Kapitalertragsteuereinbehalt von an ausländische Fonds gezahlten Dividenden EU-rechtswidrig

26.09.2024 | 2 Minuten Lesezeit

Der BFH beurteilt die von 2004 bis 2017 geltende Regelung zum Kapitalertragsteuereinbehalt von Dividenden, die an einen ausländischen Investmentfonds gezahlt wurden, als EU-rechtswidrig. Die Regelung verstoße gegen die Kapitalsverkehrsfreiheit, weil im Vergleich dazu inländische Fonds vom Steuereinbehalt freigestellt wurden.

Dies schlussfolgert der BFH in seinen Urteilen vom 13.03.2024 (Az. I R 1/20 und I R 2/20) aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 27.04.2023, Rs. C-537/20, L Fund). Darin kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt wird, wenn ein Spezial-Immobilienfonds, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist, mit seinen Immobilieneinkünften teilweise körperschaftsteuerpflichtig ist, während ein Spezial-Immobilienfonds, der im EU-Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er auch die Immobilieneinkünfte erzielt, diese Einkünfte steuerfrei erzielt (mehr dazu sowie zum Anschlussurteil des BFH vom 11.10.2023, Az. I R 23/23, lesen Sie hier).

Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit liege damit - so der BFH weiter - erst recht vor, wenn ein ausländischer Publikumsfonds mit inländischen Kapitaleinkünften dem Kapitalertagsteuereinbehalt unterlag, während ein inländischer Publikumsfonds durch § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 von der Besteuerung freigestellt wurde.

In den beiden als Musterverfahren geführten Prozessen ging es um zum einen um einen in Frankreich ansässigen Fonds, der als Zweckvermögen zu qualifizieren wäre, wenn er im Inland ansässig wäre, sowie zum anderen um einen luxemburgischen Publikumsfonds in der Rechtsform einer SICAV. Beiden Fonds sprach der BFH einen Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer zu, die von inländischen Kapitalgesellschaften an die Fonds ausgeschütteten Dividenden einbehalten wurden. Zudem seien diese Erstattungsansprüche aus unionsrechtlichen Gründen zu verzinsen, wobei für Verzinsungszeiträume bis 31.12.2018 ein Zinssatz von 6 % p. a. und für Verzinsungszeiträume ab 01.01.2019 ein Zinssatz von 1,8 % p. a. heranzuziehen ist. Sollten allerdings infolge einer Klageerhebung Prozesszinsen beansprucht werden können, beträgt der Zinssatz auch über den 01.01.2019 hinaus 6 %.

Da zahlreiche ausländische Fonds aufgrund der EU-rechtlichen Zweifel an § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG 2004 zum Ausschluss ausländischer Fonds von der darin für inländische Fonds vorgesehenen Steuerfreistellung Steuerfestsetzungen mit Rechtsmittel offengehalten haben, ist mit Erstattungsansprüchen im mittleren einstelligen Milliardenbereich zu rechnen, wie Marco Brinkmann in der Zeitschrift Tax Notes International, Volume 15 vom 02.09.2024, S. 1580 erläutert. Der vollständige Beitrag kann unter www.taxnotes.com bezogen werden.

Hinweis: Seit 2018 ist durch umfassende Änderungen des InvStG die Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Fonds beseitigt. Beziehen Fonds Dividenden deutscher Kapitalgesellschaften, unterliegen sie ungeachtet der Ansässigkeit des Fonds stets der Besteuerung mit einem Steuersatz von 15 %.