Referentenentwurf eines Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes
Die kryptospezifische Regulierung auf nationaler Ebene wie auf EU-Ebene schreitet weiter voran. Am 23.10.2023 hat das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf für ein Gesetz über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarkdigitalisierungsgesetz - kurz: Finma-diG) veröffentlicht.
Die kryptospezifische Regulierung auf nationaler Ebene wie auf EU-Ebene schreitet weiter voran. Am 23.10.2023 hat das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf für ein Gesetz über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarkdigitalisierungsgesetz - kurz: FinmadiG) veröffentlicht.
Ziel des Referentenentwurfs ist die Durchführung jüngster kryptospezifischer EU-Verordnungen sowie die Umsetzung einer kryptospezifischen EU-Richtlinie. Konkret handelt es sich um die MiCAR (Markets in Crypto Assets Regulation (EU) 2023/1114), die durch die Transfer of Funds Regulation (EU) 2023/1113 novellierte Geldtransferverordnung sowie die Verordnung (EU) 2022/2554, die zusammen mit der Richtlinie (EU) 2022/2556) das DORA-Paket (Digital Operational Resilience Act) bildet (vgl. Beitrag „Digital Operational Resilience Act - Neuerungen für Finanzunternehmen und kritische IT-Dienstleister“).
Während die vorgenannten EU-Verordnungen im Inland unmittelbar geltendes Recht sind unddurch das FinmadiG lediglich in die vorhandene Gesetzgebung eingepasst werden müssen, um terminologische Einheitlichkeit zu gewährleisten, bedarf die DORA-Richtlinie der vollständigen Umsetzung in das nationale Recht. Inhaltlich handelt es sich beim FinmadiG im Einzelnen um folgende Neuerungen:
DORA-Paket
Durch das sog. DORA-Paket soll die digitale operationale Resilienz bei Finanzunternehmen erhöht werden. Hintergrund ist u. a. die Erkenntnis, dass insbes. Cyberangriffe eine potenziell zu internationalen Finanzkrisen führende Gefahr für den Finanzsektor sind, gegen die es sich daher zu rüsten gilt. Zu diesem Zweck legt das DORA-Paket EU-weit einheitliche Anforderungen an die Sicherheit von Netzwerk- und Informationssystemen fest, die die Geschäftsprozesse von Finanzunternehmen unterstützen sollen. Einen Überblick über die Anforderungen geben wir nachfolgend in einem separaten Beitrag, vgl. „Digital Operational Resilience Act - Neuerungen für Finanzunternehmen und kritische IT-Dienstleister“.
Hinweis: Die neuen Regelungen des DORA-Pakets gelten im Fall der Verordnung ab dem 17.01.2025 bzw. sind im Fall der Richtlinie bis zu diesem Zeitpunkt in nationales Recht umzusetzen. Betroffene Unternehmen sind gut beraten, die bis zur Geltung der neuen Vorschriften verbleibende Zeit für die erforderlichen organisatorischen und technischen Anpassungen zu nutzen.
Verordnung Markets in Crypto Assets (MICAR)
Die MiCAR schafft ein umfassendes Rahmenwerk für Primär- und Sekundärmärkte für Kryptowerte. Kernregelungsinhalte sind:
- Zulassungsvorbehalte für das öffentliche Angebot bestimmter Kryptowerte und Kryptowerte-Dienstleistungen sowie u. a. aufsichtliche Anforderungen an die Organisation und Geschäftsführung,
- Transparenz- und Offenlegungspflichten für das öffentliche Angebot und die Zulassung zum Handel,
- Anforderungen zum Schutz der Inhaber von Kryptowerten und Kunden der Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen,
- Anforderungen an die Offenlegung von Insiderinformationen, Maßnahmen zur Verhinderung von Insidergeschäften, unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen sowie Marktmanipulation im Zusammenhang mit Kryptowerten.
Neben den vereinzelten Anpassungen des nationalen Rechts an die materiellen Regelungen der MiCAR passt das FinmadiG den derzeit geltenden formalen nationalen Aufsichtsrahmen für das Betreiben bzw. Erbringen von Bank- und Finanzdienstleistungen im Hinblick auf Kryptowerte, einschließlich erteilter Erlaubnisse, in die Vorgaben der MiCAR ein. Dies erfolgt durch ein neues Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG), das der neuen Alternativität zwischen Finanzinstrumenten im Sinne der MiFID II und Kryptowerten im Anwendungsbereich der MiCAR Rechnung trägt, insbes. indem es die bisherigen nationalen auf Kryptowerte bezogenen Regelungen, namentlich des KWG, unter Anpassung an die Besonderheiten der Kryptomärkte in das KMAG überführt und eigenständige Regelungen hinsichtlich der Befugnisse der zuständigen Behörde sowie zur Sanktionierung von Verstößen gegen die MiCAR normiert.
