BMF: Einzelwertberichtigung bei Kreditinstituten

09.04.2024 | 2 Minuten Lesezeit

Mit Schreiben vom 21.03.2024 hat das BMF das finale Schreiben zur steuerlichen Berücksichtigung von Einzelwertberichtigungen von Kundenforderungen durch Kreditinstitute veröffentlicht. Damit stellt die Finanzverwaltung erstmals Grundsätze für diesen Bereich auf.

In dem BMF-Schreiben konkretisiert die Finanzverwaltung die Voraussetzungen für die Bildung von Einzelwertberichtigungen („EWB“) auf Kundenforderungen sowie die Besonderheiten bei pauschalierten Einzelwertberichtigungen („pEWB"). Gegenüber der Entwurfsfassung vom 12.04.2023 enthält die nunmehr vorliegende finale Fassung punktuelle Änderungen, insb. im Hinblick auf ein „steuerliches Vereinfachungsverfahren" (vgl. Rn. 47 ff.).

Worum geht es?

Grundsätzlich sind Geldforderungen in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB mit dem Nennwert anzusetzen. Anstelle des Nennwerts kann jedoch auch ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).

Bei der Bewertung von Forderungen ist der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) zu beachten. Gegenstand der Betrachtung ist daher das spezielle, akute Ausfallrisiko der jeweiligen Kundenforderung.

Hinweis: Für die Bildung von Pauschalwertberichtigungen im Hinblick auf das latente Ausfallrisiko von Kundenforderungen gilt weiterhin das BMF-Schreiben vom 10.01.1994.

Einzelwertberichtigungen

Für die Bildung einer EWB dem Grunde nach muss eine Zahlungsstörung vorliegen (z. B. 90 Tage ununterbrochener Zahlungsverzug oder drei aufeinanderfolgende rückständige Raten).

Für die Ermittlung der Höhe der EWB ist der Teilwert maßgeblich, der nur im Wege einer Schätzung ermittelt werden kann. Diese Schätzung wurde bislang durch Betriebsprüfungen in der Praxis institutsspezifisch diskutiert und gelöst. Mit dem Schreiben räumt die Finanzverwaltung der Einschätzung des Kreditinstituts besondere Bedeutung bei. Gleichwohl muss die Schätzung eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden. Zu diesem Zweck enthält das Schreiben Aussagen zu den Schätzungsgrundlagen: Die Wertberichtigungsquote ist aus den institutsspezifischen Erfahrungen der Vergangenheit zu ermitteln. Hierbei hat das Kreditinstitut alle Faktoren zu dokumentieren, die den Wert der Forderung am Bilanzstichtag beeinflussen, insb. den Wert vorhandener Sicherheiten, die Dauer der Zahlungsstörung und den Umfang noch zu erwartender Tilgungsanteile. In die Wertberichtigungsquote sind alle noch zu erwartenden Zahlungseingänge auf die zu bewertende Forderung einzubeziehen.

Pauschale Einzelwertberichtigungen

Kundenforderungen können auch pauschal wertberichtigt werden, wenn die Gemeinsamkeiten die Unterschiede überwiegen und die individuelle Behandlung schwierig oder unzumutbar erscheint. Die Ermittlung der jeweiligen Wertberichtigungsquote hat dabei nach einem einheitlichen Verfahren auf Grundlage der institutsspezifischen Erfahrungen (i. d. R. der letzten fünf Jahre) zu erfolgen und muss durch das Kreditinstitut ausreichend dokumentiert und für die Finanzverwaltung nachvollziehbar und überprüfbar sein. Auch Scorings können verwendet werden, wenn sie keine zukünftigen Entwicklungen der Kreditforderungen antizipieren und die Angemessenheit der Wertberichtigungsquoten jährlich durch ein Backtesting überprüft wird.

Steuerliches Vereinfachungsverfahren

Anstelle einer EWB kann das Kreditinstitut eine standardisierte EWB mit festen Wertberichtigungsquoten wählen, deren Berechnung an der Dauer des Zahlungsverzugs ausgerichtet ist. Soweit bei einer Kreditforderung ein Zahlungsverzug von unter 90 Tagen besteht, ist die Forderung mit dem Nennwert anzusetzen und allenfalls eine Pauschalwertberichtigung nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 10.01.1994 vorzunehmen. Ab einem ununterbrochenen Zahlungsverzug am Bilanzstichtag von 90 Tagen gibt das steuerliche Vereinfachungsverfahren die Wertberichtigungsquoten durch ratierliche Verteilung der Wertberichtigung im Wertberichtigungszeitraum vor und weicht diesbezüglich maßgeblich von der Entwurfsfassung ab: So beginnt bei unbesicherten Forderungen die Wertberichtigung nach 90 Tagen Zahlungsverzug statt mit 10 Prozent nunmehr mit 30 Prozent und erhöht sich alle 30 Tage um weitere 10 Prozent bis zu einer vollständigen Abschreibung ab einem Zahlungsverzug von mehr als 300 Tagen. Bei besicherten Forderungen beginnt die Wertberichtigung nach 90 Tagen Zahlungsverzug mit 9 Prozent (statt einem Prozent) und erhöht sich nach je 30 Tagen um weitere 3 Prozent (statt einem Prozent), bis sich nach Ablauf von 300 Tagen Zahlungsverzug eine Abschreibung von maximal 30 Prozent des Nominalwerts der Forderung ergibt:

Hinweis: Das Vereinfachungsverfahren darf erst für nach dem 30.06.2023 endende Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden.