Wachstumschancengesetz - (ein) wenig Neues für gemeinnützige Organisationen
Am 30.08.2023 hat sich die Ampelkoalition auf einen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness - das sog. Wachstumschancengesetz - geeinigt. Ein Meilenstein für das Gemeinnützigkeitsrecht ist dieser Gesetzentwurf zwar nicht. Doch wird von seinem Kanon vielfältiger Änderungen des Steuerrechts auch der Non-Profit-Bereich betroffen sein.
Nachfolgend möchten wir Ihnen diese Neuerungen sowie eine Auswahl weiterer geplanter Änderungen vorstellen, die zwar originär auf wirtschaftlich tätige Unternehmen abstellen, daneben aber auch für gemeinnützige Körperschaften von Bedeutung sein werden. Eine Übersicht über sämtliche geplante Änderungen finden Sie hier.
Aktuell handelt es sich noch um einen Regierungsentwurf. Es bleibt insbesondere spannend, ob und wie das Gesetz den Bundesrat passieren wird, da bereits einige Bundesländer ihren Unmut über die mit den Entlastungen einhergehenden hohen Kosten für die Länder und Kommunen geäußert haben.
Gemeinnützigkeitsrecht
- Zuwendungsempfängerregister
Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde das sog. Zuwendungsempfängerregister eingeführt (§ 60b AO), welches ab dem 01.01.2024 beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geführt werden soll. In diesem Register werden neben bestimmten politischen Vereinigungen sämtliche Körperschaften aufgeführt sein, die berechtigt sind, Zuwendungsbestätigungen auszustellen.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf soll - neben einigen redaktionellen Anpassungen - insbesondere klargestellt werden, dass nicht nur inländische Zuwendungsempfänger zu erfassen sind. Das Gesetz wird dahingehend ergänzt, dass auch solche Körperschaften des EU-/EWR-Raumes in das Register aufgenommen werden können und sollen, die in Deutschland aufgrund fehlender inländischer Einkünfte nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, ungeachtet dessen jedoch die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Inland erfüllen würden. Soweit diese Körperschaften für ab 2025 zugeflossene Zuwendungen Zuwendungsbestätigungen ausstellen wollen, müssen sie nach § 50 EStDV-E ebenfalls in dem Register geführt werden.
- Kapitalertragsteuer
Darüber hinaus soll mit § 32 Abs. 6 KStG-E ein Erstattungsverfahren für ausländische gemeinnützige Organisationen eingeführt werden, sofern sie Kapitalerträge aus dem Inland beziehen und auf diese Kapitalerträge einbehaltene Kapitalertragsteuer ohne das Erstattungsverfahren definitiv werden würde.
- Gesellschaften bürgerlichen Rechts
In der Literatur wurde seit Einführung der Option zur Körperschaftsbesteuerung für Personenhandelsgesellschaften diskutiert, ob damit auch die Möglichkeit der Steuerbefreiung nach §§ 51 ff. AO für diese Gesellschaften eröffnet wird. Zwar gibt es hierzu bisher keine Verlautbarungen der Finanzverwaltung, die Möglichkeit wird jedoch im Schrifttum grundsätzlich bejaht. Mit § 1a Abs. 1 Satz 1 KStG-E sollen nunmehr auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts zur Besteuerung mit Körperschaftsteuer optieren können. Sofern die Option zur Körperschaftsbesteuerung gleichzeitig die Möglichkeit der Steuerbefreiung eröffnet, könnten damit beispielsweise für Kooperationen gemeinnütziger Organisationen (ggf. sogar ungewollt) gegründete Kooperations-GbRs als gemeinnützig anerkannt werden.
Umsatzsteuer
Mit einer Änderung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG-E soll die in der Vergangenheit regelmäßig unsichere Handhabung des ermäßigten Steuersatzes in Höhe von 7 % bei Leistungen eines Zweckbetriebs endlich gesetzlich geregelt werden.
Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass allgemeine Zweckbetriebe nach § 65 AO den ermäßigten Steuersatz ohne weitere Wettbewerbsprüfung anwenden dürfen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund sinnvoll, dass eine Prüfung des (unvermeidbaren) Wettbewerbs bereits für Zwecke des § 65 AO erfolgt ist und eine erneute Prüfung für Zwecke der Umsatzsteuer (mit möglicherweise nicht ganz deckungsgleichen Voraussetzungen) daher lediglich zu doppeltem Aufwand und Verunsicherung führt.
