risikoberichterstattung an die Geschäftsleitung vierteljährlich erfolgen. Die Aktualisierung von Berichten kann aber für stabile Geschäftsbereiche auf längerfristige Intervalle ausgeweitet werden. Zusätzlich kann, sofern sich keine relevanten Änderungen ergeben haben, in der aktuellen Berichterstattung auf die vergangene Berichterstattung verwiesen werden. Die Überwachung der Strategien und Kapitalplanung muss nur noch alle zwei Jahre erfolgen, wenn zusätzlich zu der aufsichtlich vorgeschriebenen und empfohlenen Kapitalausstattung ein weiterer Puffer von 2 % vorgehalten wird.
Validierungsberichte von Dienstleistern: Kleine Institute müssen keine eigenen Berichtsteile zur Validierung für die zur Risikomessung verwendeten Modelle zentraler Dienstleister erstellen, sondern können auf den Bericht des Dienstleisters verweisen oder dessen Bericht dem eigenen Reporting beilegen.
Keine Pflicht zur Erstellung gesonderter Berichte zu Sanierungsplanindikatoren: Ein gesonderter Bericht zu Sanierungsplanindikatoren und deren Abstand zu den gesetzten Schwellenwerten ist nicht erforderlich. Eine Berichterstattung im Gesamtrisikobericht ist ausreichend.
Erleichterungen im Kreditgeschäft: In nicht-risikorelevanten Kreditgeschäften dürfen Institute vereinfachte Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung anwenden und sind nicht mehr zwingend dazu angehalten, alle möglichen Einflussfaktoren zu überprüfen.
Auslagerungsmanagement: Ein verstärkter Gebrauch von gruppen- oder verbundinternen Auslagerungsmanagementlösungen wird möglich. Auch ein Verzicht auf ein institutseigenes zentrales Auslagerungsmanagement wird als zulässig betrachtet. Bei verbundinternen Auslagerungen kann auf die Erstellung von Ausstiegsprozessen und Handlungsoptionen verzichtet werden.
Verzicht auf jährliches Marktschwankungskonzept zur Überwachung der Immobilienpreisentwicklung: Kleineren Instituten, die regional stark konzentriert sind, ist es nun erlaubt, auf den Einsatz dieser Konzepte zu verzichten, vorausgesetzt, es gibt zu ihrer Marktbeobachtung ausreichende interne Transaktionsdaten, die eine Überwachung der regionalen Preisentwicklung anhand selbstentwickelter Kennzahlen ermöglichen.
Ausblick
Diese Aufsichtsmitteilung verdeutlicht, dass die BaFin bereit ist, regulatorische Erleichterungen für kleine Institute vorzunehmen, um deren Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Eine kontinuierliche Überprüfung der gewährten Erleichterungen soll jedoch erfolgen, um ungünstigen Entwicklungen entgegen wirken zu können. Bei künftigen MaRisk-Novellierungen könnten weitere Anpassungen folgen, die die jetzt zugestandenen Erleichterungen dauerhaft integrieren.
Die bekannt gegebenen Erleichterungen gelten ab sofort. Institute, die sich bislang mit abweichenden Prüfungsfeststellungen konfrontiert sahen, haben nun Klarheit und Rechtssicherheit erhalten. In diesem Kontext getroffene Feststellungen sind nicht mehr als Mangel zu bewerten. die zu beseitigen wären.
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