Hinweis: Die MiCAR gilt zum großen Teil erst ab dem 30.12.2024; ihre auf vermögenswertreferenzierte Token (Asset related Token - ART) und E-Geld-Token (E-Money-Token - EMT) bezogenen Vorschriften gelten jedoch bereits ab dem 30.06.2024. Unternehmen, die die Emission von der MiCAR unterfallenden Token planen, sollten sich auf die Geltung der MiCAR zu den vorgenannten Zeitpunkten einrichten. Emittenten von ARTs sollten zudem die seitens der EBA (European Banking Authority) eingeleitete und am 24.01.2024 endende Konsultation zum Entwurf ihrer Guidelines on internal governance arrangements for issuers of ARTs under MiCAR im Blick haben. Institute, die bis zum 30.12.2024 nach nationalem Recht Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in Bezug auf der MiCAR unterfallende Kryptowerte betreiben bzw. erbringen, profitieren davon, dass die MiCAR für sie eine Übergangsfrist bis zum 01.07.2026 vorsieht, bis zu der sie mit ihrer geltenden Erlaubnis ihr Geschäft fortsetzen können und parallel die Möglichkeit haben, die Zulassung nach den neuen Vorschriften zu beantragen.
Novellierung der Geldtransferverordnung
Das Aufkommen von Kryptowerten hat auch Folgen für die Regulierungen zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. So reagierte die Financial Action Task Force (FATF) hierauf jüngst mit Vorgaben für Anbieter von Dienstleistungen für virtuelle Vermögenswerte, mit denen die Rückverfolgbarkeit von Transfers virtueller Vermögenswerte erleichtert werden soll. Danach müssen Anbieter von Dienstleistungen für virtuelle Vermögenswerte bei Transfers virtueller Vermögenswerte Angaben zu den Auftraggebern und Begünstigten dieser Transfers einholen, aufbewahren, an die Gegenpartei übermitteln und auf Anfrage den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen. Diese Vorgaben finden Eingang in die durch die Verordnung (EU) 2023/1113 neugefasste Geldtransferverordnung (EU) 2015/847.
Zur Durchführung der neugefassten Geldtransferverordnung sind Anpassungen im Geldwäschegesetz (GwG) in Bezug auf Kryptowerte-Transfers erforderlich. Dazu gehört insb. die Festlegung der Aufsichtszuständigkeit der BaFin für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben durch die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen. Zudem macht die Überführung der bisherigen Regulierung aus dem KWG in das neue KMAG (siehe vorstehend) erforderlich, Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen im GwG als geldwäscherechtlich Verpflichtete zu definieren. Neu gefasst wird in diesem Zusammenhang die mit dem 5. Geldwäsche-RL-UmsG in das KWG neu aufgenommene Finanzdienstleistung der Kryptoverwahrung. Diese regelt fortan als qualifizierte Kryptoverwahrung die Verwahrung und Sicherung der ebenfalls neu definierten kryptografischen Instrumente, die ihrerseits nach Ausschluss von E-Geld, monetären Werten, Kryptowerten i.S.d. MiCAR, Kryptowertpapieren i.S.d. eWpG und Kryptofondsanteilen i.S.d. KryptoFAV als Restgröße des ursprünglich nationalen Kryptowertebegriffs verbleibt. Als geldwäscherechtlich Verpflichtete neu definiert werden daneben Emittenten vermögenswertereferenzierter Token, soweit die Abwicklung nicht ausschließlich über einen Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen erfolgt. Ab Geltung der neugefassten Geldtransferverordnung tritt zugleich die bisher geltende Kryptowertetransferverordnung (KryptoWTransferV) außer Kraft.
Hinweis: Die auf der novellierten Geldtransferverordnung beruhenden neuen Vorgaben gelten ab dem 30.12.2024. Die als neue Verpflichtete im GwG definierten Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen sowie Emittenten vermögenswertereferenzierter Token müssen neben übrigen für sie geltenden neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zusätzlich die Vorgaben des GwG einhalten und damit ein diesbezügliches Risikomanagementsystem einrichten.
Fazit
Die Regelungen des FinmadiG, ebenso wie die darin adressierten Regelungen des DORA-Pakets, der MiCAR und der novellierten Geldtransferverordnung, erweitern das in den letzten Jahren schnell gewachsene kryptospezifische Regulierungsregime, zu dem weitere in jüngster Zeit erlassene nationale und EU-Regelungen zählen, so u. a. das DLT Pilot Regime, das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere (näher dazu siehe hier). Dabei steht bereits fest, dass angesichts der weiterhin vorhandenen nationalen Unterschiede noch weithin eine kryptospezifische Harmonisierungs-Regulierung auf EU-Ebene erforderlich sein wird. Positiv dürfte sich hier auswirken, dass Deutschland mit seinen nationalen kryptospezifischen Regelungen eine Vorreiterrolle einnimmt, die für zukünftige EU-Regulierung als Orientierung dienen kann.