Ebenfalls soll klargestellt werden, dass im Rahmen der Zweckbetriebe nach §§ 66 bis 68 AO der verminderte Steuersatz trotz Vorliegens eines Wettbewerbs mit anderen Unternehmern nicht nur dann Anwendung findet, wenn der Leistungsempfänger vom Satzungszweck der Einrichtung erfasst ist, sondern auch dann, wenn die an der Leistungserbringung beteiligten Personen vom steuerbegünstigten Zweck erfasst werden. Damit würden explizit auch Leistungen von Inklusionsbetrieben oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung vom ermäßigten Steuersatz erfasst, was der BFH nach dem aktuellen Gesetzeswortlaut in der Vergangenheit verneint hatte.
Darüber hinaus sollen mit einer Ergänzung in § 4 Nr. 16 UStG alle die im Rahmen eines Betreuungs-, Unterbringungs- oder Freiheitsentziehungsverfahrens nach dem 3. oder 7. Buch des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zur Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person tätigen Verfahrenspfleger als begünstigte Einrichtungen anerkannt werden.
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
- Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags
Die mit dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz vom 10.03.2021 angehobene Höchstbetragsgrenze für den steuerlichen Verlustrücktrag von 10 Mio. Euro soll - anders als derzeit noch geregelt - dauerhaft beibehalten werden (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG-E). Der Verlustrücktrag soll ab dem Veranlagungszeitraum 2024 von zwei auf drei Jahre erweitert werden. Anders als der nachfolgend noch behandelte Verlustvortrag bleibt der Verlustrücktrag für Zwecke der Gewerbesteuer weiterhin ausgeschlossen.
- Temporäre Absenkung der Mindestbesteuerung
Die Mindestbesteuerung für den Verlustvortrag soll befristet für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 abgesenkt werden. In diesem Zeitraum könnten nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht in vorangegangene Veranlagungszeiträume zurückgetragen wurden, dann bis zu einem Höchstbetrag von 1 Mio. Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des folgenden Veranlagungszeitraums vollständig bzw. darüber hinaus bis zu 80 % (anstatt gegenwärtig 60 %) des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden.
- Weitere Änderungen
Daneben sind Änderungen für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Wirtschaftsgüter und getätigte Betriebsausgaben geplant. Unter anderem soll die Höchstgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) von bisher 800 Euro auf 1.000 Euro angehoben werden. Die Betragsgrenze für die Bildung eines Sammelpostens gemäß § 6 Abs. 2a EStG soll von derzeit 1.000 Euro auf 5.000 Euro angehoben werden (§ 6 Abs. 2a Satz 1 EStG-E), wobei laut Regierungsentwurf zusätzlich die Senkung der Dauer der Auflösung des Sammelpostens von fünf auf drei Jahre beabsichtigt ist (§ 6 Abs. 2a Satz 2 EStG-E). Darüber hinaus ist geplant, die Sonderabschreibung nach § 7g EStG anzuheben.
Zuletzt soll die Freigrenze, bis zu der Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden können, inflationsbedingt von 35 Euro auf 50 Euro angehoben werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG-E).
Weniger von Interesse für den Non-Profit-Bereich ist die mit dem Wachstumschancengesetz neu eingeführte Klimaschutz-Investitionsprämie. Denn wie bereits die Forschungszulage - für die der Gesetzentwurf ebenfalls ein paar Neuerungen enthält - kann auch die Klimaschutz-Investitionsprämie nur in Anspruch genommen werden, soweit keine Steuerbefreiung greift, das entsprechende Vorhaben also im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb umgesetzt wird.
Lohnsteuer
Auch für Arbeitnehmer sind laut Gesetzentwurf im Bereich der Lohnsteuer ab 2024 einige Neuerungen geplant. Zuwendungen des Arbeitgebers, die er seinen Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsveranstaltung zukommen lässt, sind aktuell bei maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich steuerfrei, soweit sie nicht 110 Euro übersteigen. Dieser Freibetrag soll auf 150 Euro angehoben werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG-E). Darüber hinaus sollen die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen mit Wirkung ab 01.01.2024 angehoben werden (§ 9 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG-E).
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